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Analyse des rechtlichen Rahmens<br />

für hochautomatisiertes Fahren<br />

auf Autobahnen<br />

Diese Argumentation beruht auf dem Gedanken der straßenverkehrsrechtlichen<br />

Gefährdungshaftung. Diese Gefährdungshaftung hat ihren Ursprung in der sozialen<br />

Verantwortung für eigene Wagnisse. Ihr Zweck ist nicht der Ausgleich für<br />

Verhaltensunrecht, sondern sie bezweckt die Regulierung von Schäden, die durch den<br />

zulässigen Betrieb eines Kfz entstehen. Wer im eigenen Interesse eine besondere<br />

Gefahrenquelle schafft, hat – gewissermaßen als Preis für die ihm erlaubte Schaffung<br />

solcher Gefahrenquellen – für daraus hervorgehende und auch bei größter Sorgfalt<br />

unvermeidbare Schädigungen einzustehen (BGH VersR 2005, S.992).<br />

So ist es richtig, dass sich die Betriebsgefahr auch bei hochautomatisiert betriebenen<br />

Fahrphasen verwirklichen kann. Die oben genannte Ansicht lässt jedoch unbeachtet,<br />

dass von Seiten des Herstellers im Rahmen der Produkthaftung genau derselbe<br />

Grundsatz Anwendung findet. So beruht die produkthaftungsrechtliche<br />

Gefährdungshaftung auf dem Umstand, dass derjenige, der zu seinem Nutzen<br />

rechtmäßig einen gefährlichen Betrieb eröffnet und unterhält, auch die Schäden tragen<br />

soll, die in Verwirklichung dieses Risikos typischerweise bei anderen eintreten und von<br />

diesen nicht verhindert werden können (Sprau 2015, Rn. 11). So ist der Hersteller, der<br />

in Gewinnerzielungsabsicht ein potentiell gefährliches Produkt in den Verkehr bringt, in<br />

derselben verschuldensunabhängigen Haftungssituation wie der Halter bzw. dessen<br />

Versicherung.<br />

Insoweit kann die derzeitige Rechtsituation, die eine Haftungsverlagerung zulasten des<br />

Herstellers zur Folge haben kann, durchaus als angemessen empfunden werden, denn<br />

werden in Fahrzeugen vermehrt komplexere und potentiell gefahrenträchtige Teile<br />

verbaut, so hat auch derjenige das Risiko zu tragen, der durch erwartete<br />

Umsatzsteigerungen dieses erhöhte Risiko in den Verkehr bringt. Kaum möglich<br />

erscheint es, zur Vermeidung von Abgrenzungs- und Beweisschwierigkeiten die<br />

Halterhaftung noch stärker in den Vordergrund zu rücken und den Ausgleich der<br />

technischen Risiken damit noch klarer als bisher in den Bereich der<br />

Haftpflichtversicherung zu verlagern. Rechtstechnisch könnten dazu etwa die<br />

Produktanforderungen an automatisierte Systeme klar normiert werden und festgesetzt<br />

werden, sodass bei der Einhaltung dieser Vorgaben kein Produktfehler vorliegt. Damit<br />

würde das Haftungsrisiko für die Hersteller gerade für bisher unerkannte Probleme des<br />

Systems eingegrenzt. Umso höhere Risiken auf den Halter und dessen<br />

Haftpflichtversicherung verlagert werden, desto höher wird auch der<br />

Versicherungsbeitrag für hochautomatisierte Fahrzeuge sein. Sinkt dagegen durch die<br />

Automatisierung das Unfallrisiko ab einem bestimmten technischen Entwicklungsstand<br />

wieder, wird sich dies in sinkenden Versicherungsbeiträgen widerspiegeln. Diese<br />

Lösung würde sicherlich einen starken Anreiz für die Einführung hochautomatisierter<br />

Systeme darstellen, da die Hersteller von Haftungsrisiken entlastet würden. Europaund<br />

verfassungsrechtlich erscheint es aber sehr fraglich, ob eine solche<br />

Haftungserleichterung möglich wäre. Haftungsrisiken haben für Hersteller auch eine<br />

solch abschreckende Wirkung, dass Produktfehler unternehmensseitig zu vermeiden<br />

sind. Es ist daher fraglich, ob der Staat seinen verfassungsrechtlichen Schutzpflichten<br />

für Leben und körperliche Unversehrtheit der Verkehrsteilnehmer noch entspricht,<br />

wenn er durch Absenkung dieser Haftungsrisiken Hersteller unter Umständen dazu<br />

ermutigt, gefährliche Produkte in Umlauf zu bringen. Europarechtlich ist eine solche<br />

haftungsrechtliche Erleichterung zumindest deshalb problematisch, weil der Inhalt des<br />

ProdHaftG durch die Produktsicherheitsrichtlinie vorgegeben ist und Ausnahmen für<br />

hochautomatisierte Fahrzeuge in der Richtlinie nicht vorgesehen sind. (Richtlinie<br />

2001/95/EG)<br />

Bei zunehmender Fahrzeugautomatisierung ist zu erwarten, dass die Hersteller<br />

zukünftig öfter und die Halter weniger für Schäden aufkommen müssen.<br />

(Haftungsverlagerung).<br />

144 | 358 Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e. V.<br />

HAF auf Autobahnen – Industriepolitische Schlussfolgerungen

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