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hochautomatisiertes-fahren-auf-autobahnen,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true
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Analyse des rechtlichen Rahmens<br />
für hochautomatisiertes Fahren<br />
auf Autobahnen<br />
Würde und unveräußerlichen Rechten. Sie werden dadurch, dass ihre Tötung als Mittel<br />
zur Rettung anderer benutzt wird, verdinglicht und zugleich entrechtlicht; indem über<br />
ihr Leben von Staats wegen einseitig verfügt wird, wird den als Opfern selbst<br />
schutzbedürftigen Flugzeuginsassen der Wert abgesprochen, der dem Menschen um<br />
seiner selbst willen zukommt.“ (BVerfG, 15.02.2006 – 1 BvR 357/05)<br />
Demnach ist es höchst zweifelhaft, ob die Zulassung eines Systems, das zur Rettung<br />
des Lebens einer Person die Tötung einer anderen in Kauf nimmt, der<br />
verfassungsrechtlichen Kontrolle standhalten wird. Ob eine Dilemma-Situation dieser<br />
Schärfe für Fahrzeugsysteme höherer Automatisierungsstufe tatsächlich zu lösen ist,<br />
hängt stark von der technischen Entwicklung und der Ausgestaltung des Systems im<br />
Einzelfall ab. Diese Dilemma-Situation ist jedoch – wie erläutert – mit den Mitteln des<br />
Rechts nicht zufriedenstellend aufzulösen und muss daher in jedem Fall vermieden<br />
werden. Denkbar wäre es beispielsweise, vollautomatisierte Systeme nur für einen<br />
niedrigen Geschwindigkeitsbereich zuzulassen, in dem in nahezu jeder denkbaren<br />
Situation noch ein sicheres Bremsen möglich ist oder es zumindest nicht auf die<br />
geschilderte Abwägung hinauslaufen kann. Für höhere Geschwindigkeitsbereiche<br />
könnte auf teil- oder hochautomatisierte Systeme gesetzt werden, bei denen ethische<br />
Wertentscheidungen, wie die geschilderte, immer durch einen freiverantwortlich<br />
handelnden Menschen getroffen werden müssen.<br />
Exkursende<br />
Zusammenfassung Schutzpflicht des Staates<br />
Bei gefahrträchtigen Zukunftstechnologien liegt die Kernfrage der Zulässigkeit<br />
derselben nicht im einfachgesetzlichen Recht, sondern in der Verfassung selbst. Es<br />
muss zum Schutz der Bevölkerung ein Mindestmaß an Sicherheit vor der Gefahr<br />
technischer Ausfälle gewährleistet werden. Hinsichtlich der Ermittlung dieses<br />
Mindestmaßes (=Untermaß) bedarf es noch weiterer Forschungs- und Belegarbeit<br />
insbesondere durch die technischen Akteure. Von staatlicher Seite muss diese<br />
Forschung und Entwicklung begleitet werden und schließlich im Rahmen eines<br />
politischen Abwägungsprozesses die Entscheidung über die Zulässigkeit<br />
hochautomatisierter Fahrzeuge getroffen werden.<br />
Sämtliche Änderungen von Normen, welche die erweiterte Zulassung von<br />
Fahrzeugautomatisierungssystemen betreffen, müssen im Einklang mit der<br />
verfassungsrechtlich garantierten staatlichen Schutzpflicht stehen, die den<br />
Staat verpflichtet, seine Bürger vor den Gefahren insbesondere auch des<br />
automatisierten Verkehrs zu schützen.<br />
Hochautomatisiertes Fahren auf Autobahnen kann daher erst zugelassen<br />
werden, wenn ein Mindestmaß an Sicherheit der Systeme gegeben ist. Der<br />
notwendige Grad an Sicherheit ist im politischen Prozess abzuwägen und kann<br />
nur anhand einer konkreten technischen Lösung für den Einzelfall beurteilt<br />
werden.<br />
Unerlässlich ist jedoch die Erforschung ungefestigter Tatsachengrundlagen wie<br />
der erforderliche Zeitraum für die Übergabe zwischen System und Fahrer. Für<br />
den Einsatz bestimmter Assistenzsysteme und dabei insbesondere<br />
Bremsassistenzsysteme ist auch die Weiterentwicklung der Technik zur<br />
Detektion und Analyse von Verkehrssituationen erforderlich, um den<br />
Fahrzeugsystemen ausreichend Informationen für komplexe Entscheidungen<br />
zur Verfügung zu stellen, wie sie das Straßenverkehrsrecht teilweise auch den<br />
Fahrern abverlangt. Beispielsweise müssen Menschen, große Tiere, kleine Tiere<br />
und verschiedene feste Hindernisse zuverlässig voneinander unterschieden<br />
werden können, um Bremsentscheidungen daran ausrichten zu können.<br />
138 | 358 Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e. V.<br />
HAF auf Autobahnen – Industriepolitische Schlussfolgerungen