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Cleversulzbach - Geigerdruck GmbH

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mit Bakterien und Pilze den Pfl anzenleim<br />

und die Pektine in den Flachsstängel auflösen<br />

konnten. Der feuchte Morgentau<br />

setzte den dazu nötigen Verrottungsprozess<br />

in Gang und bereitete das spätere<br />

„Brechen“ vor. Manchmal legte man zu<br />

diesem Zweck den Flachs auch in Seen<br />

oder Bäche – (den Sulzbach oder die zwei<br />

Seen in den „Seewiesen“? ) – , doch konnte<br />

die Fäulnis das Wasser verderben. In solchen<br />

Fällen waren oft Verbote die Folge.<br />

Harte Arbeit in den Flachsdörren:<br />

Bleuen, Schwingen, Hecheln<br />

Die nächsten Verarbeitungsschritte führen<br />

uns zum Brechhaus, das in <strong>Cleversulzbach</strong><br />

am Rand der Eberstädter Straße stand –<br />

etwa auf der Höhe der heutigen Hausnummer<br />

26. Der längs der Straße auf Gemeindegrund<br />

stehende einstöckige Bau war 17<br />

Meter lang, 4,40 Meter breit und bis zum<br />

Dachgiebel 4,20 Meter hoch. Als er zu Beginn<br />

des 19. Jahrhunderts gebaut wurde,<br />

lag er gut 100 Schritte vom letzten Wohnhaus<br />

entfernt – ein Abstand, der dem<br />

Brandschutz diente. Feuersgefahr ging von<br />

den beiden das Brechhaus fl ankierenden<br />

Flachsdörren aus. Es waren Häuschen, jeweils<br />

4,90 Meter lang, 3,80 Meter breit und<br />

bis zum Giebel 4,30 Meter hoch. Sie<br />

schützten die gemauerten runden Dörrgruben<br />

mit ihren hölzernen Rösten gegen Regen.<br />

Zu den Dörrgruben führten von außerhalb<br />

unterirdische Heizkanäle –<br />

„Füchse“ genannt – heiße Luft, die von so<br />

genannten Schierlöchern (gemauerte Öfen)<br />

kam. Die Füchse mussten lang genug sein,<br />

um Funkenfl ug zu verhindern, der den<br />

Flachs in den Dörrgruben in Brand gesetzt<br />

hätte. Die <strong>Cleversulzbach</strong>er Anlage war mit<br />

ihren zwei getrennt vom Brechhaus stehenden<br />

Flachsdörren viel aufwändiger als<br />

die in Neuenstadt: dort gab es keine getrennten<br />

Flachsdörren und die einzige<br />

Dörrgrube war im Brechhaus selbst.<br />

Leider ist für die gemeindeeigene Einrich-<br />

tung des Brechhauses keine Benutzerordnung<br />

überliefert. Aus den jährlich vom Gemeinderat<br />

festgestellten „Gemeindeämtern“<br />

geht hervor, dass die Gemeinde zwei<br />

Dörrerinnen (Darrerinnen) beschäftigte.<br />

Lange Jahre waren dies Johanna Vögelin<br />

und „die Ehefrau des David Vögele“. Bei der<br />

Bestellung der letzteren durch den Gemeinderat<br />

am 17. September 1838 vermerkt<br />

das Protokoll, dass wenn sich solche<br />

durch … Untreuheit oder sonstige Vergehung<br />

verfehlen sollte, so hat solche ihre<br />

plötzliche Entlassung zu erwarten. Als Belohnung<br />

hat dieselbe rechtlich anzusprechen<br />

täglich 10 x 6 - ein Hungerlohn für<br />

harte Arbeit, die schon kurz nach Mitternacht<br />

anfi ng. Dann machten die Dörrerinnen<br />

in den Schierlöchern Feuer und legten<br />

die ersten Packungen Flachs in die beiden<br />

Dörrgruben. Rinde und Holz der Flachsstängel<br />

wurden in der Hitze so trocken und<br />

brüchig, dass man sie im Brechhaus weiterbehandeln<br />

konnte. Die einstockige Brechhütte<br />

(17,30 m x 4,40 m) hatte mit dem<br />

zwei Meter hohen Giebeldach eine Höhe<br />

von 4,20 Metern. Hier wurde nach dem<br />

Dörren der Flachs weiterverarbeitet.<br />

Über das Brechhaus und die Flachsdörren<br />

fi ndet man in den Gemeinderatsprotokollen<br />

fast nichts. Im Herbst 1836 beschloss<br />

der Gemeinderat für die bevorstehende<br />

Saison, da eine Flachsdörre defekt war, das<br />

alte Schierloch und Darrloch heraus zu<br />

räumen 7 , neu herzustellen und einige Mauern<br />

zu erneuern. Die nächste Erwähnung<br />

des Brechhauses in einem Gemeinderatsprotokoll<br />

erfolgte erst 1895 und zeigt, dass<br />

damals diese Gemeindeeinrichtung schon<br />

nicht mehr regelmäßig in Gebrauch war. Es<br />

ist zur Kenntniß gekommen, dass die unteren<br />

Räume der Darrhütte von Privatpersonen<br />

mit Wägen etc belegt werden; es wird<br />

daher beschlossen: mit Rücksicht darauf,<br />

dass die Gemeinde den Platz für sich nötig<br />

hat, den betre enden Personen aufzugeben,<br />

ihre Gegenstände innerhalb 3 Tagen<br />

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