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Cleversulzbach - Geigerdruck GmbH

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Einwanderung und Auswanderung<br />

Zuzug und Wegzug –<br />

Ausnahme oder Normalfall?<br />

Die Einwohner eines Dorfes galten früher<br />

als verschworene Gemeinschaft, die gegen<br />

fremde Zuwanderer Argwohn hegte und<br />

Wegziehende insgeheim vielleicht beneidete,<br />

aber doch auch für treulos hielt.<br />

Eine geschichtliche Betrachtung über die<br />

Jahrhunderte zeigt jedoch, dass Zu- und<br />

Abwanderung mal mehr mal weniger zur<br />

Lebenswirklichkeit gehörte – auch in <strong>Cleversulzbach</strong>.<br />

Die große Mobilität der letzten Jahrzehnte<br />

hat unseren Blick auf Bevölkerungsbewegungen<br />

jedoch völlig verändert: Zuzug<br />

und Wegzug sind nicht mehr die Ausnahme,<br />

sondern eher die Regel. Von den<br />

knapp zwei Dutzend Kindern des <strong>Cleversulzbach</strong>er<br />

Kindergartens im Sommer<br />

2010 hatten nur etwa die Hälfte wenigstens<br />

ein <strong>Cleversulzbach</strong>er Großelternteil,<br />

vier waren Ausländer, alle übrigen waren<br />

Kinder von Zugewanderten. Und wir ahnen,<br />

dass von den zwei Dutzend Kindern<br />

wohl nur eine Handvoll – wenn überhaupt<br />

– ihr Erwachsenenleben ganz oder wenigstens<br />

teilweise in <strong>Cleversulzbach</strong> verbringen<br />

wird.<br />

Jahrhundertelanges Kommen und<br />

Gehen:<br />

Gesinde und Handwerksburschen<br />

Die Bevölkerungsbewegungen bis zum Beginn<br />

des 19. Jahrhunderts sind an anderer<br />

Stelle dieser Jubiläumsschrift beschrieben.<br />

Der folgende Beitrag beschränkt sich auf<br />

die Veränderungen seit dem Ende der Napoleonischen<br />

Kriege (1815) – wohl wissend,<br />

dass der häufi ge Wechsel von<br />

Knechten und Mägden, die oft nur für ein<br />

oder zwei Jahre am Ort blieben, oder der<br />

nur Tage oder Wochen dauernde Aufenthalt<br />

von Handwerksgesellen auf der Walz<br />

natürlich von diesen weltgeschichtlichen<br />

Ereignissen kaum beeinfl usst wurden. Die<br />

Auswanderung von alteingesessenen <strong>Cleversulzbach</strong>ern<br />

nach Russland, später aber<br />

vor allem nach Amerika, in die Kapkolonie<br />

und nach Australien, wurde als etwas völlig<br />

Neues wahrgenommen.<br />

Anfänge der Auswanderung nach<br />

Amerika:<br />

Klagen über Abgaben und Frondienste<br />

Am 6. Mai 1817 machten sich acht auswanderungswillige<br />

<strong>Cleversulzbach</strong>er auf<br />

den Weg nach Neckarsulm, um im dortigen<br />

Oberamt ihre Beweggründe zu Protokoll<br />

zu geben. Am Ortsausgang schrien ihnen<br />

die Dorfbewohner noch nach, sie sollten<br />

mit ihren Beschwerden nicht hinter<br />

dem Berg halten. Der Sprecher der Gruppe,<br />

Christian Hörrmann (Herrmann), fand<br />

deutliche Worte: Steuern, Abgaben und<br />

Frondienste seien eine drückende Last und<br />

die Willkür der Magistratspersonen wie<br />

Schultheiß, Bürgermeister und Schreiber<br />

sei kaum zu ertragen. Auswanderung sei<br />

der einzige Ausweg. Der junge Beamte,<br />

der ihre Aussagen protokollierte, war der<br />

aus Stuttgart angereiste Rechnungsrat<br />

Friedrich List. Er sollte im Auftrag des Ministeriums<br />

des Inneren die Motive für das<br />

Auswanderungsfi eber erforschen, das im<br />

Frühjahr 1817 Tausende erfasst hatte. Waren<br />

1815 im ganzen Königreich nur drei<br />

Württemberger als Auswanderer registriert<br />

worden, schwoll der Strom der Auswanderungswilligen<br />

nach einer schlimmen<br />

Missernte im Jahr 1816 unter chaotischen<br />

Begleiterscheinungen an. Allein im Heilbronner<br />

Hafen lagerten Anfang Mai 700<br />

Menschen, um auf dem Schiff sweg zu einem<br />

niederländischen Hafen und weiter<br />

nach Amerika zu kommen. Die Regierung<br />

wollte zunächst die Auswanderung unter-<br />

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