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Cleversulzbach - Geigerdruck GmbH

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Bayern und Österreich angefertigten<br />

Schuhe. Sie kosteten zwei Gulden und<br />

zwölf Kreuzer. 7 Christian Plenefi sch erklärte<br />

am 16. August 1834 dem Gemeinderat,<br />

er seye […] entschlossen, wieder<br />

nach Russland bey Bessarabie Collonie<br />

Gnadenthal zu Reisen und sich dort häuslich<br />

niederzulassen und bat, man möchte<br />

ihm verwilligen, aus der Gemeindekasse<br />

[…] ein Reißegeld von 10 f. Er versprach,<br />

dass er von der hiesigen Comun niemals<br />

mehr etwas verlangen werde, indem er<br />

Deutschland nicht wieder besuchen wolle. 8<br />

Der Gemeinderat ließ ihn gerne ziehen und<br />

bezahlte auch die Gebühr von 48 Kreuzern<br />

für den Reisepass an das Oberamt. 9<br />

Im 19. und frühen 20. Jahrhundert:<br />

Magneten – Neue Welt und Industrie<br />

Die Bevölkerungsentwicklung im 19. und<br />

frühen 20. Jahrhundert legt nahe, dass<br />

eine kontinuierliche Abwanderung aus<br />

<strong>Cleversulzbach</strong> stattfand. Kinderreichtum<br />

und verbesserte medizinische Versorgung,<br />

beispielsweise die seit 1817 auch in <strong>Cleversulzbach</strong><br />

durchgeführten Pockenimpfungen<br />

10 , hätten eigentlich zu einem kräftigen<br />

Einwohnerwachstum führen müssen.<br />

Die Zahlen der Ortseinwohner zeigen<br />

jedoch nur einen bescheidenen Anstieg,<br />

ab ca. 1880 sogar einen Rückgang. Die Industrialisierung<br />

zog Menschen aus dem<br />

ländlichen <strong>Cleversulzbach</strong> ab. Das örtliche<br />

Handwerk litt unter der Konkurrenz der<br />

Industrie und die fortschreitende Mechanisierung<br />

in der Landwirtschaft bot immer<br />

weniger Menschen Arbeit und Brot. Außerdem<br />

unterstützte die Gemeinde die<br />

Auswanderung von Ortsarmen – manchmal<br />

mit beträchtlichen Zuschüssen, um<br />

die Armenkasse zu entlasten. Und schließlich<br />

sahen manche in der Auswanderung<br />

den einzigen Ausweg aus ganz persönlichen<br />

Problemen.<br />

Neben der Abwanderung in Industriezentren<br />

in Württemberg und darüber hinaus,<br />

spielte die Auswanderung nach Übersee,<br />

vor allem nach Nordamerika, eine wichtige<br />

Rolle. Die dafür vorgeschriebene Prozedur<br />

verlangte von den „Auswanderungslustigen“<br />

– so die amtliche Bezeichnung<br />

– einen vor dem Gemeinderat abgegebenen<br />

Bürgerrechtsverzicht. Er sollte sicherstellen,<br />

dass keine mittellosen<br />

Rückwanderer der Gemeinde als Ortsarme<br />

zur Last fi elen. Außerdem mussten Männer<br />

versprechen, „innerhalb Jahresfrist gegen<br />

seine Majestät den König von Württemberg<br />

nicht zu dienen“. Die öff entliche<br />

Bekanntgabe der Auswanderungsabsicht<br />

und die Nennung eines Bürgen sollten<br />

verhindern, dass sich Schuldner ihren<br />

Gläubigern entzogen.<br />

Oft verlief diese Prozedur problemlos. Der<br />

39-jährige Schäfer Gabriel Kollmar und<br />

seine 33-jährige Ehefrau Christine, geb.<br />

Hofmann, machten sich mit ihren drei<br />

Kindern 1864 auf den Weg über den Atlantik.<br />

Ein kleines Vermögen von ca. 1.200<br />

Gulden reichte für Überfahrt und Neubeginn<br />

– eine Grundlage für Reichtümer in<br />

der alten Heimat war es nicht.<br />

Manchmal musste sich der Gemeinderat<br />

jedoch über längere Zeit hinweg mit einem<br />

Auswanderungsfall befassen. Im Revolutionsjahr<br />

1848 setzte sich der Schmied<br />

Georg Salm (* 1803) nach Amerika ab. Frau<br />

und Kinder ließ er zurück, ohne sich um<br />

sie zu kümmern. So verwundert es, dass<br />

die unterbrochene eheliche Gemeinschaft<br />

bei seiner Rückkehr nach <strong>Cleversulzbach</strong><br />

im Jahr 1853 wieder aufgenommen<br />

wurde. Beim Tod seiner Frau 1859 erstellte<br />

der Gemeinderat eine so genannte „Eventual<br />

= Theilung“, die dem Witwer abzüglich<br />

der Ansprüche der Kinder einen Vermögensrest<br />

von etwa 600 Gulden zusprach.<br />

Davon war das meiste der Hausanteil,<br />

das wenigste Bargeld, wie das Gemeinderatsprotokoll<br />

vom 23. April 1860<br />

vermerkt. Schmidt Salm welcher schon<br />

früher in dem Rufe eines unordentlichen<br />

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