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Cleversulzbach - Geigerdruck GmbH

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80<br />

brachte. Löwenwirt Adolf Stecher war seit<br />

1942 in Russland vermisst. Der Gastwirtschaftsbetrieb<br />

wurde stillgelegt, aber das<br />

Gefangenenlager blieb bestehen.<br />

Die letzte Gruppe von Fremden waren<br />

sechs Russen und eine Russin, die 1943<br />

nach <strong>Cleversulzbach</strong> kamen. Diese Fremdarbeiter<br />

mussten einen Aufnäher „OST“ tragen<br />

und hatten es vermutlich am schwersten.<br />

Die Kämpfe an der Ostfront waren verlustreich,<br />

was das Verhältnis zur deutschen<br />

Bevölkerung belastete. Die Propaganda<br />

verunglimpfte die „OST“-Arbeiter zudem<br />

als Untermenschen. Im letzten Kriegwinter<br />

wurden sie für Waldarbeit der Forstverwaltung<br />

unterstellt. Doch war ihr Los immer<br />

noch besser als das der in Lagern gehaltenen<br />

und in der Industrie ausgebeuteten<br />

russischen Kriegsgefangenen und der dort<br />

eingesetzten „OST“-Arbeiter.<br />

Während die Franzosen am 17. April 1945 –<br />

vier Tage nach dem Einmarsch der Amerikaner<br />

– den Fußmarsch zurück in die Heimat<br />

antraten, war die Repatriierung der Polen<br />

und Russen schwieriger. Da sie in ihrer Heimat<br />

als angeworbene Fremdarbeiter galten,<br />

mussten sie mit Schikanen rechnen und<br />

viele wehrten sich deshalb gegen ihre Rückführung.<br />

Als „displaced persons“ (verschleppte<br />

Personen) wurden die Polen in<br />

Weinsberg, die Russen in Heilbronn in Lagern<br />

untergebracht. Die meisten wurden<br />

während der nächsten zwei Jahre in ihre<br />

Herkunftsländer zurückgeführt, was für die<br />

Russen meist wiederum die Einweisung in<br />

ein Arbeitslager bedeutete.<br />

Manche Polen schikanierten nach dem<br />

„Umsturz“ die deutsche Bevölkerung. Es<br />

kam zu Übergriff en und Plünderungen.<br />

Noch bis 1947 musste man in <strong>Cleversulzbach</strong><br />

mit nächtlichen Streifzügen aus dem<br />

Lager Weinsberg rechnen. Eier und Eingemachtes<br />

wurden gestohlen und manches<br />

Schwein geschlachtet.<br />

Und noch eine kriegsbedingte Zuwanderung<br />

muss erwähnt werden: mit der mas-<br />

siven Bombardierung der deutschen<br />

Städte seit 1942 wurde <strong>Cleversulzbach</strong><br />

Zufl uchtsort für Verwandte oder Freunde,<br />

aber auch für zwangsweise „Evakuierte“<br />

aus den luftkriegsgefährdeten Gebieten –<br />

alles in allem ein knappes Hundert. Nach<br />

dem Angriff auf Heilbronn am 4. Dezember<br />

1944 fanden hier „ausgebombte“ Heilbronner<br />

ein Unterkommen. Um diese Zeit<br />

hatte der Krieg im Westen die deutsche<br />

Grenze schon überschritten, was zur Einquartierung<br />

von Saarländern führte. Diese<br />

Zuwanderung war als zeitlich begrenzte<br />

Maßnahme gedacht und tatsächlich verließen<br />

bald nach Kriegsende die allermeisten<br />

den Ort wieder.<br />

Folgen des Zweiten Weltkriegs:<br />

Flüchtlinge und Vertriebene<br />

Mit Ende des Krieges wurde <strong>Cleversulzbach</strong><br />

von einer ganz anderen Zuwanderungswelle<br />

erfasst, die die Zusammensetzung<br />

der Ortsbevölkerung innerhalb weniger<br />

Jahre nicht nur vorübergehend, sondern<br />

nachhaltig verändern sollte.<br />

Im Juli 1945 meldete der von den Amerikanern<br />

eingesetzte Bürgermeister Richard<br />

Nef 63 Evakuierte sowie acht Flüchtlinge<br />

und Heimatvertriebene an das Landratsamt<br />

Heilbronn. 20 Drei Jahre später hatte<br />

sich das Verhältnis umgekehrt. Eine Aufstellung<br />

vom 7. September 1948 zählt die<br />

„Neubürger“ nach Herkunftsländern auf:<br />

ČSR / Sudeten 30; Ungarn 13; Rumänien /<br />

Bessarabien 29; Polen / östlich Oder 11. 21<br />

Diese 83 Personen machten fast ein Fünftel<br />

der Gesamteinwohnerschaft aus. Das<br />

Flüchtlingskommissariat, das in einer Baracke<br />

beim zerstörten Heilbronner Bahnhof<br />

untergebracht war, wies die Ostfl üchtlinge<br />

vor allem solchen ländlichen Gemeinden<br />

zu, die unbeschadet den Krieg<br />

überstanden hatten. Auch glaubte man,<br />

dass in der Landwirtschaft am ehesten Arbeit<br />

zu fi nden sei. Die Flüchtlinge kamen

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