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Cleversulzbach - Geigerdruck GmbH

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Pfarrer in dieser schwierigen Zeit war Fritz<br />

Wiesner, der schon seit 15 Jahren an der<br />

evangelischen St.-Jost-Kirche seinen Dienst<br />

tat. Gut 70 Jahre zurück hatte er einen<br />

weit über <strong>Cleversulzbach</strong>s Grenzen hinaus<br />

bekannten Amtsvorgänger, den Pfarrer und<br />

Dichter Eduard Mörike. Seine Werke wurden<br />

auch nach seinem Tod 1875 sehr verehrt.<br />

Die Erinnerung an den großen deutschen<br />

Dichter der Spätromantik war groß<br />

und so war es nicht verwunderlich, dass<br />

viele Freunde seiner schwäbischen Dichtkunst<br />

in den Jahren danach immer wieder<br />

seine Wirkungsstätte in <strong>Cleversulzbach</strong> besuchten;<br />

die St.-Jost-Kirche, das Pfarrhaus<br />

und die Grabstätten seiner Mutter und der<br />

von Schillers Mutter, seinen Lieblingshügel<br />

und andere in seinen Gedichten und Briefen<br />

beschriebene romantische Ruheorte.<br />

Sicherlich legten dann viele Besucher eine<br />

Rast im Gasthof „Adler“ ein und mit der<br />

Zeit ist bei der Gastwirtsfamilie das Interesse<br />

an dem Dichterpfarrer gewachsen und<br />

man begann, Erinnerungsstücke an Eduard<br />

Mörike zu sammeln, die man im Zimmer<br />

gleich am Eingang unterbrachte. Wer und<br />

wann dafür den Begriff Mörike-Stube geprägt<br />

hat, ließ sich nicht mehr herausfi nden.<br />

Fest steht jedoch, dass im Herbst 1918<br />

ein Mörike-Freund aus Saarbrücken mit<br />

seiner Frau im „Adler“ für einige Tage Quartier<br />

bezogen hatte und wohl von ihm die<br />

Idee stammte, ein Gästebuch anzulegen;<br />

denn der erste Eintrag vom 8. September<br />

1918 ist von ihm, einem Dr. Thomas Hoenes,<br />

der Lehrer an der Cecilienschule in<br />

Saarbrücken war. Unter das von ihm gesetzte<br />

Zitat von Mörikes Gedicht „Septembermorgen“<br />

schrieb er:<br />

Mit diesen Versen unseres Dichters grüßen<br />

wir <strong>Cleversulzbach</strong> und sein Mörike-<br />

Stübchen und die schönen Septembertage,<br />

die wir hier zugebracht haben und<br />

wünschen, daß in kommenden Friedenszeiten<br />

sich noch recht viele frohe Gäste in<br />

dieses Buch einzeichnen möchten.<br />

Die von ihm erhoff ten Friedenszeiten wurden<br />

glücklicherweise bald Wirklichkeit;<br />

das Ende des ruhmlosen Krieges zeichnete<br />

sich bereits ab. Am 11. November 1918<br />

wurde der Waff enstillstand unterschrieben,<br />

dem am 28. Juni 1919 der Friedensvertrag<br />

von Versailles folgte.<br />

Diesem ersten Gästebuch, in dem viele<br />

Einträge vom September 1918 bis Juni<br />

1938 enthalten sind folgten noch elf weitere,<br />

von denen bis auf eines alle erhalten<br />

geblieben sind (sechs befi nden sich im<br />

heutigen Mörike-Museum, vier im Privatbesitz).<br />

Wie man aus den Einträgen bereits<br />

im ersten Gästebuch entnehmen kann,<br />

sprach sich die neue Mörike-Erinnerungsstätte<br />

erstaunlich schnell herum. Neben<br />

Besuchern aus dem süddeutschen Raum,<br />

wie z. B. Heilbronn, Ludwigsburg, Karlsruhe,<br />

Würzburg, München, gab es schon<br />

bald Eintragungen im Gästebuch von<br />

Mörike-Freunden aus ganz Deutschland,<br />

aus Hamburg, Bremen, Berlin, Frankfurt,<br />

Dresden, um nur einige Städte zu nennen.<br />

Aber auch Besucher aus dem Ausland fanden<br />

zunehmend ihren Weg nach <strong>Cleversulzbach</strong>.<br />

So aus der Schweiz, aus Holland,<br />

Tschechien, Polen und den USA. Daneben<br />

gibt es arabische, koreanische, japanische,<br />

italienische und spanische Einträge.<br />

Aus vielen Eintragungen kommt zum Ausdruck,<br />

dass es sich um einen wiederholten<br />

Besuch handelt. Einige der frühen Eintragungen<br />

seien hier noch zitiert:<br />

Am 21. September 1918 trug sich ein Enkel<br />

Eduard Mörikes ein:<br />

Auf einem Herbstspaziergang nach hierher,<br />

rastete ich zum erstenmal im Mörike-<br />

Stüble. Mit dem Wunsche, daß sich hier<br />

noch recht vieles, was die Erinnerung an<br />

meinen Großvater aufl eben läßt, entfalten<br />

möge, ziehe ich heute weiter und<br />

rufe: „Auf Wiedersehen!“ Eduard Hildebrand<br />

Er war das jüngste der drei Kinder von<br />

Mörikes Tochter Franziska (Fanny), die<br />

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