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Cleversulzbach - Geigerdruck GmbH

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gem etwas in der Luft, was von den Eltern<br />

her und vielleicht auch daher kam, daß die<br />

Kinder in der Oberklasse eine starke Männerhand<br />

zu spüren gewohnt waren. Die<br />

Enttäuschung – wieder für kurze Zeit (oder<br />

länger?) eine Frau das Regiment führen zu<br />

sehen, hat die Buben um die Freude des<br />

Sports gebracht. Fußball war ja wichtiger<br />

als Unterricht. Wird nun der Geliebte zu<br />

kurz kommen?<br />

Weiter fanden die Kinder es unnötig, einem<br />

jungen Mädchen zu gehorchen, das<br />

in ihren Augen viel zu streng war. Mein<br />

erster Spitzname – geprägt von Erich<br />

Heiß, war: „die bissige Hündin.”<br />

Die Kinder beklagten sich weiterhin, daß<br />

sie zu viel tun müßten und zu wenig Singen<br />

hätten. „Beim Herrn Lehrer war das<br />

nicht so!” Bei meiner Vorgängerin, die ein<br />

halbes Jahr die Oberklasse geführt hatte,<br />

scheint dieser Ausspruch auch schon öfter<br />

gefallen zu sein.<br />

Aus der „Damenecke” kam immer wieder –<br />

gerade noch hörbar – das Gemurmel „Hier<br />

gehört halt einfach ein Mann her.”<br />

[Natürlich wußten die Schüler, daß nach<br />

<strong>Cleversulzbach</strong> kein Lehrer wollte; jeder<br />

‚Refl ektant’ auf die Stelle war nach der<br />

Besichtigung des Ortes ganz schnell gefl<br />

üchtet. Nach vielen Diskussionen haben<br />

sich die Lehrerin und ihre Schüler schließlich<br />

miteinander arrangiert] … obwohl es<br />

mich Kraft kostete und meine Stimme<br />

ziemlich erschöpft war. Die Kinder haben<br />

mich von dem Zeitpunkt an mehr und<br />

mehr für voll genommen und sogar anerkannt.<br />

Das war am besten zu erkennen<br />

auf Ausfl ügen und am Lagerfeuer. Das Lagerfeuer<br />

und noch eine Schnitzeljagd<br />

konnten endlich meine Stellung festigen.<br />

Die Mühe und das Opfer von zwei Abenden<br />

haben mehr zuwege gebracht als<br />

manche Moralpredigt, die ich ja auch gar<br />

nicht zu halten im Stande war.<br />

Zum Ausgleich gehe ich oft und gerne in<br />

den Weinberg. Dort ist es gut schaff en –<br />

ganz besonders, wenn das Wetter gut ist.<br />

Andernfalls kann man auf dem klebrigen<br />

Boden – daher der Name <strong>Cleversulzbach</strong> –<br />

rückwärts in die Tiefe abrutschen. Über<br />

den Weinbau habe ich so allerhand gelernt.<br />

Auch erinnere ich mich gern der<br />

Stunden, die ich mit den Schwestern beim<br />

Plaudern über die Menschen und deren<br />

Schwächen verbracht habe. Vor allen Dingen<br />

haben die Leute im Dorf – wie Lehrer,<br />

Bürgermeister und Pfarrer dran glauben<br />

müssen.<br />

Der Schulrat macht Visite<br />

Zum Glück war es gerade in der Klasse<br />

still, als der hohe Herr eintrat. Der erste<br />

Besuch war kurz wie die Schulvereidigung.<br />

Aber eine komische Vorliebe sollte mir an<br />

diesem Tage gleich auff allen: Gedichte<br />

müssen die Schüler so viele wie möglich<br />

auswendig aufsagen können. Ach, und<br />

wie wenige konnten da nur ein Gedicht<br />

aufsagen. Am größten war das Können<br />

von „Es war einmal ein Huhn”. Nun, auch<br />

das ging vorüber.<br />

Der Inspektionsbesuch nach den Sommerferien<br />

war dann ganz besonders klasse.<br />

[Dazu eine Vorgeschichte: Eines Morgens<br />

steht ein zunächst unbekannter, junger<br />

Mann in Fräulein Freimanns Unterrichtssaal.<br />

Es stellt sich heraus, dass er ihr Mieternachfolger<br />

aus Schwäbisch Gmünd ist,<br />

ebenfalls Lehrer. Off enbar ist er auf Arbeitssuche,<br />

und so ergibt es sich – Frau<br />

Braun ist gerade krank, und Fräulein Freimann<br />

muß 70 Schüler gleichzeitig unterrichten!<br />

– dass Herr Maier einen Teil der<br />

Großgruppe übernimmt. Um die Sache<br />

nicht auffl iegen zu lassen, muss Herr<br />

Maier ‚von dannen segeln’, als der Schulrat<br />

seine Inspektion ansagt]<br />

Es dauerte fast 2 Stunden. Ich wurde auf<br />

Leib und Seele geprüft und mußte meine<br />

Fähigkeiten zeigen – 8 Klassen mit meinen<br />

Geistesgaben versorgen. Aber ich habe<br />

mich nicht aus der Ruhe bringen lassen<br />

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