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Cleversulzbach - Geigerdruck GmbH

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[Nach einer knappen Stunde ist Neuenstadt<br />

erreicht, und Fräulein Freimann fragt<br />

sich, vorbei an einer Kirchenruine, nach<br />

„<strong>Cleversulzbach</strong> unter den Linden” durch.<br />

Nach weiteren drei Kilometern wird das<br />

ersehnte Ortsschild sichtbar … ]<br />

Nun heißt es, den Weg zum Lehrer des<br />

Dorfschulhauses zu fi nden. Immer brennender<br />

werden die Fragen: Ist <strong>Cleversulzbach</strong>s<br />

Schule ein- oder zwei- oder mehrklassig?<br />

Wie und wer sind die anderen<br />

Lehrer? Kann ich hier eine Wohnung oder<br />

ein Zimmer bekommen?<br />

Das erste Wort, das ich nach der Fahrt<br />

hierher spreche, richte ich an einen Dorfjungen<br />

auf der Straße: „Wo geht es zum<br />

Schulhaus?” Antwort: „Ein paar Häuser<br />

weiter rechts bei der Kirche – aber eben<br />

ist keine Schule.” Im Weiterfahren kann<br />

ich gerade noch hören: „Das ist bestimmt<br />

unsere neue Lehrerin.” [Eine alte Frau<br />

weist schließlich den Weg zum Lehrerwohnhaus.]<br />

Der Weg zum Lehrerhaus, das etwas erhöht<br />

ganz am Ende des kleinen Dörfchens<br />

liegt, habe ich bald gefunden und nun<br />

stehe ich schon eine ganze Weile wartend<br />

vor der Tür und beobachte, ob sich nicht<br />

irgendwo ein Gesicht aus einem der Fenster<br />

blicken lässt. Man läßt mich ganz<br />

schön warten, wie sich das für einen Anfänger<br />

auch gehören mag. Doch nun öff -<br />

net sich laut ein Fenster über mir und eine<br />

Frau – ich erfahre bald, daß sie nur das<br />

Mädchen ist – steckt den neugierigen<br />

Kopf zu mir heraus. Bald danach wird mir<br />

geöff net und ich bin nun nicht vergeblich<br />

die knapp 40 Kilometer von Obrigheim<br />

herausgeradelt. „Lehrers sin geschtern erst<br />

spät heimkomme”, so erfahre ich von Marianne,<br />

dem Mädchen.<br />

Ich mache es mir nun bequem, schaue<br />

mich im Wohnzimmer der Lehrersleute um<br />

und bin erstaunt von den Zeichnungen<br />

und Gemälden, die die guten Leute sicher<br />

selber gefertigt haben.<br />

Eine Beschreibung der Bilder, um die Geschmacksrichtung<br />

zu zeigen:<br />

Ganz groß und fast gespensterhaft blickt<br />

eine Frauengestalt, die in einem roten<br />

Samtkleid leger am Flügel sitzt, auf mich<br />

herab. Das Gesicht ist nicht gerade anziehend<br />

– aber auch nicht hässlich. Es scheint<br />

eine Mischung aus Romantik und Kälte<br />

aus der vergangenen Zeit durch die Zusammenstellung<br />

der Farben auf das Bildnis<br />

gekommen zu sein. Auff allend sind die<br />

Hände mit den sehr langen Fingern und<br />

die Nase. Das Bild könnte alt wirken. Warum<br />

aber wählt man zu einem Bild aus der<br />

Jetztzeit – die Frau trägt auch eine Armbanduhr<br />

– diese staubigen roten Portieren<br />

als Hintergrund? Die Proportionen der<br />

Schönen sind nicht ganz geglückt. Zweifellos<br />

ist es ein gutes Stück für einen<br />

freien Lehrer.<br />

Ein anderes kleineres Bild wird jedem Mann<br />

zweifellos sofort ins Auge springen, denn<br />

es zeigt eine unbekleidete Schöne. Farben:<br />

Elfenbein mit Grau-grün. Doch mein Blick<br />

entdeckt auch an der dritten Wand ein<br />

Aktbild mit allerhand Akten. In der Mitte<br />

steht ein kraftstrotzender Jüngling als Wagenlenker<br />

auf einem Zweiradwagen und<br />

bändigt 4 verschiedenfarbige Rosse, die<br />

durch gigantische Gewitterwolken sprengen.<br />

Auch die Sonnenstrahlen bringen die<br />

anderen Regenbogenfarben ins Bild. Off enbar<br />

ist der Maler ein Liebhaber der Farben.<br />

Nun zu den vielen Akten. Frauen mit gutem<br />

Körperbau liegen herum und umjubeln<br />

den jugendlichen Helden. Auf Einzelheiten,<br />

wie auf Hände und Finger, wurde zugunsten<br />

des Ganzen verzichtet. Die Farbe wiegt<br />

vor. Das Bild hat irgend etwas mit den<br />

Kraft- und Symbolbildnern des 3. Reiches<br />

zu tun. Es gefällt mir aber trotzdem besser<br />

als die zwei zuvor beschriebenen Bilder. Sicher<br />

ist der Mann der Maler und die Frau<br />

das Modell. Musikalisch scheint die Frau<br />

auch wirklich zu sein, denn im Zimmer<br />

steht ein Cembalo.

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