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Cleversulzbach - Geigerdruck GmbH

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Industrialisierung und die Folgen der Einfuhr<br />

ausländischer, billig erworbener Tuche<br />

einer breiten Öff entlichkeit bewusst<br />

machte. Inwieweit sich die <strong>Cleversulzbach</strong>er,<br />

an dem Bürgerbegehren beteiligten<br />

Weber nun 1848 in <strong>Cleversulzbach</strong> als<br />

Vertreter ihrer revolutionären Zunftgenossen<br />

sahen, ließ sich nicht erschließen. Fest<br />

steht, dass mit gleich vier <strong>Cleversulzbach</strong>er<br />

Leinewebern unter den Wortführern<br />

ein ohnehin revolutionär gestimmter Berufsstand<br />

in jener unruhigen 1848er-Revolutionszeit<br />

in diesem Ort besonders augenfällig<br />

mitwirkte 1 .<br />

Das abgefasste Gemeinderatsprotokoll zu<br />

dem Vorfall am 8. Mai 1848 liest sich folgendermaßen:<br />

Es erscheinen die hiesigen Bürger:<br />

1. Jakob Korb, Weber<br />

2. Christoph Plenefi sch, Weber<br />

3. Carl Winkler, Weber<br />

4. Christoph Stahl, Schneider<br />

5. Christoph Bord, Weber<br />

6. Gg Friedrich Eurich, B[aue]r<br />

7. Jakob Karg, B[aue]r<br />

8. Heinrich Ernst, Weingtr<br />

angeblich als Deputirte von 52 Bürger u<br />

übergeben dem Gemeinderath einen ununterschriebenen<br />

Aufsatz des Inhalts:<br />

Unserm Herrn Orts Vorsteher und unsere<br />

sämtlich lebenslänglichen gewählten Gemeinderäthe<br />

fordern wir hiemit auf, als<br />

mit der Zeit nicht mehr passend, sogleich<br />

ihre Stellen nieder zu legen u sich einer<br />

neuen Wahl zu unterwerfen; sollten sie<br />

aber darauf beharren, so müssen wir ihnen<br />

bemerken, dass wir die bereits schon<br />

beim königl Oberamt beantragte Untersuchung<br />

fortsezen werden, wo sie dan<br />

nicht rühmlich ihren Funktionen verlassen<br />

müssen; lezteres unterbleibt, wen ihr<br />

Austritt freiwillig geschieht. Diß der<br />

Wunsch zwei und fünfzig Bürger inerhalb<br />

24 Stunden erwartet man förmliche Erklärung<br />

zurük u zwar schriftlich, was dieselben<br />

gesonen sind.<br />

Der Vorwurf bleibt nicht ohne deutliche<br />

Verunsicherung der Gemeinderäte. Das<br />

Gemeinderatsprotokoll vermerkt dazu:<br />

Das Factum erregte bei dem Gemeinderath<br />

großen Sturm, weßhalb zu einer ruhigen<br />

Berathung Sitzung auf heute Nachmittag<br />

bestimt u die Deputation mit der<br />

Weisung entlassen wird, dass eine dießfällige<br />

Erklärung des Gemeinderaths<br />

nachfolgen werde.<br />

Noch am gleichen Tag beraten die Gemeinderäte<br />

über die erhobenen Vorwürfe.<br />

Das Gemeinderatsprotokoll liest sich wie<br />

eine sehr moderne und fast anmaßend abgefasste<br />

Verwaltungserklärung mit der<br />

Prüfung der Zulässigkeit und der Bagatellisierung<br />

einer solchen Eingabe, in Verbindung<br />

mit einer Beschuldigung der Antragsteller<br />

eines ehrabschneidenden Vorgehens.<br />

Mit Sicherheit waren sich alle Honoratioren<br />

darüber einig, dass man sich hier auf<br />

äußerst gefährlichem Gelände bewegte.<br />

Off enbar hat es während der Formulierung<br />

des Protokolls noch weitere Diff erenzen<br />

unter den Gemeinderäten gegeben. Auff ällig<br />

sind auch die vielen Streichungen und<br />

Änderungen in der Abfassung dieses Protokollteils.<br />

Es fasst das Ergebnis dieser Sitzung<br />

wie folgt zusammen:<br />

Dem Beschluße von diesem Morgen zu<br />

Folge hat der Gemeinderath zur Beschlußnahme<br />

in der obigen Sache sich versamelt.<br />

In Erwägung<br />

1. dass dem Gemeinderathe die angebliche<br />

52 Bürger nicht bekant gemacht worden,<br />

um die moralische Kraft derselben<br />

zu ersehen überhaupt, um den würdigen<br />

Charakter derselben zu erkenen;<br />

2. Die einzelnen Glieder der erschienenen<br />

Deputation 2 nicht geeignet erkant<br />

worden 3 die Beanstandung Pkt 1 zu<br />

beseitigen; zudem<br />

3. jene angeblich 52 Bürger blos ein Drittheil<br />

samtlicher Bürger dahier ausmachen,

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