Cleversulzbach - Geigerdruck GmbH
Cleversulzbach - Geigerdruck GmbH
Cleversulzbach - Geigerdruck GmbH
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
260<br />
Industrialisierung und die Folgen der Einfuhr<br />
ausländischer, billig erworbener Tuche<br />
einer breiten Öff entlichkeit bewusst<br />
machte. Inwieweit sich die <strong>Cleversulzbach</strong>er,<br />
an dem Bürgerbegehren beteiligten<br />
Weber nun 1848 in <strong>Cleversulzbach</strong> als<br />
Vertreter ihrer revolutionären Zunftgenossen<br />
sahen, ließ sich nicht erschließen. Fest<br />
steht, dass mit gleich vier <strong>Cleversulzbach</strong>er<br />
Leinewebern unter den Wortführern<br />
ein ohnehin revolutionär gestimmter Berufsstand<br />
in jener unruhigen 1848er-Revolutionszeit<br />
in diesem Ort besonders augenfällig<br />
mitwirkte 1 .<br />
Das abgefasste Gemeinderatsprotokoll zu<br />
dem Vorfall am 8. Mai 1848 liest sich folgendermaßen:<br />
Es erscheinen die hiesigen Bürger:<br />
1. Jakob Korb, Weber<br />
2. Christoph Plenefi sch, Weber<br />
3. Carl Winkler, Weber<br />
4. Christoph Stahl, Schneider<br />
5. Christoph Bord, Weber<br />
6. Gg Friedrich Eurich, B[aue]r<br />
7. Jakob Karg, B[aue]r<br />
8. Heinrich Ernst, Weingtr<br />
angeblich als Deputirte von 52 Bürger u<br />
übergeben dem Gemeinderath einen ununterschriebenen<br />
Aufsatz des Inhalts:<br />
Unserm Herrn Orts Vorsteher und unsere<br />
sämtlich lebenslänglichen gewählten Gemeinderäthe<br />
fordern wir hiemit auf, als<br />
mit der Zeit nicht mehr passend, sogleich<br />
ihre Stellen nieder zu legen u sich einer<br />
neuen Wahl zu unterwerfen; sollten sie<br />
aber darauf beharren, so müssen wir ihnen<br />
bemerken, dass wir die bereits schon<br />
beim königl Oberamt beantragte Untersuchung<br />
fortsezen werden, wo sie dan<br />
nicht rühmlich ihren Funktionen verlassen<br />
müssen; lezteres unterbleibt, wen ihr<br />
Austritt freiwillig geschieht. Diß der<br />
Wunsch zwei und fünfzig Bürger inerhalb<br />
24 Stunden erwartet man förmliche Erklärung<br />
zurük u zwar schriftlich, was dieselben<br />
gesonen sind.<br />
Der Vorwurf bleibt nicht ohne deutliche<br />
Verunsicherung der Gemeinderäte. Das<br />
Gemeinderatsprotokoll vermerkt dazu:<br />
Das Factum erregte bei dem Gemeinderath<br />
großen Sturm, weßhalb zu einer ruhigen<br />
Berathung Sitzung auf heute Nachmittag<br />
bestimt u die Deputation mit der<br />
Weisung entlassen wird, dass eine dießfällige<br />
Erklärung des Gemeinderaths<br />
nachfolgen werde.<br />
Noch am gleichen Tag beraten die Gemeinderäte<br />
über die erhobenen Vorwürfe.<br />
Das Gemeinderatsprotokoll liest sich wie<br />
eine sehr moderne und fast anmaßend abgefasste<br />
Verwaltungserklärung mit der<br />
Prüfung der Zulässigkeit und der Bagatellisierung<br />
einer solchen Eingabe, in Verbindung<br />
mit einer Beschuldigung der Antragsteller<br />
eines ehrabschneidenden Vorgehens.<br />
Mit Sicherheit waren sich alle Honoratioren<br />
darüber einig, dass man sich hier auf<br />
äußerst gefährlichem Gelände bewegte.<br />
Off enbar hat es während der Formulierung<br />
des Protokolls noch weitere Diff erenzen<br />
unter den Gemeinderäten gegeben. Auff ällig<br />
sind auch die vielen Streichungen und<br />
Änderungen in der Abfassung dieses Protokollteils.<br />
Es fasst das Ergebnis dieser Sitzung<br />
wie folgt zusammen:<br />
Dem Beschluße von diesem Morgen zu<br />
Folge hat der Gemeinderath zur Beschlußnahme<br />
in der obigen Sache sich versamelt.<br />
In Erwägung<br />
1. dass dem Gemeinderathe die angebliche<br />
52 Bürger nicht bekant gemacht worden,<br />
um die moralische Kraft derselben<br />
zu ersehen überhaupt, um den würdigen<br />
Charakter derselben zu erkenen;<br />
2. Die einzelnen Glieder der erschienenen<br />
Deputation 2 nicht geeignet erkant<br />
worden 3 die Beanstandung Pkt 1 zu<br />
beseitigen; zudem<br />
3. jene angeblich 52 Bürger blos ein Drittheil<br />
samtlicher Bürger dahier ausmachen,