Cleversulzbach - Geigerdruck GmbH
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78<br />
terverweser nach ihrer Dienstzeit. Sie waren<br />
in vielen Fällen eh nur wenige Wochen<br />
hier gewesen. Auch von den „Taglöhnern“<br />
– oft Knechte und Mägde in der<br />
Landwirtschaft – blieben nur die wenigsten.<br />
Handwerker wie Schäfer (Süpple)<br />
oder Schuhmacher, die mit ihren Familien<br />
hier blieben, sind seltene Ausnahmen. Fast<br />
alle Zuziehenden hatten die württembergische<br />
Staatsangehörigkeit, ein Dutzend<br />
waren Badener, eine Handvoll Bayern, einer<br />
Preuße und drei „Reichsländer“, d. h.<br />
Leute aus dem „Reichsland“ Elsass-Lothringen.<br />
Wirtschaftliche Not der<br />
Zwischenkriegszeit: „Hier herrscht zur<br />
Zeit eine wahre Wanderlust“<br />
Für die Zwischenkriegszeit liegt ein gefühlvoll<br />
abgefasster Zeitungsartikel vom<br />
März 1927 über <strong>Cleversulzbach</strong> vor. Es<br />
heißt dort: Hier herrscht zur Zeit eine<br />
wahre Wanderlust. In den nächsten Tagen<br />
verlassen uns zwei über die hiesigen<br />
Grenzpfähle hinaus bekannte Persönlichkeiten.<br />
Es ist dies der Gemeinde- und<br />
Ortsschulrat (gemeint ist hier: Mitglied<br />
des Gemeinderatsausschusses für örtliche<br />
Schulangelegenheiten) sowie Vertrauensmann<br />
des württemb. Weingärtner- und<br />
Bauernbundes Gottlob Hesser und Ortsschulrat<br />
und Löwenwirt Christian Bauer,<br />
um ihre kleinbäuerlichen Betriebe hier<br />
aufzugeben. Ersterer hat ein größeres<br />
Pachtgut in Amlishagen bei Gerabronn,<br />
letzterer ein solches in Niederbayern an<br />
der österreichischen Grenze käufl ich erworben,<br />
in welche Gegend erst kurz vor<br />
Weihnachten vor. Js. der Landwirt Karl<br />
Herrmann übergesiedelt ist.<br />
Der Krieger-, Gesangverein und gemischte<br />
Chor brachten den Scheidenden heute ein<br />
Ständchen als Abschiedsgruß. Wir wünschen<br />
ihnen in ihrem neuen Heim alles<br />
Gute und sagen ihnen ein herzliches Lebewohl.<br />
Im nächsten Monat wird Hebamme Dietrich,<br />
die 23 Jahre lang ihren Dienst treu<br />
und gewissenhaft versehen hat, nach Argentinien<br />
auswandern, um dort ihren Beruf<br />
auszuüben. Auch Weitere sollen noch<br />
wanderlustig sein. 18<br />
Heimatfront im Zweiten Weltkrieg:<br />
Kriegsgefangene, Ostarbeiter,<br />
Evakuierte<br />
Als in den Kriegsjahren 1939 –1945 immer<br />
mehr wehrfähige Männer eingezogen<br />
wurden und viele an der Front standen,<br />
wurden ihre Lücken so gut es ging durch<br />
eine unfreiwillige Zuwanderung von<br />
Kriegsgefangenen und zwangsverpfl ichteten<br />
Arbeitern aus dem Osten gefüllt. Im<br />
<strong>Cleversulzbach</strong>er Gemeindearchiv liegen<br />
penibel geführte Listen 19 dieser „Zwangscleversulzbacher“,<br />
deren Namen und Alter,<br />
zum Teil auch ihre Berufe, genannt sind.<br />
Zuerst kamen im Frühjahr 1940 drei Polen.<br />
Ihre Zahl nahm im Verlauf des Krieges zu<br />
und erreichte 1943 mit elf Männern und<br />
vier Frauen einen Höchststand. Nach den<br />
Polen-Erlassen vom März 1940 sollten sie<br />
einen geringeren Lohn als Deutsche erhalten,<br />
keine Verkehrsmittel – auch keine<br />
Fahrräder – benützen dürfen, nicht am<br />
Tisch mit der deutschen Familie mitessen<br />
und möglichst in Stall oder Scheune untergebracht<br />
werden. Auf der rechten<br />
Brustseite ihrer Oberbekleidung mussten<br />
sie einen quadratischen Aufnäher mit einem<br />
„P“ tragen. Die Lebens- und Arbeitsbedingungen<br />
– vor allem in der Landwirtschaft<br />
– waren damals ohnehin hart. Andererseits<br />
waren die Zwangsarbeiter nur<br />
dann eine wirkliche Hilfe, wenn sie bei der<br />
Arbeit mitdachten und man anständig mit<br />
ihnen umging. So war ihre Behandlung<br />
meist besser, als die Polen-Erlasse vorschrieben.<br />
Da polnische Wanderarbeiter<br />
seit Generationen als Erntehelfer nach<br />
Deutschland gekommen waren, fi el es<br />
manchen von den mit mehr oder weniger