Cleversulzbach - Geigerdruck GmbH

Schwierige Zeiten
Die Revolution von 1848 in Cleversulzbach
In Cleversulzbach war die Bevölkerung
zwischen 1812 und 1846 innerhalb von
nur 34 Jahren von 547 auf 688, also um
26 Prozent erheblich angewachsen. Auch
in den umliegenden Gemeinden, sogar in
ganz Deutschland und Mitteleuropa war
diese Einwohnerexplosion in ähnlichem
Ausmaß zu verzeichnen. Die landwirtschaftlichen
Nutzfl ächen, die der Grundversorgung
der Menschen diente, wuchsen
allerdings nicht in dem benötigten
Umfang. Zudem verursachten Witterungsextreme
und verregnete Sommer Missernten
und damit weiter ansteigende Armut.
Auch waren von der Grundherrschaft die
(Wald-)Nutzungsrechte zur Schweinemast
oder Laub- und Streuernte wegen hoher
Kriegsfolgekosten und der Ernährung von
Soldaten stark eingeschränkt, in einigen
Orten ganz verboten worden. Die Folge
der Unterversorgung der Bevölkerung mit
dem Lebensnotwendigsten waren oftmals
Waldfrevel mit Wilderei und Holzdiebstahl
und daraus resultiertender Strafverfolgung
mit Verurteilungen und weiterer
Verarmung der Familien.
Nach den Wirren der Französischen Revolution,
der Napoleonischen Kriege und
dem sich anschließenden Ausbau des Obrigkeitsstaats
machte sich Mitteleuropa,
und in diesem Verbund auch Württemberg,
auf den Weg, sich politisch konservativ
zu festigen und, in einer Epoche industriell
rasanter Entwicklungen, sich
wirtschaftlich zu orientieren. Es setzte
eine Zeit voller Aufbruchstimmung ein, in
der auch die Bürger nach politischer Teilnahme
strebten. Vordringlicher war allerdings
für die Ortsbewohner die Überwindung
der wirtschaftlichen Not, die Her-
auslösung aus der Fronpfl icht und der
Kampf gegen Hunger. Während der Revolution
1848 waren vor allen Dingen die
Grundherren Ziel der Angriff e. Es kam zu
Plünderungen der Rentämter, auch wurden
Verwaltungsangestellte bedroht. Projektionsfl
äche für aufgestaute Aggressionen
boten desgleichen der Gemeinderat
und der Bürgerausschuss.
Es kann davon ausgegangen werden, dass
auch in der Gemeindeverwaltung von Cleversulzbach
eine gewisse Besorgnis über
die sich seit einiger Zeit entwickelnde
Spannung zwischen Bürgern und der
Ortsobrigkeit bestand, mit der Befürchtung,
dass auch der Gemeinderat von Cleversulzbach
zur Zielscheibe bürgerlichen
Unmuts werden könnte.
Am 8. Mai 1848 vormittags kommt es in
Cleversulzbach zu einer Verhandlung vor
dem, wegen der Brisanz der Sache vollständig
versammelten Gemeinderat: Eine
Bürgerabordnung verlangt den Rücktritt
aller (auf Lebenszeit) gewählten Gemeinderäte
einschließlich des Ortsvorstehers,
weil sie ihrer Auff assung nach dem neuen
Zeitgeist nicht mehr entsprechen würden,
ihren berechtigten Existenzsorgen nicht
hinreichend Beachtung zollten. Als entsprechende
Rückversicherung ihres Begehrens
habe man bereits eine Untersuchung
des vorgeworfenen Amtsmissbrauchs
beim Oberamt Neckarsulm eingeleitet.
Von den acht beschwerdeführenden Bürgern
waren vier Weber – ein Berufsstand,
der besonders unter der zunehmenden
Mechanisierung litt und mehr und mehr
verarmte. Bekannt ist der schlesische Weberaufstand
von 1844, der die Folgen der
259