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Natur als Grenzerfahrung - Oapen

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Marcus Stippak<br />

aus der Balance geratenen Mensch-<strong>Natur</strong>-Beziehung sei seit geraumer Zeit ein<br />

Phänomen, das vor allem in afrikanischen und asiatischen Staaten auftrete. Demgegenüber<br />

gehöre derartiges in Mitteleuropa bzw. in den Gesellschaften der so<br />

genannten „westlichen Welt“ schon lange der Vergangenheit an. Letzteres jedoch<br />

ist, den Blick hier auf den mitteleuropäischen Raum gerichtet, mitnichten zutreffend.<br />

Eine Analyse der Wasserwirtschaft in der Deutschen Demokratischen Republik<br />

(DDR) führt vielmehr zu dem Befund, dass der – wider besseren Wissens und<br />

Willens von Wasserwirtschaftlern – über Jahrzehnte praktizierte Verschleiß von<br />

Einrichtungen zur Wasserversorgung und damit der Mangel an qualitativ einwandfreiem<br />

Trinkwasser bis in die späten 1980er Jahre hinein eine beinahe regelmäßige<br />

Erfahrung zahlreicher Menschen war, die in der DDR lebten. 2<br />

Auch auf dem Gebiet der im Vergleich zur DDR von der <strong>Natur</strong> gleichsam<br />

wasserwirtschaftlich besser gestellten „alten“ Bundesrepublik Deutschland war<br />

unter ver- wie entsorgungstechnischen Gesichtspunkten schon beizeiten nicht alles<br />

zum Besten bestellt: „Die Sorge um die Sicherstellung des Wasserbedarfs und um<br />

die Reinhaltung der Gewässer hat ein alarmierendes Ausmaß erreicht“, hieß es<br />

etwa in der 1965 erschienenen Veröffentlichung mit dem programmatischen Titel<br />

„Wasser. Ein Problem unserer Zeit“. 3 Mit einer – im obigen Sinne – einschneidenden<br />

<strong>Grenzerfahrung</strong> sahen sich in den 1970er Jahren im südhessischen Raum agierende<br />

Wasserversorgungsunternehmen und -verbände ebenso konfrontiert wie<br />

Kommunen, Unternehmen, Land- und Forstwirte sowie eine Vielzahl von Bürgerinnen<br />

und Bürgern. In dem für die Versorgung des Rhein-Main-Gebietes wichtigen<br />

„Hessischen Ried“ führten wiederholt aufgetretene Trockenperioden die<br />

Risiken einer Grundwasserentnahme vor Augen, die anhaltend die Grundwasserneubildung<br />

überstieg. Folglich sank der Grundwasserspiegel im Ried weitflächig ab<br />

und es mussten über mehrere Jahre hinweg große politische, finanzielle, juristische<br />

und organisatorische Anstrengungen unternommen werden, um bis dahin geschaffene<br />

Versorgungseinrichtungen weiter betreiben und ökologische Schäden wenigstens<br />

minimieren zu können. 4<br />

Das wechselseitige Geflecht zwischen Mensch und <strong>Natur</strong> bedarf demnach einer<br />

steten Sorge bzw. ist eine ständige Grenzziehung zwischen menschlichen Be-<br />

2 Stippak, M.: Städtische Wasserversorgung und Abwasserentsorgung im 19. und 20. Jahrhundert: Darmstadt und<br />

Dessau 1869-1989, Dissertation, Technische Universität Darmstadt 2008, Kap. 8 (Veröffentlichung<br />

wird vorbereitet). Zur Wasserwirtschaftwirtschaft in der DDR eine nach wie vor gewinnbringende<br />

Lektüre: Würth, G.: Umweltschutz und Umweltzerstörung in der DDR, Frankfurt a. M. / Bern / New York<br />

1985. Aufschlussreiche Erscheinungen jüngeren Datums sind: Bernhardt, C.: Towards the Socialist<br />

Sanitary City: Urban Water Problems in East German New Towns 1945-1970, in:<br />

Schott, D. / Luckin, B. / Massard-Guilbaud, G. (Hg.): Resources of the City. Contributions to an<br />

Environmental History of Modern Europe, Aldershot / Burlington 2005, S. 185-202; Bernhardt, C.:<br />

Zwischen Industrialismus und sanitärer Wohlfahrt: Umweltprobleme im Sozialismus am Beispiel der Wasserfrage in<br />

der DDR, in: Meyer, T. / Popplow, M. (Hg.): Technik, Arbeit und Umwelt in der Geschichte, Münster<br />

/ New York / München / Berlin 2006, S. 367-380.<br />

3 Heyn, E.: Wasser. Ein Problem unserer Zeit, Frankfurt a. M. / Berlin / Bonn 1965, S. 3.<br />

4 Stippak: Wasserversorgung, Kap. 7 (Anm. 2).

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