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Natur als Grenzerfahrung - Oapen

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Anke Fischer-Kattner<br />

rer, von den Bewohnern der Orte, die er besuchte, freundlich aufgenommen zu<br />

werden. Die islamische Bevölkerung – von ihm <strong>als</strong> „Moors“ bezeichnet und so mit<br />

den gefürchteten Piraten in Verbindung gebracht, die im Mittelmeerraum gefangene<br />

Christen versklavten 3 – erschien ihm grundsätzlich feindlich. Er war kaum<br />

noch im Besitz von Kowrie-Muscheln, die <strong>als</strong> Währung dienten, oder von anderen<br />

eintauschbaren Gegenständen. Krankheiten und Entbehrungen schwächten ihn<br />

zunehmend. Zu alledem drohte der Beginn der Regenzeit, der das günstige Reisen<br />

zu Lande unmöglich machen würde. Was <strong>als</strong>o tun?<br />

„I was now convinced, by painful experience, that the obstacles to my further progress were<br />

insurmountable. The tropical rains were already set in, with all their violence; the rice grounds and<br />

swamps, were every where overflowed; and, in a few days more, travelling of every kind, unless by<br />

water, would be completely obstructed. The Kowries which remained of the King of Bambarra’s present,<br />

were not sufficient to enable me to hire a canoe for any great distance; and I had but little<br />

hopes of subsisting by charity, in a country where the Moors have such influence. But above all, I<br />

perceived that I was advancing, more and more, within the power of those merciless fanatics; and<br />

from my reception at Sego and Sansanding, I was apprehensive that, in attempting to reach even<br />

Jenné (unless under the protection of some man of consequence amongst them, which I had no means<br />

of obtaining), I should sacrifice my life to no purpose; for my discoveries would perish with me. The<br />

prospect either way was gloomy.“ 4<br />

Park hatte die äußerste Grenze seiner Reise erreicht. Bis dorthin schien es ihm<br />

möglich, die an ihn gestellte Aufgabe zu bewältigen, den Niger und die angrenzenden<br />

Gebiete zu erforschen. Aber weiter ging es nicht. Die schwierige klimatische<br />

Umwelt, in der überflutete Gebiete ein Vorankommen fast unmöglich machten,<br />

wurde durch Geldmangel und „gnadenlose Fanatiker“ in Parks Wahrnehmung zur<br />

Todesgefahr. Selbst diese hätte er laut seiner Darstellung nicht gescheut, wenn<br />

nicht sein Tod den Verlust seiner „Entdeckungen“, seiner Aufzeichnungen und<br />

mühsam gesammelten Informationen bedeutet hätte. Indem Park das existentielle<br />

‚Einbrechen‘ der unkontrollierbaren menschlichen und nicht-menschlichen Umwelt<br />

in seiner Erzählung hypothetisch vorwegnahm, war er in seiner eigenen<br />

Wahrnehmung den Gefahren der ‚<strong>Natur</strong>‘ nicht mehr völlig ausgeliefert. Die Entscheidung<br />

zur Umkehr wurde für Park selbst, für seine Auftraggeber und seine<br />

Leser 5 legitimiert, denn auf diese Weise konnte der Wissensverlust einer letzten,<br />

nicht mehr sprachlich mitteilbaren <strong>Grenzerfahrung</strong> – der des Todes, wie ihn Parks<br />

3 Vgl. Colley, L.: Captives. Britain, empire and the world, 1600-1850, London u. a. 22003, S. 23-134.<br />

4 Park: Travels, S. 211 f..<br />

5 „This, however, necessity compelled me to do; and whatever may be the opinion of my general<br />

readers on this point, it affords me inexpressible satisfaction, that my honourable employers have<br />

been pleased, since my return, to express their full approbation of my conduct.“ Park: Travels,<br />

S. 212 f..

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