Natur als Grenzerfahrung - Oapen
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„O biegu rzek“: Zwischen Oder und Weichsel.<br />
jener Zeit die Weichsel gewann, zeigte sich daran, dass an ihren Ufern eine Reihe<br />
von Städten entstand. Die Gründung der Weichselstädte steht im Zusammenhang<br />
mit der Ausbreitung des deutschen Stadtrechtes in Polen. Im 14. Jahrhundert gewann<br />
das deutsche Stadtrecht im ganzen Raum des Weichselbogens Eingang, später<br />
breitete es sich noch viel weiter nach Nordosten, Osten und Südosten aus.<br />
Krakau ist 1257, Sandomir 1244 zum ersten Mal <strong>als</strong> deutschrechtliche Siedlung<br />
erwähnt, Płock besitzt 1237 das deutsche Recht, Thorn 1231. Die Ansiedlung von<br />
Städten entlang der Weichsel erfolgte jedoch nicht gleichmäßig. Besonders diejenigen<br />
Stellen, an denen alte Handelsstraßen auf die Weichsel trafen, wurden für die<br />
Stadtgründung bevorzugt. Für den Aufstieg Polens zum großen Getreideproduzenten<br />
und Getreideausfuhrland – eine Entwicklung, die im 16. Jahrhundert einsetzte<br />
– bildete die Weichsel eine entscheidende Voraussetzung. Diese Entwicklung<br />
begann damit, dass der Getreidebedarf in Westeuropa rasch anstieg. Die<br />
Weichsel war ein günstiger Verkehrsweg und es bot sich dem Adel die Möglichkeit,<br />
auf seinen hauptsächlich aus Wald, Weide und Ödland bestehenden Ländereien<br />
ausgiebig zu roden und damit die Getreidefläche bedeutend zu erweitern. Die<br />
Weichsel übte <strong>als</strong>o, wenn auch auf indirekte Weise, einen außerordentlich starken<br />
umgestaltenden Einfluss auf die Landschaft aus. 21<br />
Die Siedler, die die Werder erschlossen, stammten aus Niederdeutschland und<br />
vom Niederrhein. Elbing ist zum Beispiel eine niedersächsische Gründung. Die<br />
Niedersachsen siedelten hauptsächlich im Großen Werder. Doch fanden sich auch<br />
Kolonisten aus Süddeutschland ein wie Franken, Bayern und Schwaben. Die Süddeutschen<br />
haben sich vor allem auf dem höher gelegenen Terrain niedergelassen,<br />
während die Friesen und Holländer die Niederungen kolonisierten. 22 Noch bis ins<br />
19. Jahrhundert war an Sitten und Gebräuchen, am Erscheinungsbild der Häuser<br />
sowie an den Trachten zu erkennen, dass das Weichselwerder insbesondere von<br />
Holländern besiedelt worden ist. Die holländische Zuwanderung nahm vor allem<br />
während des Dreißigjährigen Krieges zu. Holländische Mennoniten erschlossen die<br />
Niederung stromaufwärts bei Marienwerder, Graudenz, Kulm und Thorn und<br />
legten dort zahlreiche Bauernhöfe an. 23<br />
Die Staaten Westeuropas (England, Holland) zeigten eine starke Nachfrage<br />
nach Getreide und Holz. Polen war reich an diesen Rohstoffvorkommen und zur<br />
Beförderung an die Ostseeküste boten sich die Flüsse an. Im Nordosten waren<br />
dies Düna und Memel, im Westen Warthe und Netze, die die Verbindung zur<br />
Oder herstellten. Der Handel über die Ströme zum Schwarzen Meer wurde dagegen<br />
von dem Osmanischen Reich unterbunden und der Flusshandel von und nach<br />
Russland war weniger bedeutend. 24 Aufgrund eines fehlenden bzw. mangelhaften<br />
21 Bertram: Weichsel-Nogat-Delta, S. 38 f..<br />
22 Vgl. Małecki, J. M.: Wisła w okresie od pokoju toruńskiego do pokoju oliwskiego, in: Piskozuba, A., (Hg.):<br />
Wisła. Monografia rzeki, Warszawa 1982, S. 41.<br />
23 Keyser : Westpreußen, S. 21.<br />
24 Ebd., S. 1.<br />
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