Natur als Grenzerfahrung - Oapen
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Von der (Über)Nutzung eines ökologischen und sozialen Raumes<br />
Für Schwaz steht eine genaue und gesicherte Datierung der Wiederaufnahme<br />
bergbaulicher Aktivitäten im frühen 15. Jahrhundert auf der Grundlage schriftlicher<br />
Quellenüberlieferung bis zum jetzigen Zeitpunkt noch aus, denn die bisher<br />
<strong>als</strong> Belege für den Beginn bergbaulicher Aktivitäten angeführten Archivalien halten<br />
einer genauen Quellenkritik nicht stand. 24 Ab den 1440er Jahren wird durch einschlägiges<br />
Aktenmaterial aus dem Umfeld der kirchlichen, landesfürstlichen und<br />
kommunalen Verwaltungen der neuerliche Aufschwung des Bergbaus allerdings<br />
eindeutig fassbar. 25 Diese Quellen schildern eindrücklich, wie sich der Abbau von<br />
Kupfer und Silber innerhalb kürzester Zeit intensivierte und in den letzten Jahrzehnten<br />
des 15. Jahrhunderts zu einem boomenden Wirtschaftszweig entwickelte. 26<br />
Weitere schriftliche Quellen bestätigen intensiven Bergbau im Falkensteinrevier am<br />
Nordhang des Mehrerkopfes in der frühen Neuzeit. Auf einen kleinräumigen Maßstab<br />
umgelegt kann der auffällig starke Anstieg des anthropogen emmitierten Bleis<br />
im Torf des Kogelmooses dabei die Funde aus den Archiven stützen.<br />
Gemessen an den Erzfördermengen und den Beschäftigtenzahlen trat der<br />
Schwazer Bergbau schließlich in den 1520er Jahren in seine eigentliche Hochkonjunkturphase<br />
ein. Während dieser Jahrzehnte stieg die ehem<strong>als</strong> kleine Marktsiedlung<br />
am Inn zum bedeutendsten Zentrum des europäischen Kupfer- und Silberbergbaus<br />
auf und ließ weitere Zentren der europäischen Silbererzeugung wie die<br />
Reviere in Mansfeld (heute Thüringen), in Oberungarn (heute Slowakei) und im<br />
sächsischen sowie böhmischen Erzgebirge weit hinter sich. So wurde zwischen<br />
1470 und 1525 in den Schwazer Revieren mehr <strong>als</strong> die Hälfte der in den fünf angeführten<br />
Revieren erzielten Produktion an Silber erzielt. 27 1515 beispielsweise lag<br />
der Anteil der drei Schwazer Teilreviere 28 an der Gesamtproduktion des Silbers aus<br />
diesen fünf Regionen bei rund 68 %. Die enormen bergbaulichen Aktivitäten am<br />
Nordhang des Mehrerkopfes in dieser Boomphase führten schließlich zu riesigen<br />
Abraumhalden, welche mit dem ersten Rückgang der Silberproduktion nach 1530<br />
zuzuwachsen begannen. 29 Da sich auf dem grobschottrigen Schuttmaterial nur ein<br />
24 Vgl. Bartels / Bingener: Bergbuch, v. a. S. 707–717.<br />
25 Für die normative Ebene vgl. die Edition der im Zeitraum zwischen 1490 bis 1538 erlassenen<br />
Bergordnungen. Tschan, W. / Hoffmann, G.: Das Schwazer Bergrecht der frühen Neuzeit. Eine Quellenedition,<br />
Reutte 2008.<br />
26 Vgl. die immer noch lesenswerte frühe Untersuchung von Worms, S.: Schwazer Bergbau im fünfzehnten<br />
Jahrhundert. Ein Beitrag zur Wirtschaftsgeschichte, Wien 1904. Überholte Erkenntnisse von Worms werden<br />
im Kommentarband von Bartels / Bingener: Bergbuch, korrigiert.<br />
27 Vgl. Sokoll: Bergbau, S. 58.<br />
28 Der Schwazer Bergbau umfaßte drei große Teilreviere: die „Alte Zeche“ lag westlich des Lahnbaches<br />
und ging in den „Falkenstein“, dem größten und erzreichsten aller drei Reviere, über. Östlich<br />
des Bucher Baches begann schließlich das Revier „Ringenwechsel“, das sich bis ins Zillertal<br />
erstreckte.<br />
29 1538 war der Schwazer Anteil an der europäischen Silberproduktion auf 28,6 % gesunken und lag<br />
nun hinter den sächsischen Revieren (29,7 %) bzw. mit 25,2 % knapp vor dem böhmischen<br />
Joachimstal, dessen Erzlagerstätten erst gut 20 Jahre zuvor entdeckt worden waren. Vgl. Tab. 4.2. bei<br />
Sokoll: Bergbau, S. 60.<br />
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