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Natur als Grenzerfahrung - Oapen

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Financial Revolution, Feuerversicherung, Umweltgeschichte<br />

So ergibt sich das paradoxe Bild, dass die deutschsprachigen Kameralisten in<br />

allgemeinerer Art und Weise über den volkswirtschaftlichen Nutzen der Versicherungen<br />

nachdachten, die Auswirkungen der Einrichtung derselben auf den Kapitalmarkt<br />

und die Beziehungen von „Kredit“ und „Versicherung“ <strong>als</strong> die englischen<br />

Versicherer: Paradox ist dies, weil die Kameralisten immer an den territorialen<br />

Rahmen dachten, <strong>als</strong>o an einen eng beschränkten Kapitalmarkt, während die<br />

englische Praxis des Kapitalmarkts schon viel avancierter war und die Versicherungen<br />

nur eine Gruppe von Akteuren am Markt neben anderen, meist potenteren<br />

Handelsgesellschaften wie den Kolonialgesellschaften waren, von denen sie auch<br />

das Strukturmodell für die Gesellschaftsgründung übernommen hatten. 54 Die englischen<br />

Versicherungen waren größtenteils auf die Erzielung von Profit und Dividenden<br />

ausgerichtet, während die Kameralisten zwar von solchem Profit ihrer<br />

Einrichtungen träumten, in der Praxis aber oft entweder nachträgliche Umlageverfahren<br />

eingerichtet wurden, die nur den anfallenden Schaden beglichen, oder die<br />

Prämieneinnahmen waren nicht so groß, dass sich ein nennenswertes Kapital gebildet<br />

hätte.<br />

Die deutschen Kameralisten erklärten <strong>als</strong>o – so könnte man pointieren – was<br />

zweihundert Jahre später Dickson nicht systematisiert hatte und was in der Diskussion<br />

über die Finanzrevolution verloren gegangen war: die Funktion der (Feuer-)<br />

Versicherungen <strong>als</strong> Instrumente der indirekten Kapitalmarkt-Sicherung und -Ankurbelung<br />

im Rahmen dieser ersten Finanzrevolution – einer Finanzrevolution, die<br />

so allerdings nicht in deutschen Territorien, sondern in England stattfand.<br />

4 Versicherungsgeschichte und Umweltgeschichte<br />

Was haben nun diese Bemühungen um ein Verständnis der Funktion von Feuerversicherungen<br />

für die erste „Financial Revolution“ mit Umweltgeschichte zu tun?<br />

– Eine jüngere Studie, die danach fragt, welchen Beitrag für eine moderne Umweltökonomik<br />

oder gar Umweltpolitik die Rückbesinnung auf kameralistische wie<br />

utilitaristische Wirtschaftstheorien des 18. Jahrhunderts leisten könne, findet die<br />

Antwort in der Wiederaufnahme eines Menschen-Leitbildes, das nicht den puren<br />

Eigennutz verfolgt, sondern bei dem Streben nach Nutzenmaximierung mit gesellschaftlich<br />

wünschenswerten Verhaltensweisen gekoppelt ist, wie es im Kameralismus<br />

und bei Smith/Mill, nicht aber beispielsweise bei Bentham der Fall sei. 55 Ich<br />

glaube, es kann nicht darum gehen, in diesem Sinne historische Theorien „wieder<br />

anwendbar“ zu machen. Für die Umweltgeschichte in einer spezifisch historischen<br />

führungen zur Höhe der Zinsen auf dem Kapitalmarkt und dem Verhalten der ‚„Capitalisten“ bei<br />

unversicherten Häusern <strong>als</strong> Sicherheit.<br />

54 Vgl. Newbold: Londons Jmprovement, S. 4: Die Feuerversicherungen werden mit der East-India-<br />

Company, Guinney-company, und anderen Corporations verglichen.<br />

55 Cortekar: Glückskonzepte, S. 234.<br />

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