Natur als Grenzerfahrung - Oapen
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Martin Knoll<br />
Der Bericht zeichnet sich nicht nur durch seinen landschaftsästhetischen Impetus<br />
aus, sondern auch dadurch, dass er sehr vollständig zu allen abgefragten<br />
Themen Stellung nimmt. Er beginnt mit der Etymologie des Namens, gibt eine<br />
genaue Schilderung der geografischen Lage, sowohl gegenüber angrenzenden administrativen<br />
Einheiten <strong>als</strong> auch gegenüber Landmarken. Er quantifiziert die Zahl<br />
der Klöster, Kirchen, Schlösser, Hofmarken, Adelssitze im Pfleggericht sowie den<br />
Umfang des Gerichtsbezirks in Meilen. Das Schloss selbst wird in seiner Bau- und<br />
Besitzgeschichte ebenso wie in seinem aktuellen baulichen Zustand und seiner<br />
Lage (auf einem hohen aber „lustigen“ Berg, versorgt durch eine Quelle, die von<br />
einem noch höheren Anstieg abgeleitet wird) beschrieben. Vom schönen „Prospect“,<br />
<strong>als</strong>o der Beschreibung der Aussicht auf das Umland, war bereits die Rede.<br />
Man erhält einen Eindruck von der Wald-Wasser-Offenland-Struktur der Umgebung<br />
und von dem, was Menschen hier zu erwirtschaften in der Lage waren. 38 Das<br />
landesherrliche Schloss markiert hier herrschaftliche Kontrolle und Überhebung,<br />
gleichzeitig aber harmonische Integration in Gesellschaft und <strong>Natur</strong> der Region.<br />
Auch das Bildprogramm der Grafik bestärkt in seiner ausgewogenen Berücksichtigung<br />
sowohl des Schlosses <strong>als</strong> auch umgebender Landschaftsrequisiten diese Botschaft.<br />
Dass dieses Bild – je nach Darstellungsinteresse – diametral anders ausfallen<br />
konnte, beweist etwa ein Blick auf die Repräsentation des Baron Neuhausschen<br />
Schlosses Zangberg in derselben Topografie (Abb. 4): 39 Hier erscheinen das aufwändig<br />
im barocken Zeitgeschmack sanierte Schloss und sein geometrischer Garten<br />
in textueller wie grafischer Beschreibung <strong>als</strong> Mikrokosmos – seltsam unverbunden<br />
mit der beides umgebenden Außenwelt. 40<br />
38 Wening: Descriptio II, S. 4: „Sonsten ist diser Orthen ein Baurschafft / so sich mit Getraydt und<br />
Vichzügl ernöhret / und obwolen neben dem Chiemsee über dreißig andere kleinere See / ohne<br />
Weyer unnd Bäch allda sich befinden / so ist doch nichts destoweniger der Fischhandel ein Zeit hero<br />
ins zimbliche Abkommen gerathen / weilen bey disen nassen Jahren von dem nächst entlegnen<br />
Gebürg die Wässer vilmalen unverhofft über schwembt / bey gählingen Abfall aber die Prueth auff<br />
das Truckene gesetzt / und folglich zu unwiderbringelichen Schaden verderbt / da doch vor disem<br />
durch die umb den See wohnende Fischer nacher München / Landshuet / Burgkhausen / in Oesterreich<br />
/ und so gar biß nacher Wienn / Saltzburg unnd Tyroll vil Centen verführt worden.“ .<br />
39 Wening: Descriptio III, S 61, Bild L 130: „Ein Schloß und Hofmarch. Nachdeme das Schloß Alters<br />
halber zimblich zusammen gefallen / ist solches durch Herrn Ferdinand Maria Frantz Freyherr von<br />
Neuhauß / Ihr Churfürstl. Durchl. in Bayrn etc. würcklich geheimben Rath / Obristen Cammerer<br />
/ unnd Pflegern zu Byburg / dann Gemainer Loblichen Landschafft Underlands Mitverordneten<br />
/ Anno 1687 gantz neu / und mit sonderbahrer Zierde erbauet worden. Worinnen schöne Sääl<br />
und Zimmer sehr kostbahr und künstlich außgemahlt und geziehret / zu sehen / auch anbey ein sehr<br />
schön angenemmer / mit grossen Unkosten angelegter Garten / allwo die springende rare Wasserwerck<br />
neben denen welschen Frucht-Bäumen wol zu sehen.<br />
Ligt unweit des Yhn-Fluß / in dem Landgericht Neumarckt / etwas auff einem Berg. [...]<br />
In der allhiesigen Schloß-Capell / allwo das höchste Gut auß sonderbahrer Gnad auffbehalten<br />
wird / ist St. Erasmus Schutz-Patron.<br />
Allhiesiger Hofmarch ist auch einverleibt das Ort Palmberg / welches zwar kein Hofmarch<br />
/ sondern nur ein Mayrhof ist / aber sambt denen daselbst sich befindenden wenigen Underthonen<br />
jederzeit zur Hofmarch Zangberg gehörig gewesen.“<br />
40 Vgl. Knoll: Ländliche Welt, S. 70–72.