Natur als Grenzerfahrung - Oapen
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2 Die historische Wahrnehmung Afrikas<br />
Anke Fischer-Kattner<br />
Der afrikanische Kontinent musste in der Frühen Neuzeit nicht wie Amerika oder<br />
Australien ‚entdeckt‘ werden. Weil er an den Mittelmeerraum angrenzte, war er seit<br />
der Antike mit Europa verbunden. Antike und mittelalterliche Beschreibungen von<br />
Afrika standen bereits den Gebildeten der Renaissance zur Verfügung. So konnte<br />
die afrikanische Küstenlinie, deren Verlauf durch portugiesische Seefahrer bereits<br />
am Ausgang des 15. Jahrhunderts ‚entdeckt‘ worden war, mit Bildern gefüllt werden,<br />
die in Europa schon lange bekannt waren. Die <strong>Natur</strong> des afrikanischen Kontinents<br />
war in dieser Vorstellung, ebenso wie in den Erfahrungen der Soldaten und<br />
Händler in den kleinen europäischen Stützpunkten an der afrikanischen Küste,<br />
eine feindliche: Die stechende Sonne, die unerträgliche Hitze, wilde Tiere und<br />
schreckliche Krankheiten 11 machten Afrika zu einem Ort, an dem man nur ungern<br />
blieb, wenn man nicht durch Dienstverpflichtung oder die Hoffnung auf großen<br />
Profit gehalten wurde. Die Tatsache, dass selbst die großen Ströme des Kontinents<br />
nicht schiffbar waren, machte Vorstöße ins Landesinnere zusätzlich schwierig.<br />
Was hätte man dort auch Neues oder Interessantes vorfinden sollen? Antike,<br />
mittelalterliche und zeitgenössische Reiseberichte der Frühen Neuzeit 12 beschrieben<br />
den Gelehrten, dass nicht nur die <strong>Natur</strong> des Kontinents, sondern auch seine<br />
Bewohner gefährlich seien. Immer weiter verfeinerte Textauslegungen waren bei<br />
weitem nicht so gefährlich wie eine Reise. Die Methode des Vergleichs traditioneller<br />
Wissensbestände eröffnete daher anscheinend den besten Weg zur Erforschung<br />
des Kontinents. Kartographen des frühen 18. Jahrhunderts mussten dank der<br />
Ergebnisse dieser Arbeit die Küstenlinien Afrikas nicht mehr mit generischen Bildern<br />
dunkelhäutiger Menschen, runder Hütten oder exotischer Tiere füllen. 13 Sie<br />
zeichneten mit scheinbar klaren Linien und den unterschiedlichen Farben der<br />
politischen Karte die Grenzen der ‚bekannten Reiche‘ in Afrika ein (Abb. 1). 14<br />
11 Grundlegend zu dieser Problematik sind die Arbeiten von Philip Curtin, z. B.: Curtin, P. D.: Disease<br />
and empire. The health of European troops in the conquest of Africa, Cambridge 1998.<br />
12 Im 16. und 17. Jahrhundert wurden die vorhandenen ‚Informationen‘ in großen Reisesammlungen,<br />
beispielsweise von de Bry, Hakluyt und Purchas, zusammengetragen: Robel, G.: Reisen und Kulturbeziehungen<br />
im Zeitalter der Aufklärung, in: Krasnobaev, B. I. (Hg.), Reisen und Reisebeschreibungen im 18.<br />
und 19. Jahrhundert <strong>als</strong> Quellen der Kulturbeziehungsforschung, Essen 1987, S. 9-37, hier: S. 10 f..<br />
13 Schöne Bildbeispiele bietet: Schneider, U.: Die Macht der Karten. Eine Geschichte der Kartographie vom<br />
Mittelalter bis heute, Darmstadt 2004, S. 110-116.<br />
14 Weitere Beispiele finden sich in der digitalen Sammlung von Afrikakarten der Northwestern University<br />
unter folgender URL:<br />
http://www.library.northwestern.edu/govinfo/ collections/mapsofafrica/(20.02.2009).