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Natur als Grenzerfahrung - Oapen

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Marcus Stippak<br />

noch nicht unerhört blieb, geht zum Teil sicherlich auf die Arbeit von Pettenkofer<br />

und Gleichgesinnten zurück. Obwohl sich Pettenkofers Erklärung zur Übertragung<br />

der Cholera spätestens im Zusammenhang mit der Epidemie in Hamburg<br />

1892 <strong>als</strong> unzutreffend herausstellte, weckten er und Gleichgesinnte in den sich im<br />

Umbruch befindlichen Kommunen ein Gespür für die Notwendigkeit, auf die<br />

Reinhaltung des Erdreichs und damit des Grundwassers zu achten. Verschmutztem<br />

Grund- bzw. Trinkwasser haftete folglich ein Makel an, den es zu beheben<br />

oder – etwa durch das Erschließen hygienisch unbedenklicher Wasservorkommen<br />

– zu umgehen galt.<br />

3 Grenzgänger – <strong>Grenzerfahrung</strong>en<br />

Zur Einführung einer zentralen Wasserversorgung gaben, wie gesagt, zuweilen<br />

auch mit der Hygiene eher lose verbundene Erwägungen den Ausschlag. Nicht<br />

immer bildete die Erfahrung verunreinigten Trinkwassers oder der Mangel an einwandfreiem<br />

Trinkwasser die <strong>Grenzerfahrung</strong> mit der <strong>Natur</strong>, infolge derer der Bau<br />

eines neuen Wasserwerks beschlossen wurde.<br />

3.1 Die gebrandmarkte und die schmutzige Stadt: Hamburg und Berlin<br />

In Hamburg etwa läutete der Großbrand, der im Mai 1842 ungefähr ein Viertel der<br />

Stadt verwüstete, eine Neuausrichtung der örtlichen Wasserversorgung ein. „Man<br />

darf bezweifeln, ob die Stadt ohne den Großen Brand eine gründliche Reform der<br />

gesundheitsrelevanten städtischen Infrastruktur ernsthaft erwogen oder in Angriff<br />

genommen hätte“, urteilt Richard J. Evans. 31 Entsprechend dieser Situation beließ<br />

es der um den Auftrag zum Wiederaufbau der Stadt bemühte englische Ingenieur<br />

William Lindley nicht dabei, einzig hygienische Verbesserungen in Aussicht zu<br />

stellen. Den Zuschlag, ein neues Wasserwerk zu errichten, erhielt Lindley vielmehr,<br />

weil er auch signalisierte, mit dem neuen Werk alle Stadtteile mit Wasser versorgen<br />

und so eine neue Brandkatastrophe verhindern zu können. 32<br />

Merklich anders stellte sich die Situation in Berlin dar: Den dortigen Haushalten<br />

und Betrieben stand bis wenigstens in die 1850er Jahre hinein derart viel und<br />

qualitativ unbedenkliches Trink- und Brauchwasser zur Verfügung, dass sich die<br />

Stadtverwaltung und die Bevölkerung eher beiläufig mit Überlegungen beschäftigten,<br />

ein zentrales Wasserwerks erbauen zu lassen. Diese Angelegenheit erschien<br />

ihnen nicht dringlich. Eine andere Einschätzung vertrat der in Berlin residierende<br />

preußische König Friedrich Wilhelm IV., dem einerseits die überlasteten, Geruchsbelästigungen<br />

hervorrufenden Abwasserkanäle, andererseits die verschmutz-<br />

31 Evans: Tod, S. 180 f..<br />

32 Ebd., S. 180 f., 194 f., 232.

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