Natur als Grenzerfahrung - Oapen
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54 Elisabeth Breitenlechner, Marina Hilber, Alois Unterkircher<br />
sche Realität.“ 8 Im Umkehrschluss dürfte dies bedeuten, dass je gezielter eine Region<br />
und Zeit in den Blick genommen wird, desto näher gelangt die Wissenschaft<br />
an die Wurzeln der Geschichte.<br />
Im folgenden Beitrag werden die sozioökonomischen Disziplinen Geschichtswissenschaft<br />
und Botanik erste Erkenntnisse über die Beeinflussung des<br />
ökologischen und sozialen Raumes Schwaz durch den Bergbau insbesondere für<br />
das 17. Jahrhundert vorstellen. In einem ersten Kapitel werden die langfristigen<br />
Entwicklungen dieser historischen Montanlandschaft mit den spezifischen Methoden<br />
der Geschichtswissenschaften und der Palynologie zu rekonstruieren versucht.<br />
Exemplarisch wird dies am in den ehemaligen Abbaugebieten liegenden Niedermoor<br />
„Kogelmoos“ vorgeführt. In einem zweiten Teil widmen wir uns der Verknüpfung<br />
von mikro- und makrohistorischen Ansätzen, indem normative Bestimmungen<br />
zur Waldnutzung, historische Belege realökologischer Eingriffe und das<br />
Konfliktfeld Wald näher beleuchtet werden.<br />
2 Rekonstruktion des sozialen und ökologischen Raumes der<br />
Vergangenheit am Beispiel „Kogelmoos“<br />
2.1 Palynologische Perspektiven<br />
Die wichtigste Informationsquelle für die Rekonstruktion früherer Vegetationsverhältnisse<br />
sind die mehr oder weniger kontinuierlich wachsenden Ablagerungen in<br />
Seen und Mooren. Aus der qualitativen und quantitativen Analyse der darin enthaltenen<br />
Pflanzenreste können Schlüsse auf die Pflanzendecke zur Zeit der Ablagerung<br />
gezogen werden. 9 Zusätzliche paläoökologisch relevante Erkenntnisse über<br />
die jeweilige Umweltsituation lassen sich durch chemisch-physikalische Analysen<br />
der Ablagerungen gewinnen. Diese paläoökologischen Informationen erhalten sich<br />
in unterschiedlichen Trägersubstanzen wie Torfen oder Seesedimenten, welche bei<br />
einer Untersuchung genauer charakterisiert werden müssen. Dabei stehen die Entstehungsweise<br />
und der Bildungsort im Vordergrund, da dies Einfluss auf die Erhaltung<br />
der Reste hat. 10<br />
Die häufigsten Pflanzenreste in quartären Ablagerungen stellen die mit bloßem<br />
Auge einzeln nicht sichtbaren Pollenkörner der Blütenpflanzen (Spermatophyten)<br />
und Sporen der Farnpflanzen (Pteridophyten) und Moose (Bryophyten) dar. Dank<br />
der morphologischen Mannigfaltigkeit der mikroskopischen, meist nur ein Hundertstel<br />
bis ein Zehntel Millimeter (10 – 100µm) großen Pflanzenteile können Fa-<br />
8 Medick, H.: Weben und Überleben in Laichingen 1650–1900. Lokalgeschichte <strong>als</strong> Allgemeine Geschichte,<br />
Göttingen 1996, S. 30.<br />
9 Lang, G.: Quartäre Vegetationsgeschichte Europas, Jena 1994, S. 33-51.<br />
10 Moore, P. D. / Webb, J. A. / Collison M. E.: Pollen analysis, Oxford ²1991, S. 216f..