Natur als Grenzerfahrung - Oapen
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„Sauber, lustig, wohlerbaut“<br />
len Schema ausgegangen werden kann, das Erhebung, Organisation und Präsentation<br />
von Wissen hier leitete, dann wird es dort interessant, wo dieses Schema variiert<br />
wurde.<br />
2 Geografie, Hydrografie und territoriale Homogenität<br />
Philipp Apian, einer der Pioniere der neuzeitlichen Geometrie und Kartografie,<br />
hatte Mitte des 16. Jahrhunderts das Herzogtum Bayern vermessen und eine 1563<br />
fertiggestellte Karte des Territoriums angefertigt. 23 Sie wurde 1568 in den sogenannten<br />
24 Landtafeln veröffentlicht. Weniger bekannt ist, dass Apian plante, seiner<br />
kartografischen Repräsentation des Landes noch eine textuelle Beschreibung<br />
beizufügen, die „Declaratio tabulae sive descriptionis Bavariae…“. Es kam zu Lebzeiten<br />
Apians nicht mehr zur Veröffentlichung, aber ein Manuskript hat sich erhalten,<br />
das Ende des 19. Jahrhunderts ediert wurde. 24 Die Herausgeber des Textes<br />
unterstreichen besonders Apians Sensibilität für die Hydrografie des Landes. 25 In<br />
der Tat schaltet Apian der Schilderung der einzelnen Verwaltungsbezirke sogar ein<br />
eigenes Kapitel „De fluviis“ voran, das genaueres Hinsehen verdient. Apian beschreibt<br />
alle regionalen Flüsse. Er lokalisiert ihre Quellgewässer, folgt ihrem Verlauf,<br />
gibt dabei Fließrichtungswechsel und Zusammenflüsse an. Angaben über die<br />
Fließgeschwindigkeit („incredibili velocitate profluente“, „magna lenitate fluit“) 26<br />
machen indirekte Aussagen über den Gradienten der umgebenden Landschaft. Auf<br />
diese Weise erhält der Leser einen Eindruck vom politischen Territorium <strong>als</strong> homogener<br />
regionaler Einheit, die nicht durch Herrschaft, sondern durch physische<br />
Landschaft definiert ist. Der Lauf der bayerischen Flüsse, die ja alle in der Donau<br />
münden, identifiziert Zentrum und Peripherie des Territoriums. Das hydrografische<br />
Raster des Herzogtums mit dem Verlauf der Donau <strong>als</strong> zentralem Erkennungsmerkmal<br />
zierte übrigens die allegorischen Titelkupfer sowohl der Merianschen<br />
„Topographia Bavariae“ <strong>als</strong> auch des „Churbayerischen Atlas“ Anton Wilhelm<br />
Ertls. 27 Geht es hier um „natürliche Grenzen“? Zumindest geht es im Sinne<br />
23 Stetter, G.: Philipp Apian 1531-1589. Zur Biographie, in: Wolff, H. (Hg.): Philipp Apian und die Kartographie<br />
der Renaissance, Weißenhorn 1989, S. 66–73.<br />
24 Apian, P.: Declaratio tabulae sive descriptionis Bavariae a Phil. Apiano confectae et editae. D. M. E. CHRIS-<br />
TO SACR, in: Historischer Verein von Oberbayern (Hg.): Philipp Apian’s Topographie von Bayern<br />
und bayerische Wappensammlung. Zur Feier des siebenhundertjährigen Herrscherjubiläums des<br />
erlauchten Hauses Wittelsbach, München 1880, S. 1–469.<br />
25 Ebd.,Vorwort, S. VIII–IX.<br />
26 Apian: Declaratio, S. 6 und 10.<br />
27 Merian, M. d. Ä. / Zeiller, M.: Topographia Bavariae. Das ist Beschreib- und Aigentliche Abbildung der<br />
Vornemsten Stätt und Orth in Ober- und Nieder Beyern, Der Obern Pfaltz Und andern Zum Hochlöblichen Bayrischen<br />
Craiße gehörigen Landschafften, Frankfurt a. M. 1657 [ND Braunschweig 2005]; Ertl, A. W.: Chur-<br />
Bayerischer Atlas. Das ist Eine Grundrichtige / Historische / und mit vielen schönen Kupfern und Land-Karten<br />
gezierte Abbildung aller in dem hochberühmbten Chur-Hertzogthum Ober- und Nieder-Bayern / auch in der Obern<br />
Pfalz ligenden vortrefflichen Städten / Märkt / und theils Schlösser / samt deroselben Ur-<br />
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