Natur als Grenzerfahrung - Oapen
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„O biegu rzek“: Zwischen Oder und Weichsel.<br />
serscheiden, die die Verbindung von einem Flussgebiet in das nächste erleichtern<br />
und sich daher für Kanalverbindungen eignen. Die Weichsel ist mit Nebenflüssen<br />
ungleichmäßig ausgestattet. Es überwiegen zahlenmäßig die rechtsseitigen, von<br />
Osten her kommenden Nebenflüsse, so dass das Wasserführungsgebiet der Weichsel<br />
asymmetrisch ausfällt - eine Eigenschaft, die die Weichsel mit der Oder, aber<br />
auch Elbe gemeinsam hat. Diese Eigenschaft ist ein Erbe der Urstromtalzeit und<br />
sie ist – bei der Weichsel ebenso wie bei der Oder und Elbe – vor allem in den<br />
nördlichen Teilen der Einzugsgebiete ausgeprägt, <strong>als</strong>o in dem ganzen Tieflandgürtel,<br />
dort, wo die großen Urstromtäler entstanden. Der heutige Kulturzustand der<br />
Landschaften Ostmitteleuropas ist das Ergebnis eines langen Entwicklungsprozesses.<br />
Bei dem Vorgang der Umgestaltung der Landschaft, bei der Waldrodung, bei<br />
der Besiedlung, der Ausweitung und Ausnutzung der Ackerbaufläche haben Oder<br />
und Weichsel eine wesentliche Rolle gespielt. Beide Flüsse haben städtische Siedlungskeime<br />
an ihren Ufern entstehen lassen. Sie boten seit dem Mittelalter günstige<br />
Verkehrsmöglichkeiten für die Agrarkolonisation. 15<br />
3 Der Oder-Weichselraum in der Zeit vor der<br />
Nation<strong>als</strong>taatsbildung<br />
Um die Instrumentalisierung der Niederungslandschaft Oder-Weichsel in der Epoche<br />
des Nationalismus, vor allem hier die ideologischen Abgrenzungs- bzw. Einverleibungsmuster<br />
zu verstehen, ist ein kurzer Blick auf die vornation<strong>als</strong>taatliche<br />
Zeit angebracht. In vornation<strong>als</strong>taatlicher Zeit erwies sich der Siedlungsprozess im<br />
Oder-Weichsel-Raum <strong>als</strong> fließend, an dem sowohl Deutsche <strong>als</strong> auch Polen beteiligt<br />
waren. Flüsse dienten <strong>als</strong> Orientierungslinien für eine Territorialbildung, weniger<br />
<strong>als</strong> Determinanten nationaler Abgrenzung, wie dies im 19. und 20. Jahrhundert<br />
verbreitet war. Spätestens seit dem Ende des 10. Jahrhunderts sind slavische Burgen<br />
im Oderbruch nachweisbar, so z. B. bei Küstrin südlich der Warthe. Nach<br />
dem Dagome Iudex von 990, wonach Mieszko von Polen sein Herrschaftsgebiet<br />
direkt dem Papst unterstellte, verlief die Westgrenze des polnischen Staates entlang<br />
der Oder. Es entstand eine Reihe von Burgen zur Machtsicherung in den Grenzgebieten,<br />
so auch im Oderbruch. 16 Diese Burgen waren zugleich Zentren der<br />
15 Bertram, H., La Baume, W., Klöppel, O.: Das Weichsel-Nogat-Delta. Beiträge zur Geschichte seiner landwirtschaftlichen<br />
Entwicklung, vorgeschichtlichen Besiedelung und bäuerlichen Haus- und Hofanlage, Neudruck der<br />
in Danzig 1924 erschienenen Ausgabe, Münster / Westf. 2003, m. e. Vorwort v. B. Jähnig, S. 9 ff..<br />
16 Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurden im übrigen Flucht und Vertreibung in der polnischen<br />
Propaganda und Geschichtsschreibung <strong>als</strong> „Vereinigung der Wiedergewonnenen Gebiete“ dargestellt.<br />
Der polnische Historiker Ryszard Sudziński schrieb der Einverleibung des Oder-Weichselraumes<br />
durch Polen einen „symbolischen“ Wert zu. So rekurrierte die kommunistische Propaganda auf die<br />
Zugehörigkeit dieser Gebiete zum mittelalterlichen Polen. Edward Ochub, Mitglied der Polnischen<br />
Arbeiterpartei erklärte dam<strong>als</strong>, „die Deutschen müssten herausgeworfen werden und sie gehörten auf<br />
die andere Seite von Oder und Neisse.“ Siehe Sudziński, R.: The Germans in Pomerania along the Vistula<br />
River after the Second World War - their problems and fate from 1945 till 1950, in: Sziling, J., Wojciechowski,<br />
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