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Natur als Grenzerfahrung - Oapen

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Christian Lotz<br />

angeführt, dass die vorhandenen Waldbestände in Deutschland ab etwa 1860 geschont<br />

wurden, da sie nun nicht mehr unter so starkem Nutzungsdruck standen. 8<br />

Darüber hinaus behaupten einige volkskundliche Arbeiten, der Wald in Deutschland<br />

sei geschont worden, weil er ab Mitte des 19. Jahrhunderts ideologisch <strong>als</strong><br />

‚deutscher‘ Wald und damit schützenswertes Gut aufgeladen wurde, etwa durch<br />

das Werk Land und Leute von Wilhelm Heinrich Riehl aus dem Jahr 1854. 9 Inwieweit<br />

aber die forstwirtschaftlichen und ideellen bzw. ideologischen Entwicklungen<br />

zusammenhängen, wo Ursache und Wirkung, oder gegebenenfalls Wechselwirkungen<br />

zu suchen sind, ist bislang nicht erforscht worden. Das geplante Projekt zielt in<br />

dieser Hinsicht auf eine methodische Erweiterung, indem die verschiedenen Faktoren<br />

(wirtschaftliche, politische, ideologische) gemeinsam untersucht und gegeneinander<br />

abgewogen werden sollen.<br />

(B) Mit dem Begriff Nachhaltigkeit ist ein Arbeitsfeld angesprochen, das durch<br />

Vielschichtigkeit und in jüngerer Zeit auch von politischen Kontroversen gekennzeichnet<br />

ist. Um das komplexe Feld zu durchdringen, wird hier eine Systematisierung<br />

in inhaltliche, zeitliche und räumliche Dimensionen von Nachhaltigkeit<br />

vorgeschlagen.<br />

Inhaltliche Dimensionen: Das Verständnis des Begriffs Nachhaltigkeit (norw.:<br />

bærekraft; engl.: sustainability) wird in der heutigen Zeit in erster Linie geprägt<br />

durch den Brundtland-Bericht von 1987. Er beschrieb Nachhaltigkeit <strong>als</strong> Handeln,<br />

das darauf gerichtet ist, dass „die gegenwärtige Generation ihre Bedürfnisse befriedigt,<br />

ohne die Fähigkeit der zukünftigen Generation zu gefährden, ihre eigenen<br />

Bedürfnisse befriedigen zu können.“ 10 Über dieses allgemeine Verständnis hinaus,<br />

muss auf die komplexe Bedeutungsgeschichte des Begriffes hingewiesen werden. 11<br />

Die unterschiedlichen inhaltlichen Dimensionen von Nachhaltigkeit (ökonomisch,<br />

ökologisch usw.) sowie die in der Forschungsliteratur anzutreffenden Bewertungskriterien<br />

sind Gegenstand lebhafter Debatten. Einerseits sehen zahlreiche wirtschafts-<br />

und forstgeschichtliche Arbeiten – etwa von Kurt Hasel – die Einführung<br />

von ‚modernen‘ Waldbaumethoden um 1800, deren Fortentwicklung und die<br />

gleichzeitige Zurückdrängung vormoderner Wirtschaftsformen <strong>als</strong> Königsweg<br />

eines nachhaltigen Umgangs mit Wald und Holz an. 12 Betont wird in diesem Zu-<br />

8 Grewe, B.-S.: Das Ende der Nachhaltigkeit? Wald und Industrialisierung im 19. Jahrhundert, in: Archiv für<br />

Sozialgeschichte 43, 2003, S. 61-79, hier S. 79.<br />

9 Lehmann, A. (Hg.): Der Wald – ein deutscher Mythos? Perspektiven eines Kulturthemas, Berlin 2000, S. 10;<br />

vgl. auch Lehmann, A.: Der deutsche Wald, in: Schulze, H. / François, E. (Hg.): Deutsche Erinnerungs-<br />

orte, Bd. 3, München 2001, S. 187-200.<br />

10 Hauff, V. (Hg.): Unsere gemeinsame Zukunft. Der Brundtland-Bericht, Greven 1987, S. 46.<br />

11 Vgl. einführend Hütte, G.: Nachhaltigkeit im europäischen naturschutz- und forstfachlichen Diskurs, Göttingen<br />

1999, bes. S. 25-34; Jüdes, U.: Nachhaltige Sprachverwirrung, in: Politische Ökologie 52, 1997,<br />

S. 26-29.<br />

12 Hasel, K.: Zur Geschichte der Waldverwüstung in Deutschland und ihrer Überwindung durch die Forstwirtschaft,<br />

in: Zeitschrift für Wirtschaftsgeographie, 37, 1993, H. 2, S. 117-125; weitere Literatur bei Selter, B.:

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