Natur als Grenzerfahrung - Oapen
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„Sauber, lustig, wohlerbaut“<br />
1) Landesbeschreibungen sind in der Regel <strong>als</strong> Medienmix aus Text, Bild und<br />
Karte angelegt. Genau dieser multimediale Funktionszusammenhang verrät wesentlich<br />
mehr über das Beschreiben oder Verschweigen von <strong>Natur</strong>, <strong>als</strong> es ein einfacher<br />
Text tut. Nicht umsonst sind Multimedialität bzw. Intermedialität frühneuzeitlicher<br />
Quellen im Allgemeinen und geografischer Werke im Besonderen immer<br />
stärker ins Zentrum kulturwissenschaftlicher Interessenahme gerückt.<br />
Die Frühneuzeit-Historikerin Birgit Emich hat unlängst sowohl das interdisziplinäre<br />
Potenzial einer kulturwissenschaftlichen Intermedialitätsforschung <strong>als</strong> auch<br />
deren Bedeutung für die geschichtswissenschaftliche Quellenkritik unterstrichen. 15<br />
Intermedialität bezeichnet Emich zufolge „Phänomene, die Grenzen zwischen<br />
Medien überschreiten: Grenzen zwischen Medien im weiteren Sinn, das heißt zwischen<br />
Zeichensystemen wie Bild, Text und Sprache, aber auch Grenzen zwischen<br />
Medien im engeren, technisch-materiell definierten Sinn wie etwa Flugblätter und<br />
Flugschriften.“ 16 Die Beschäftigung mit dem Phänomen sei älter <strong>als</strong> der Begriff.<br />
Spätestens in den 1990er Jahren habe sich Intermedialität <strong>als</strong> Forschungsgegenstand<br />
vor allem in den Medien- und Literaturwissenschaften etabliert. „Gerade eine<br />
Geschichtswissenschaft, die sich <strong>als</strong> kulturalistisch erweitert versteht und dem<br />
Aspekt der Deutungen und Bedeutungen eine zentrale Rolle beimisst, sollte am<br />
Phänomen der Intermedialität nicht vorbeigehen. Ob die Bedeutung durch Multimedialität<br />
transportiert, durch einen Medienwechsel transformiert oder durch intermediale<br />
Bezüge erst konstituiert wird - ohne einen Blick auf diese intermediale<br />
Dimension kommt die historische Quellenkritik nicht aus.“ 17<br />
Seit kurzem liegt ein Sammelband vor, der Intermedialität bezogen auf den<br />
geografisch-räumlichen Kontext diskutiert. Die Herausgeber haben sich zum Ziel<br />
gesetzt, in Überwindung von „Blickverengungen einer älteren, positivistischtechnisch<br />
orientierten Kartographiegeschichte“ die Betrachtung des „Dreiecks von<br />
Text, Bild und Karte“ für die Offenlegung skripturaler, ikonischer und diagrammatischer<br />
Zeichen zu nutzen, „die in je eigener Weise der Speicherung und Verbreitung<br />
von Wissen dienen.“ 18 Der ‚topographical turn‘ bzw. ‚spatial turn‘ der Kulturwissenschaften<br />
ziele sowohl auf „eine neue Territorialisierung gesellschaftlicher<br />
schichte und Umweltzukunft. Zur gesellschaftlichen Relevanz einer jungen Disziplin, Göttingen<br />
2008, S. 13-50, hier zur Konzeption des Umweltbegriffs in <strong>Natur</strong>- und Geisteswissenschaften S. 13-<br />
20, zur damit verschränkten Problematik einer disziplinären Definition von Umweltgeschichte S. 20-<br />
31 (vielen Dank für die Überlassung des Manuskripts vor der Veröffentlichung); zum Zusammenhang<br />
von terminologischem Klärungsbedarf und fachlichem Fokus vgl. bereits Winiwarter, V.: Umwelt-en.<br />
Begrifflichkeit und Problembewußtsein, in: Jaritz, G. / Winiwarter, V. (Hg.): Umweltbewältigung.<br />
Die historische Perspektive, Bielefeld 1994, S. 130–159.<br />
15 Emich, B.: Bildlichkeit und Intermedialität in der Frühen Neuzeit. Eine interdisziplinäre Spurensuche, in:<br />
Zeitschrift für historische Forschung, Jg. 35, 2008, H. 1, S. 31–56.<br />
16 Ebd., S. 35–37.<br />
17 Ebd., S. 37.<br />
18 Glauser, J. / Kiening, C.: Einleitung, in: Glauser, J. / Kiening, C. (Hg.): Text- Bild- Karte. Kartographien<br />
der Vormoderne, Freiburg 2007, S. 11–35, hier: S. 20.<br />
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