Natur als Grenzerfahrung - Oapen
Natur als Grenzerfahrung - Oapen
Natur als Grenzerfahrung - Oapen
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
16 Lars Kreye, Carsten Stühring, Tanja Zwingelberg<br />
<strong>Natur</strong> <strong>als</strong> Grenze erfuhren und wie sie Katastrophen bewältigten. Natürliche Extremereignisse,<br />
die sich nicht auf Menschen auswirkten, sind daher in diesem Kontext<br />
nicht relevant. 56<br />
Die historische <strong>Natur</strong>katastrophenforschung etablierte sich erst in jüngerer<br />
Zeit. Zu den frühen Beiträgen zählt ein Aufsatz von Arno Borst, der bereits 1981<br />
die Relevanz der historischen <strong>Natur</strong>katastrophenforschung erkannte. 57 Als ebenfalls<br />
wichtig für die Weiterentwicklung der einschlägigen Forschung gilt eine Arbeit<br />
von Manfred Jakubowski-Tiessen. Dieser beschäftigte sich in einer umfassenden<br />
Studie mit der Bewältigung einer Sturmflut an der Nordsee im Jahr 1717. 58 Inzwischen<br />
sind die Forschungsfelder zahlreich. Die Themenbereiche erstrecken sich<br />
neben historischen Sturmfluten und Erdbeben auch auf Vulkanausbrüche, Bergstürze,<br />
Stürme, Epidemien, Dürreperioden, Wald- und Stadtbrände sowie Insektenplagen.<br />
59 In diesem thematisch heterogenen Feld konzentrieren sich die Beiträge<br />
des vorliegenden Bandes auf Seuchentheorien, Stadtbrände und die sich in diesem<br />
Zusammenhang entwickelnde Feuerversicherung sowie auf das Thema Bergstürze.<br />
Häufig auftretende Katastrophen konnten Einfluss auf die Entwicklung von<br />
Umwelt und Gesellschaft haben. 60 Die Untersuchung solcher Ereignisse zeigt neben<br />
der Vulnerabilität einer Gesellschaft auch deren historisches Lernpotential. 61<br />
So konnte der Umgang mit Katastrophen zu einem Initiator für technische Entwicklungen<br />
werden. 62 Außerdem wurden die Deutungsmuster durch die Katastrophen<br />
selbst geprägt und somit verändert. 63<br />
Der Aufsatz von Klaus BERGDOLT leitet das Kapitel ein. Bergdolt widmet sich<br />
in seinem Beitrag Seuchentheorie und Umwelt in der Frühen Neuzeit der Frage, welche<br />
Funktion der Umwelt in der Deutung menschlicher Seuchen zugewiesen wurde. Er<br />
konzentriert sich dabei auf die Pest, die zum Teil <strong>als</strong> allgemeine Bezeichnung für<br />
seuchenhafte Erkrankungen diente. Im Zentrum der Pestdeutung stand die Humo-<br />
56 Groh, D. / Kempe, M. / Mauelshagen, F.: Einleitung. <strong>Natur</strong>katastrophen – wahrgenommen, gedeutet,<br />
dargestellt, in: dies. (Hg.): <strong>Natur</strong>katastrophen. Beiträge zu ihrer Deutung, Wahrnehmung und Darstellung<br />
in Text und Bild von der Antike bis ins 20. Jahrhundert, Tübingen 2003, S. 11-33, S. 16; Pfister,<br />
Ch. <strong>Natur</strong>katastrophen und <strong>Natur</strong>gefahren in geschichtlicher Perspektive. Ein Einstieg, in: ders. (Hg.): Am Tag<br />
danach. Zur Bewältigung von <strong>Natur</strong>katastrophen in der Schweiz 1500-2000, Bern / Stuttgart / Wien<br />
2002, S. 11-25, S. 15.<br />
57 Vgl. Borst, A.: Das Erdbeben von 1348. Ein historischer Beitrag zur Katastrophenforschung, in: Historische<br />
Zeitschrift, Bd. 233, S. 529-569, S. 569.<br />
58 Vgl. Jakubowski-Tiessen, M.: Sturmflut 1717. Die Bewältigung einer <strong>Natur</strong>katastrophe in der frühen<br />
Neuzeit, München 1992. Zur Relevanz dieser Arbeit für die historische Katastrophenforschung vgl.<br />
etwa Uekötter, Frank: Umweltgeschichte im 19. und 20. Jahrhundert, München 2007, S. 84.<br />
59 Vgl. Groh / Kempe / Mauelshagen: Einleitung, S. 12; Kempe, M. / Rohr, Ch.: Introduction, in:<br />
Environment and History, Jg. 9, 2003, H. 2, S. 123-125, S. 123; Schenk: Disaster, S. 11.<br />
60 Vgl. Schenk: Disaster, S. 19.<br />
61 Vgl. Uekötter: Umweltgeschichte, S. 86.<br />
62 Vgl. Kempe / Rohr: Introduction, S. 123.<br />
63 Vgl. Groh / Kempe / Mauelshagen: Einleitung, S. 25.