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Natur als Grenzerfahrung - Oapen

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Tiere sind keine Sachen<br />

folgungsrecht des Eigentümers eines ausziehenden Bienenschwarms und zur<br />

sachenrechtlichen Zuordnung bei Vereinigung oder Vermischung mehrerer<br />

Bienenschwärme verschiedener Eigentümer (§§ 961-964 BGB), 14 die noch immer<br />

Stoff für Dissertationen und sogar Handbücher zum Bienenrecht liefern. 15<br />

2.4 „Strafvollzugsrituale“ unter Einbeziehung von Tieren<br />

Aus diesem vierten Bereich möchte ich zunächst diejenigen Fälle, bei denen das<br />

Tier an der Straftat im weitesten Sinne „beteiligt“ war – wie dies etwa bei der<br />

Sodomie der Fall ist – und aufgrund dieser Beteiligung in die Vollstreckung der<br />

Strafe eingebunden wurde, ausscheiden (diese Fallgruppe wird unter Ziff. III.3.<br />

behandelt). Vielmehr rechne ich diesem Bereich nur solche Fälle zu, in denen die<br />

in den Vorgang der Strafvollstreckung einbezogenen Tiere in keinem Zusammenhang<br />

mit der Straftat standen, sondern zum Zwecke der Strafverschärfung <strong>als</strong><br />

„Werkzeug“ eingesetzt wurden. Die Strafe richtete sich in diesen Fällen ausschließlich<br />

gegen den Verurteilten, während die Einbeziehung, häufig auch<br />

Quälerei und Tötung der Tiere allein dem Vollzug der Strafe diente.<br />

Als verschärfende Bestandteile des Strafvollzugs sind beispielsweise das Schleifen<br />

des Verurteilten zur Richtstatt durch Tiere 16 und die Vollziehung der Todesstrafe<br />

des Vierteilens durch den Einsatz von Pferden, die den Körper des Verurteilten<br />

auseinander ziehen sollten, zu nennen; letzteres gelang keineswegs immer<br />

auf Anhieb, wie Foucault mit der Wiedergabe der zeitgenössischen Schilderung<br />

einer in Paris 1757 vollzogenen Vierteilung brutal vor Augen führt. 17<br />

14 Wie stark das Bürgerliche Gesetzbuch vom römischen Recht geprägt ist, zeigt sich an den sachenrechtlichen<br />

Regelungen zu wilden Tieren. Nach § 960 BGB sind wilde Tiere […] herrenlos, solange sie sich<br />

in der Freiheit befinden. […] Erlangt ein gefangenes wildes Tier die Freiheit wieder, so wird es herrenlos, wenn nicht<br />

der Eigentümer das Tier unverzüglich verfolgt (ähnlich Institutionen 2, 1, 12). Die §§ 961-964 BGB behandeln<br />

<strong>als</strong> Sonderfall „wilder“ Tiere Bienenschwärme und ihre sachenrechtliche Zuordnung (auch hier<br />

bestehen deutliche Parallelen zum römischen Recht, Institutionen 2, 1, 14). Einen Überblick zum<br />

Bienenrecht des BGB gibt Gergen, <strong>Natur</strong> und Recht 29 (2007), S. 466 f.<br />

15 Schulz, S., Die historische Entwicklung des Rechts an Bienen (§§ 961-964 BGB), Rechtshistorische Reihe,<br />

Bd. 79, Frankfurt a. M. 1990 = Diss. iur. Hamburg 1989; Schwendner, J., Handbuch zum Bienenrecht,<br />

Privatrecht und Öffentliches Recht, Kompendium der wichtigsten Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Bienenhaltung<br />

und den wichtigsten Entscheidungen der Rechtsprechung, München 1989.<br />

16 Vgl. nur Art. 193 Constitutio Criminalis Carolina (CCC), zit. nach Schroeder, F. C. (Hrsg.), Die<br />

Peinliche Gerichtsordnung Kaiser Karls V. und des Heiligen Römischen Reichs von 1532 (Carolina), Stuttgart<br />

2000: Vom schleyffen. Item wo durch die vorgemelten entlichen vrtheyl eyner zum todt erkent, beschlossen würde, daß<br />

der übelthätter an die richtstatt geschleyfft werden soll, So sollen die nachuolgenden wörtlin an der ander vrtheyl, wie<br />

obsteht, auch hangen, <strong>als</strong>o lautend, Vnd soll darzu auff die richtstatt durch die vnuernünfftigen thier geschleyfft werden.<br />

Dazu auch Laufs, Tier, S. 118 f.; Steppan, M., Das Tier im Recht – Opfer und Täter, in: Carlen, L. (Hrsg.),<br />

Forschungen zur Rechtsarchäologie und Rechtlichen Volkskunde, Bd. 19, Zürich 2001, S. 149, 167 ff.<br />

17 Foucault, M., Überwachen und Strafen, Die Geburt des Gefängnisses, 11. Aufl. Frankfurt a. M. 2008,<br />

S. 9 ff.<br />

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