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Natur als Grenzerfahrung - Oapen

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Von der (Über)Nutzung eines ökologischen und sozialen Raumes<br />

verliehenen Waldungen durfte nicht nach eigenem Gutdünken oder gar uneingeschränkt<br />

über die Holzreserven verfügt werden. Die Waldordnungen bestimmten<br />

zudem, dass auch in den Heimwaldungen und in verliehenen Waldungen, in denen<br />

Grubenbaue bestünden oder zukünftig aufgeschlagen werden sollten, „aus derselben<br />

lehensassen haimb- oder ausgezeigten hölzern holz darzue geslagen“ werden konnten. Die<br />

betroffenen Untertanen sollten für „ir müe unnd arbait […] durch die gedacht grueben<br />

oder derselben gwerckhen widerkert unnd bezallt werd(en).“ 60 Neben dieser finanziellen<br />

Entschädigung sollten die betroffenen Personen auch materiellen Ausgleich durch<br />

den Erhalt von Waldnutzungsrechten in anderen Gebieten erfahren. Obwohl die<br />

Landesfürsten an einer Balance zwischen wirtschaftlichen und sozialen Belangen<br />

interessiert schienen, lässt sich der schale Beigeschmack der Willkür nicht verbergen.<br />

Der Sozial- und Wirtschaftsraum Wald wurde immer stärker den Bedürfnissen<br />

des kapitalistisch orientierten Montanwesens untergeordnet und die Rechte der<br />

ansässigen Bevölkerung zusehends beschnitten.<br />

Ganze Gewerbezweige wie die Köhlerei, das Lörgetbohren oder die Enzianschnapsbrennerei,<br />

welche den Wald <strong>als</strong> Ressource nutzten, mussten mit harten<br />

Einschränkungen und teils rigiden Verboten leben. Besonders augenfällig wurde<br />

die ambivalente Haltung der Obrigkeiten in Sachen Waldschutz beim Thema der<br />

Waldweidenutzung. Für viele klein- und kleinstbäuerliche Familien sowie für die<br />

Söllleute stellte das Recht auf Eintrieb ihrer Nutztiere in den Wald eine existentielle<br />

Notwendigkeit dar. In Ermangelung von Almrechten oder ausreichenden Wiesenflächen<br />

bot der Eintrieb in die Waldweide, insbesondere in den ertragslosen Frühjahrs-<br />

und Winterszeiten, oft die einzige Möglichkeit zur Unterhaltung ihrer Tiere.<br />

Die Waldordnung des Jahres 1625 schrieb vor, dass die „gaiß in unssere wälder und<br />

maissen zuverderbung derselben nit getrieben sonndern hierynnen verschont, und zu bestem unnsern<br />

nuz gehayt werde[n].“ 61 Doch inwieweit die normative Ebene die gesellschaftliche<br />

Praxis beeinflusste oder zu reglementieren vermochte, bleibt fraglich, denn „[wo]<br />

der Wald […] zugunsten des Montanwesens entfremdet wurde, konnten die Forstordnungen<br />

in der Bevölkerung Gleichgültigkeit und Abwehr gegenüber dem Waldschutz<br />

erzeugen.“ 62 So scheint es nicht verwunderlich, wenn wir einem Bericht des<br />

Schwazer Bergrichters aus dem Jahre 1669 entnehmen, dass die Bauern zusehends<br />

die Waldordnung missachteten und ihre Kühe, Ziegen und Schafe auf die Waldweide<br />

führten. Der Bergrichter ließ daraufhin öffentlich und publikumswirksam<br />

verkünden, dass dieses Vorgehen gesetzeswidrig und daher einzustellen sei. Lediglich<br />

bei Personen, die sehr „arm od[er] mit villen kind[er]n begabet“ seien, wurde eine<br />

Lockerung der bestehenden Ordnung vollzogen. Solchen Personen sei erlaubt,<br />

60 TLA: HS 3596, unpag. (Innsbruck, 4. März 1625).<br />

61 TLA: HS 3596, unpag. (Innsbruck, 4. März 1625).<br />

62 Radkau: Holz, S. 100.<br />

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