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Natur als Grenzerfahrung - Oapen

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68 Elisabeth Breitenlechner, Marina Hilber, Alois Unterkircher<br />

zwei bis drei Tiere in den Wäldern zu halten, bestimmte der Bergrichter. 63 Obwohl<br />

diese Bestimmungen durch ein Mandat aus dem Jahre 1674 und die Waldordnung<br />

von 1685 bestätigt wurden, stellte die Maßnahme nur eine vorübergehende Ausnahme<br />

dar, die wohl vornehmlich darauf abzielte, die oft drückende Not der mittellosen<br />

Bevölkerung zu lindern und die sozialen Gegensätze im Montanrevier<br />

Schwaz zu entschärfen. 64 Wie vielen Personen dieses Sonderrecht zu Gute kam<br />

und wie wichtig es für das individuelle Überleben tatsächlich war, kann nur erahnt<br />

werden.<br />

Es ist anzunehmen, dass auch die Familien in unserer Untersuchungsregion am<br />

Kogelmoos ihre Tiere zu Weidezwecken in die umliegenden Wälder führten. Auch<br />

sie zählten <strong>als</strong> Angehörige der Gruppe der Bergarbeiter zu den weniger privilegierten<br />

Schichten im Schwazer Raum und konnten höchstens ein kleines Söllhäuschen<br />

ihr Eigen nennen. Eine der insgesamt drei kontinuierlich am Kogelmoos lebenden<br />

Geschlechter – die Familie Ertl 65 – besaß darüber hinaus eine nicht näher definierte<br />

Anzahl an Nutztieren. Im Jahre 1636 hatte Paul Ertl, ein Knappe aus der Fraktion<br />

Hof im Dorf Gallzein, die Liegenschaft am Kogelmoos gekauft. Sein Sohn<br />

Peter Ertl übernahm im Jahre 1663 das elterliche Gut, gab es jedoch bereits 1677<br />

mit allem Hab und Gut sowie den zuvor erwähnten Tieren an seinen Bruder Jacob<br />

weiter. Beide Brüder lassen sich <strong>als</strong> Knappen in der Grube „St. Sigmundt in<br />

Prannt“ in unmittelbarer Nähe zum Untersuchungsgebiet verorten, wo sie ihrer<br />

Beschäftigung <strong>als</strong> Lehenhäuer nachgingen. Das Gut der Familie Ertl umfasste eine<br />

Behausung, Hofstatt und einen Garten. Ferner gehörten zwei Grundstücke, davon<br />

ein von den Berggewerken verliehenes „Grob stainiges mit Holz verwaxnes Ertlgrundt“,<br />

welches in den Schutthalden des Bergreviers lag, zum Besitz der Knappenfamilie.<br />

Weitere Holznutzungsrechte sind nach heutigem Stand der Forschungen nicht<br />

verbrieft. Es drängt sich nun die Frage auf, ob und in welcher Weise das ca. 0,3 ha<br />

große Grundstück einen verwertbaren Ertrag abwarf und eine Überwinterung der<br />

Tiere ermöglichte. Zeugnisse darüber fehlen leider in der schriftlichen Überlieferung,<br />

doch könnten die Erträge des Grundstücks auch für andere Zwecke genutzt<br />

worden sein. Die Vegetation auf den Abraumhalden wies vermutlich einen hohen<br />

Anteil an Kiefern und Lärchen auf (siehe 2.2). Beide Baumarten kommen <strong>als</strong><br />

Energielieferanten für die Beheizung der Behausung in Frage. Auch für die In-<br />

63 TLA: HS 3802, fol. 41 1/8 – 41 5/8 (Schwaz, 10. September 1669): Waldsachen von den Gerichten<br />

Freundsberg Schwatz, Rottholz und Rattenberg, 1561–1719, hier: Ein guetachten und Consultation<br />

wegen der gaiß und waldungen in gericht Schwaz.<br />

64 Behlen: Holz: und Waldordnung, S. 36–43. 1789 wurde die Waldweidetätigkeit in Tirol für Ziegen<br />

und Schafe gänzlich untersagt. Spätere Waldordnungen (1839) und Landesgesetze (1852/1902) bestätigten<br />

dieses Verbot. Vgl. Stolz: Rechtsgeschichte, S. 428.<br />

65 Alle folgenden Angaben beziehen sich auf Hilber, M. / Kathrein, Y. / Unterkircher, A.: Historische<br />

und onomastische Betrachtungen zum Raum Kogelmoos – Versuch einer interdisziplinären Annäherung, in:<br />

Oeggl, K. / Prast, M. (Hg.): Die Geschichte des Bergbaus in Tirol und seinen angrenzenden Gebieten,<br />

Proceedings zum 3. Milestonemeeting des SFB HiMAT vom 23.-26.10.2008 in Silbertal, Innsbruck<br />

2009, S. 133-144.

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