Natur als Grenzerfahrung - Oapen
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Von der (Über)Nutzung eines ökologischen und sozialen Raumes<br />
Für die Zeit vor den schriftlichen Aufzeichnungen bedarf es einer zusätzlichen<br />
Volidierung dieser paläoökologischen und historischen Ergebnisse durch archäologische<br />
Quellen. Die für das Mittelalter im Gegensatz zur Römischen Kaiserzeit<br />
leicht erhöhten anthropogenen Bleiwerte lassen kein klares Bild des Bergbaues im<br />
Falkensteinrevier zu. So ist der Beginn und auch der weitere Verlauf des Bergbaues<br />
am Mehrerkopf besonders in dieser Zeit durch archäologische Studien zu klären,<br />
um das oben genannte paläoökologische Modell des Bergbaues mittels Pollen und<br />
Geochemie hinreichend zu definieren, bevor das Modell auch auf die Prähistorie<br />
anwendbar ist und Aussagen über vorgeschichtlichen Bergbau getroffen werden<br />
können.<br />
2.3 Ressource Holz: Der frühneuzeitliche Sozial- und Wirtschaftsraum<br />
Wald aus makro- und mikrohistorischer Perspektive<br />
Pollendiagramme und palynologische Interpretationsansätze erlauben uns einen<br />
ungeahnt tiefen Einblick in die Ökologie vergangener Jahrhunderte. Doch nicht<br />
nur solche – im weitesten Sinne – serielle Quellen lassen Rückschlüsse auf die<br />
Veränderung des Vegetationsmusters zu, auch anhand historischer Schriftquellen<br />
und ihrer qualitativen Analyse können Aspekte anthropogener Eingriffe in die<br />
<strong>Natur</strong> rekonstruiert werden. Während die Archäobotanik die Präsenz des Menschen<br />
nur über seine materiellen Niederschläge in den Torfproben oder die Zu-<br />
bzw. Abnahme der Siedlungszeiger und Kulturpflanzen zu fassen vermag, scheint<br />
es ein Privileg der sozialhistorischen Wissenschaft zu sein, den Menschen in seinem<br />
sozialen Gefüge sichtbar machen zu können.<br />
Die Veränderungen der Struktur und Zusammensetzung des Waldes wurden<br />
bereits einer eingehenden palynologischen Analyse unterzogen, doch lassen sich<br />
auch etwaige Reaktionen der Zeitgenossen rekonstruieren? Besitzt der Fragenkomplex<br />
der frühen Umweltgeschichte rund um die Existenz einer real erlebten<br />
oder von den Zeitgenossen überzogen formulierten und somit hochstilisierten<br />
Holznot 40 in unserem Untersuchungsgebiet überhaupt Relevanz? Diesen Problembereichen<br />
wollen wir nun aus historischer Perspektive nachspüren. Denn schließlich<br />
war in vorindustrieller Zeit kaum eine natürliche Ressource so „lebensnotwendig“<br />
wie das Holz, das in unzähligen Bereichen des täglichen Lebens <strong>als</strong> Bau- und<br />
Brennmaterial Verwendung fand. Neben dem Salinenwesen, der Glaserzeugung<br />
oder dem Brauwesen zählte insbesondere das Montanwesen zu den Hauptkonsumenten<br />
frühneuzeitlicher Waldbestände. Die zunehmende Dichte an Innovationen<br />
und technischen Neuerungen im Bereich des Montanwesens (Saigerprozess, Was-<br />
40 Siemann / Freytag: Umwelt, S. 7f.. Vgl. auch Radkau, J.: Zur angeblichen Energiekrise des<br />
18. Jahrhunderts: Revisionistische Betrachtungen über die „Holznot“, in: Vierteljahresschrift für Sozial- und<br />
Wirtschaftsgeschichte, Bd. 73, 1986, H. 1, S. 1-37. Radkau: Holz.<br />
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