Natur als Grenzerfahrung - Oapen
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Von der (Über)Nutzung eines ökologischen und sozialen Raumes<br />
In seinem Beitrag aus dem Jahre 1984 brachte Rolf-Jürgen Gleitsmann die<br />
umwelthistorische Dimension jeglicher Forschung zum historischen Bergbau mit<br />
folgenden Worten prägnant zum Ausdruck: „ ‚Wassernot und Wasserkünste‘ waren<br />
einer der zentralen Problembereiche des Montanwesens. Der Wald war der<br />
andere.“ 3 Demzufolge drängen sich daher auch bei einem montanhistorischen<br />
Forschungsprojekt wie HiMAT Fragen zum Einfluss der Montanwirtschaft auf die<br />
unmittelbare Umwelt sowie zur Nutzung und Sicherstellung der für die Grubenanlagen,<br />
die Fördertechnik und die Schmelzhütten der Bergbauunternehmer, aber<br />
auch für die vom Bergbau nur indirekt betroffenen Bevölkerungsteile relevanten<br />
Energieträger Holz und Kohle sowie des „Umweltmediums“ 4 Wasser geradezu<br />
auf. Folgerichtig wurde der Bezug zur Umweltgeschichte im Projekttitel ausdrücklich<br />
festgeschrieben.<br />
Nicht zum ersten Mal wird das Thema der Nutzung und Übernutzung von<br />
natürlichen Rohstoffen in den Fokus umwelthistorischer Forschungen gestellt. 5<br />
Auch der Zusammenhang von Waldnutzung und Montanwesen ist kein innovativer<br />
Zugang, sondern wurde bereits einer eingehenden Betrachtung und Evaluation<br />
unterzogen. 6 Nichtsdestotrotz wagen wir einen erneuten Blick auf diesen<br />
Problembereich der Montangeschichtsschreibung. Nachdem Siemann und Freytag<br />
in ihrem 2003 publizierten Beitrag zur geschichtswissenschaftlichen Ausrichtung<br />
der Umweltgeschichte den Anspruch formulierten, dass diese „geradezu zwingend<br />
[verlangt], die makro- und die mikrohistorische Blickrichtung zu vereinigen“ 7,<br />
scheint uns dieses Vorhaben auch durchaus legitim. Ihrem Postulat folgend wollen<br />
wir versuchen, mit Hilfe einer mikrohistorisch orientierten Betrachtungsweise das<br />
Montanrevier Schwaz besser fassen und die augenfälligsten Einflussnahmen des<br />
Menschen auf die <strong>Natur</strong> aus einer interdisziplinären Perspektive nachzeichnen zu<br />
können. Durch die Auswahl eines kleinräumlichen Gebietes und der zeitlichen<br />
Eingrenzung auf die Zeit des Abflauens der Bergbauintensität im 17. Jahrhundert<br />
sollte eine differenziertere Analyse umwelthistorisch relevanter Themenbereiche<br />
möglich sein. Denn, um mit den Worten Medicks zu sprechen: „Je höher die Ebene<br />
von Allgemeinheit, auf der ein Historiker vorgeht, desto spärlicher wird histori-<br />
3 Gleitsmann, R.-J.: Der Einfluß der Montanwirtschaft auf die Waldentwicklung Mitteleuropas. Stand und Aufgaben<br />
der Forschung, in: Kroker, W. / Westermann, E. (Hg.): Montanwirtschaft Mitteleuropas vom 12.<br />
bis 17. Jahrhundert. Stand, Wege und Aufgaben der Forschung, Bochum 1984, S. 24–39, hier S. 24.<br />
4 Siemann, W. / Freytag, N.: Umwelt – eine geschichtswissenschaftliche Grundkategorie, in: Siemann, W.<br />
(Hg.): Umweltgeschichte. Themen und Perspektiven, München 2003, S. 7–20, hier S. 8.<br />
5 Vgl. etwa entsprechende Detailuntersuchungen einzelner AutorInnen in den vorhergehenden beiden<br />
von Bernd Herrmann herausgegebenen Sammelbänden des Göttinger Graduiertenkollegs „Interdisziplinäre<br />
Umweltgeschichte“.<br />
6 Beispielsweise wurde der 4. Schwazer Montanhistorische Kongress unter das Oberthema „Holz“<br />
gestellt. Die Vorträge dieser Tagung sind publiziert in: Ingenhaeff, W. / Bair, J. (Hg.): Bergbau und<br />
Holz. Schwazer Silber 4. Internationaler Montanhistorischer Kongress Schwaz 2005, Innsbruck 2006.<br />
Vgl. auch die Monographie von Radkau, J.: Holz – Wie ein <strong>Natur</strong>stoff Geschichte schreibt, München 2007.<br />
7 Siemann / Freytag: Umwelt, S. 9.<br />
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