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Natur als Grenzerfahrung - Oapen

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Bergstürze kulturhistorisch betrachtet: Salzburg und Plurs im Vergleich<br />

die Häuser wurden hierbei stets mit ihren Besitzern genannt – anhand von 93 Legenden<br />

ausgewiesen, ehe die Darstellung mit dem Kolophon „Gedruckt zu Zürich<br />

/ bey Johann // Hardmeyer / 1618“ schloss. Sie ist eine nach dem Bergsturz<br />

entstandene Darstellung des Ortsbildes und entspricht einer „katastermässigen<br />

Rekonstruktion der Lage einzelner Grundstücke“ 59. Sie sollte helfen, die Hinterbliebenen<br />

zu finden, um ihnen die Möglichkeit zu geben, ihre Erbrechte geltend zu<br />

machen. Eine derartige Darstellung wurde während des großen Mönchsbergsturzes<br />

nicht angefertigt. Es gilt zu berücksichtigen, dass am 16. Juli 1669 „nur“ ein<br />

Teil der Stadt Salzburg ruiniert wurde.<br />

Die Angaben über die genaue Opferzahl des Bergsturzes von Plurs klaffen<br />

weit auseinander: In E. G. Happets Sammlung „Größeste Denkwürdigkeiten der<br />

Welt“ (1683) wird wie auch in den übrigen Berichten von 1.500 bis 2.100 Toten<br />

gesprochen. 60 Im Jahr 1618 verzeichnete Plurs etwa 1.000 Einwohner, in Chilano<br />

dürften weniger Menschen gelebt haben. 61 Da es kaum Überlebende gab, erscheint<br />

eine Opferzahl von ungefähr 1.200 Personen realistisch zu sein. Sie übersteigt die<br />

Zahl der beim großen Mönchsbergsturz zu Tode Gekommenen bei weitem.<br />

Bei den ausgewerteten Schriftstücken zum großen Mönchsbergsturz handelt es<br />

sich in erster Linie um Handschriften, die von Vertretern der Kirche in lateinischer<br />

Sprache verfasst worden waren; Ausnahmen bilden geschichtliche Darstellungen<br />

und Reiseberichte. Die Autoren der beiden Flugblätter sind unbekannt. Ähnlich<br />

dem Bergsturz von Plurs wurden die Berichte meist in Prosa festgehalten; sie sind<br />

häufig ähnlich aufgebaut. Über den großen Mönchsbergsturz wurden, ebenso wie<br />

über den Bergsturz von Plurs, Gedichte geschrieben. So erstellte ein Kirchenvertreter<br />

ein Epitaph, auch an einer Gedenktafel, die sich noch heute im St. Sebastiansfriedhof<br />

befindet, ist ein Klagespruch angebracht.<br />

6.2 Zur Deutung des Bergsturzes von Plurs<br />

Anders <strong>als</strong> der große Mönchsbergsturz wurde der Bergsturz von Plurs durch eine<br />

Prodigie angekündigt: Am Unglückstag soll ein Bauer in den Wald gegangen sein,<br />

um eine Tanne zu fällen. Als er merkte, „daß der Grund under ihm gewichen“ 62,<br />

ließ er von seiner Arbeit ab, um die BewohnerInnen von Plurs vor dem „kuenfftigen<br />

Undergang“ 63 zu warnen. Diese schenkten ihm jedoch keinen Glauben,<br />

59 Kahl: Plurs, S. 257.<br />

60 Vgl. Happet, E. G.: Größeste Denkwürdigkeiten der Welt, Bd. 4, Hamburg 1683, o. Presser: Berge,<br />

S. 23; vgl. auch Scaramellini: Piuro, S. 26-28.<br />

61 Vgl. Kahl: Plurs, S. 251.<br />

62 Bericht aus Cleven, 26. August 1618, zitiert nach Falappi, G. P.: Relazioni su Piuro dopo la frana, in:<br />

Scaramellini, G. / Kahl, G. / Falappi, G. P.: La frana di Piuro del 1618. Storia e immagini di una<br />

rovina, Piuro 1988, S. 107-374, 121.<br />

63 Falappi: Relazioni, S. 121.<br />

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