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Natur als Grenzerfahrung - Oapen

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Tiere sind keine Sachen<br />

menschlicher Charaktereigenschaften auf Tiere bis hin zu einer Rückübertragung<br />

geprägt ist.<br />

Da im Alltag kein Mensch auf die Idee käme, ein Haustier <strong>als</strong> Sache zu<br />

bezeichnen oder den beschriebenen Vorgang des Überfahrens einer Katze – juristisch<br />

korrekt – <strong>als</strong> eine Zerstörung fremden Eigentums zu bewerten, ist für die<br />

Gegenwart ein Widerspruch zwischen gesellschaftlicher Anschauung und rechtlicher<br />

Bewertung von Tieren zu konstatieren. 8 Im Folgenden soll uns aber die<br />

Rechtsstellung von Tieren im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit beschäftigen<br />

und insbesondere der Frage nachgegangen werden, ob und wenn ja, in welchen<br />

Kontexten das mittelalterliche und frühneuzeitliche Recht Tiere personifiziert hat.<br />

2 Ein Überblick über nicht einschlägige Themenkomplexe<br />

2.1 Tierschutz<br />

Im mittelalterlichen Recht begegnen uns Tiere, zumeist Nutz- und Haustiere, in<br />

ganz unterschiedlichen Kontexten, wobei der heute im Fokus der Gesellschaft<br />

stehende Tierschutz überhaupt keine Rolle spielte. Er ist ein Produkt der Aufklärung,<br />

bildete sich – zunächst eher schleppend – seit der Mitte des 18. Jahrhunderts<br />

aus und schlug sich im 19. Jahrhundert in ersten Regelungen zum Tierschutz<br />

nieder. 9<br />

8 Die Ursprünge unserer heutigen Rechtsanschauung beruhen auf der Rezeption des römischen<br />

Rechts. Der römisch-rechtlichen Dichotomie personae – res wurden alle Lebewesen und unbelebte<br />

Dinge zugeordnet, wobei nur freie Menschen personae waren, während Sklaven und Nutztiere <strong>als</strong> res<br />

galten. In der Neuzeit fand die aus dem römischen Recht stammende Tier-Sach-Theorie Aufnahme<br />

in die europäischen Rechtsordnungen, indem das „unvernünftige Tier“ nun mit der Sache gleichgesetzt<br />

wurde. Zur Diskussion im Zeitalter der Aufklärung vgl. nur Kant, I., Anthropologie in pragmatischer<br />

Hinsicht, 2. Aufl. Königsberg 1800, abgedruckt in: I. Kant, Werke in sechs Bänden, hrsg. von<br />

Weischedel, W., Bd. 6: Schriften zur Anthropologie, Geschichtsphilosophie, Politik und Pädagogik,<br />

Darmstadt 1983, S. 407: „Daß der Mensch in seiner Vorstellung das Ich haben kann, erhebt ihn<br />

unendlich über alle andere auf Erden lebende Wesen. Dadurch ist er eine Person und, vermöge der<br />

Einheit des Bewußtseins, bei allen Veränderungen, die ihm zustoßen mögen, eine und dieselbe Person,<br />

d.i. ein von Sachen, dergleichen die vernunftlosen Tiere sind, mit denen man nach Belieben<br />

schalten und walten kann, durch Rang und Würde ganz unterschiedenes Wesen.“ Vgl. weiter<br />

Laufs, A., Das Tier im alten deutschen Recht, in: Carlen, L. (Hrsg.), Forschungen zur Rechtsarchäologie<br />

und Rechtlichen Volkskunde, Bd. 7, Zürich 1985, S. 109, 122 ff.<br />

9 Nur am Rande sei erwähnt, dass das erste deutsche Tierschutzgesetz, das Tiere aus ethischen Gründen<br />

vor Quälerei und Misshandlung schützte, aus dem Jahre 1933 stammt. Mit der Aufnahme des<br />

Tierschutzes <strong>als</strong> Staatsziel in das Grundgesetz im Jahre 2002 ist Deutschland eines der ersten Länder<br />

Europas mit einem verfassungsrechtlich verankerten Tierschutz (Art. 20a GG: Der Staat schützt auch in<br />

Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen<br />

Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende<br />

Gewalt und die Rechtsprechung.). Zur Entwicklung des Tierschutzes in Deutschland vgl. Braun, S., Tierschutz<br />

in der Verfassung – und was nun? Die Bedeutung des neuen Art. 20a GG, DÖV 2003, S. 488-493;<br />

Erbel, G., Rechtsschutz für Tiere – Eine Bestandsaufnahme anlässlich der Novellierung des Tierschutzgesetzes,<br />

DVBl. 1986, S. 1235-1258; Maisack, C., Zum Begriff des vernünftigen Grundes im Tierschutzrecht, Das Recht<br />

der Tiere und der Landwirtschaft, Bd. 5, Baden-Baden 2007, S. 37 ff., 205 ff.; Pfeiffer, J. L., Das Tierschutz-<br />

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