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Natur als Grenzerfahrung - Oapen

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Maike Schmidt<br />

bergen in den ersten zwanzig Jahren des 18. Jahrhunderts entweder aufgrund von<br />

klimatischen Veränderungen oder durch Überfischung rückläufig waren. Die<br />

Grönlandfahrer verließen den Heimathafen des Schiffes nun nicht mehr nur im<br />

Frühjahr, um zwischen Mai und Juli die Wale vor Spitzbergen zu fangen, sondern<br />

auch im Spätsommer oder Herbst, um in den westgrönländischen Häfen zu überwintern.<br />

Der Walfang fand dann im Frühjahr des nächsten Jahres statt. Eine Möglichkeit<br />

zur Aufbesserung der Fangerträge lag im Robbenschlag, vor allem, da die<br />

Robbenjungen im März und April noch weißes Fell besaßen. Wenn sich die Gelegenheit<br />

bot, wurde auch Jagd auf Walrösser und Eisbären gemacht.<br />

Profitabel war der Walfang vor allem aufgrund der dicken Speckschicht der<br />

Wale. Ausgekocht ergab der W<strong>als</strong>peck Tran, der wie das aus einer Schädelraumhöhle<br />

des Pottw<strong>als</strong> gewonnene Walratöl <strong>als</strong> Brennstoff für Lampen und Laternen<br />

sowie für die Herstellung von Kerzen diente. Die Barten der Bartenwale wie Grönlandwal<br />

oder Nordkaper wurden unter anderem zu Reifröcken, Miedern, Korsagen,<br />

Regen- und Sonnenschirmen, Peitschenstielen oder zu Werkzeugen weiterverarbeitet.<br />

Der Narwal wurde aufgrund seines etwa sieben Meter langen elfenbeinartigen,<br />

sehr begehrten Stoßzahns gejagt. Kieferknochen und Rippen der Wale, aus<br />

denen während der Reise sehr reiner Tran tropfte, wurden von der Besatzung zum<br />

Teil mit in die Heimat genommen und dienten dort <strong>als</strong> Holzersatz bei der Herstellung<br />

von Zäunen und Hecken. Aufgrund ihrer guten Verwertbarkeit bezeichnete<br />

man die Wale auch <strong>als</strong> „Gold des Eismeers“ 3; das Fleisch der Wale warfen die Grönlandfahrer<br />

allerdings meistens ungenutzt über Bord.<br />

Der Nutzen, den die <strong>Natur</strong> für die Menschen barg, hatte jedoch auch seinen<br />

Preis: Das nördliche Eismeer stellte einen Grenzraum dar, der nur unter größten<br />

Anstrengungen bezwungen werden konnte. Der Walfang, der von kleinen Schaluppen<br />

aus im offenen Meer betrieben wurde, stellte genauso ein Risiko dar wie<br />

Sturm und Eis, mit denen die Grönlandfahrer auf ihrer Reise zu kämpfen hatten.<br />

Nicht zuletzt konnte auch die Mangelernährung auf den Schiffen zum Tode führen.<br />

Von diesen Ereignissen berichten vor allem die Schiffsjournale, Reiseberichte<br />

und Lebensbeschreibungen der Grönlandfahrer. Hier werden die Erfahrungen mit<br />

den arktischen Lebensbedingungen ebenso eindrücklich beschrieben wie der Kontakt<br />

zu den Grönländern.<br />

3 Mehl, H.: Grönlandfahrt und Walfangschiffe, in: ders. (Hg.): Historische Schiffe in Schleswig-Holstein.<br />

Vom Nydamboot zur Gorch Fock. (Volkskundliche Sammlungen 7), Heide 2002, S. 52.

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