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Natur als Grenzerfahrung - Oapen

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Marcus Stippak<br />

schen Bevölkerungs- und Flächenwachstums konnten so bis zum Beginn des<br />

20. Jahrhunderts aufgefangen oder zumindest abgemildert werden.<br />

Die sich nun anschließenden Ausführungen verfolgen das Ziel, die Rahmenbedingungen<br />

für eine – nicht nur unter hygienischen Gesichtspunkten – während<br />

des 19. Jahrhunderts vollzogene Grenzziehung zwischen Mensch und <strong>Natur</strong> zu<br />

analysieren. Dies geschieht mit Blick auf die Modifikation kommunaler Einrichtungen<br />

zur Wasserversorgung, welche darauf abzielte, Versorgungsengpässe künftig<br />

ausschließen zu können. 9 Vom Untersuchungsgegenstand städtische Wasserversorgung<br />

ausgehend thematisiere ich, wie die damaligen Akteure einerseits <strong>Natur</strong>,<br />

andererseits Technik wahrgenommen und folglich genutzt haben. Zu problematisieren<br />

ist hierbei, welche Art von <strong>Grenzerfahrung</strong> einer Grenzsetzung tatsächlich<br />

voranging. Ferner ist zu hinterfragen, inwiefern hygienische Belange in diesem<br />

Kontext zum Tragen kamen. Des Weiteren ist darauf zu achten, inwieweit sich die<br />

Art und Weise, wie <strong>Natur</strong> wahrgenommen und genutzt wurde, nach der Grenzziehung<br />

veränderte. Neben dem technischen „Systemwechsel“ ist weiterhin die von<br />

Dirk van Laak aufgeworfene Frage zu erörtern, ob und inwieweit mit der neuen<br />

Grenzziehung auf längere Sicht Handlungsfreiheiten und -zwänge einhergingen. 10<br />

Die genannten Punkte erörtere ich anhand von Ereignissen und Entwicklungen,<br />

wie sie in deutschen Städten in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu be-<br />

obachten waren. Besondere Berücksichtigung erfahren hierbei die damaligen Mittelstädte<br />

Darmstadt und Dessau, mit deren historischer Entwicklung ich mich an<br />

anderer Stelle gewinnbringend auseinandergesetzt habe. 11<br />

2 Stadt und Stadttechnik um 1900<br />

Im Jahre 1899 präsentierte die einschlägige Fachzeitschrift „Der Gesundheits-<br />

Ingenieur“ ihren Lesern eine eindrucksvolle Bilanz. Unter Verweis auf einen ins<br />

Deutsche übersetzten Vortrag des in New York tätigen Ingenieurs Paul Gerhard,<br />

informierte die Zeitschrift unter der Überschrift „Ein halbes Jahrhundert der<br />

Sanierung“ über umwälzende und einschneidende Veränderungen: Durch „die<br />

modernen Gesundheitslehren wurde es erkannt, dass die Gesundheit einer Stadtgemeinde<br />

zum nicht geringen Teil von dem Bau großer sanitärer Anlagen abhängt,<br />

unterstützt von gesundheitlichen Einrichtungen in Haus und Werkstatt“. Nachdem<br />

man herausgefunden habe, „dass man gegen Krankheit und Tod kämpfen kann,<br />

wenn dieselben durch verunreinigtes Wasser, verpestete Luft, schlechte Nahrung,<br />

unreinen Boden, Anhäufung von Schmutz im allgemeinen und Vernachlässigung<br />

der Reinlichkeit zu entstehen drohen“, habe man in der „allgemeinen Gesund-<br />

9 Die Schwerpunktsetzung zugunsten der Wasserversorgung resultiert aus dem hier zur Verfügung<br />

stehenden Rahmen.<br />

10 Laak, D. van: Infra-Strukturgeschichte, in: GG, 2001, S. 367-393.<br />

11 Stippak: Wasserversorgung (Anm. 2).

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