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Natur als Grenzerfahrung - Oapen

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Wale, Eis und ‚Boreas Gewalt‘<br />

2 Die <strong>Natur</strong>erfahrungen während der Grönlandfahrt<br />

2.1 Die Gefahren des Eises und des Nordwindes<br />

Die genaue Beobachtung der <strong>Natur</strong> war für die Grönlandfahrer außerordentlich<br />

wichtig. Die Commandeure konnten aufgrund ihrer Erfahrung die <strong>Natur</strong>ereignisse<br />

meistens richtig einordnen und so Gefahren für die Besatzungsmitglieder und das<br />

Schiff umgehen. Für die Grönlandfahrer hatte das Treibeis im nördlichen Eismeer<br />

mehrere Bedeutungen: Einerseits bedeutete das Erreichen der Eisgrenze, dass die<br />

Besatzungsmitglieder mit den Vorbereitungen des Walfangs beginnen konnten.<br />

Darüber hinaus versprachen Eisfelder und Eisschollen, dass sich Wale in dem<br />

Gebiet aufhielten. Andererseits stellten die Eismassen ein großes Risiko für die<br />

Grönlandfahrer dar. Immer wieder kam es vor, dass Schiffe trotz der verstärkten<br />

Schiffsrümpfe von den Eismassen zerdrückt wurden. Waren keine anderen Schiffe<br />

in der Nähe, die die Besatzungsmitglieder aufnehmen konnten, gab es nur in den<br />

seltensten Fällen noch eine Rettung. Alleine im Jahr 1777, dem Katastrophenjahr,<br />

gingen 14 Schiffe der Grönlandfahrer verloren.<br />

In den meisten Schiffsjournalen, die zum Beispiel auf Schiffen des Königlich<br />

Grönländischen Handels (KGH) von den Commandeuren oder Steuerleuten geführt<br />

wurden und neben navigatorischen Informationen auch – zur Rechtfertigung<br />

vor der Handelsgesellschaft – Informationen über den Fortgang des Walfangs<br />

enthielten, ist das Erreichen der Eisgrenze durch einen eigenen Eintrag markiert.<br />

So heißt es am 11.11.1781 bei Arfst Ercken, der <strong>als</strong> Commandeur den Namen<br />

Adrian Dircks trug: „Zur 8 uhr sahen wir den Ersten Eis Berg.“ 4 In den folgen Tagen<br />

berichtet er von weiteren Eisbergen und Eisschollen. Im Eintrag vom 17.11.1781<br />

heißt es sogar: „Nun haben wir ein Ganzes: Etmahl Dorch [ein Etmal entspricht der<br />

Zeit von Mittag bis zum nächsten Mittag] viel Eis Bergen und dito Schossen geseegelt – an<br />

ÿetzo wieder raumt wasser.“ 5 Auch der Schiffschirurg Friedrich Gottlob Köhler hebt<br />

das Erreichen der Eisgrenze hervor: „Unsere Fahrt ging sehr glücklich, bis wir endlich am<br />

15ten Tage unserer Reise, am 3ten Ostertage, den 7. April, das erste Eis erblickten, das wir<br />

mehrere Stunden vorher am Himmel schon gesehen hatten. Es war jedoch nur kleines Treibeis,<br />

das sich an demselben Tage wieder verlor.“ 6 Bei der Rückfahrt aus dem Eis wird die Eis-<br />

4 Ercken, A.: Jurnaal: Gehalten auf daß Schif Gootthaab Dorch Commandör Adrian Dircks [Arfst Ercken] auß<br />

gehende in 1781: den 14 September von Copenhagen nach strasse David. 1782, 11.11.1781. Die Grönlandfahrer<br />

änderten in den niederländischen Ausgangshäfen oft ihre Namen und behielten diese auch bei, „denn<br />

unsere Föhringer Namen klangen den Holländern nicht gut, und sie spotteten darüber, […].“ Eschels, J. J.: Lebensbeschreibung<br />

eines alten Seemannes, von ihm selbst und zunächst für seine Familie geschrieben. Nachdruck der<br />

Ausgabe von 1835, Husum 1983, S. 2.<br />

5 Ercken: Jurnaal, 17.11.1781.<br />

6 Köhler, F. G.: Reise ins Eismeer und nach den Küsten von Grönland und Spitzbergen im Jahre 1801 nebst einer<br />

genauen Beschreibung des Walfischfanges. Mit zwei Kupfertafeln, Leipzig 1820, S. 12. Der Eintrag hat hier<br />

zusätzliche eine besondere Stellung dadurch, dass ein Datum genannt wird und dass nach diesem<br />

Eintrag ein neues Kapitel der Reisebeschreibung beginnt.<br />

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