08.12.2012 Aufrufe

Natur als Grenzerfahrung - Oapen

Natur als Grenzerfahrung - Oapen

Natur als Grenzerfahrung - Oapen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

204<br />

Maike Schmidt<br />

grenze ebenfalls durch eigene Einträge markiert, so dass diese Eisgrenze <strong>als</strong><br />

physische Grenze zwischen zwei Räumen aufgefasst werden kann.<br />

Das Eis machte den Grönlandfahrern aber nicht nur im Meer zu schaffen;<br />

auch auf den Schiffen selber hatten die Besatzungsmitglieder mit ihm zu kämpfen:<br />

„Hetten 13 graden frost, weßhalber daß schif gantz mit Eis belegt wahr.“ 7 Das Eis musste<br />

dann von den Besatzungsmitgliedern von dem Schiff und allen Ausrüstungsgegenständen<br />

geklopft werden, um sie intakt zu halten und Unfälle zu vermeiden. Da<br />

die Überfahrt des Schiffes von Arfst Ercken nach Grönland aufgrund schlechter<br />

Winde länger <strong>als</strong> üblich dauerte, machten nicht nur die Temperatur- und Eisverhältnisse<br />

den Besatzungsmitgliedern zu schaffen, sondern auch die ausgehenden<br />

Wasservorräte: „Hetten heute unser roder doch ziemLich Loß vom Eise, daß wir Es meisten<br />

an bohrdt bekommen könte, den wir müsten alle wachten h<strong>als</strong>sen vor Eis. Sahen aber nur Eintzle<br />

Eis Bergen, welche auch baldt unmöglich wahr um beÿ Nacht zeiten so meÿden, welche durch<br />

Gottes Hölfe unser Glück ist om sie nicht an so treffen. Daß schif ist anjetzu kein schif mehr<br />

Gleiche, sonder ein Eis berg, den es ist von onten bis oben zum flügel knap mit Eis angefüllet,<br />

daß die bestendige ab arbeitong von der Manschaft weinig gegen das anmehren Erstatten solle.<br />

Anjetzo Lieget der halbe manschaft von schwachheit in der Koÿ. Haben uns Lestes wasser auf wo<br />

wir beÿ kommen könte.“ 8<br />

Nicht nur das Eis bedrohte den glücklichen Ausgang der Reise, auch Stürme<br />

und Unwetter konnten den Walfangschiffen so zusetzen, dass die Fahrt abgebrochen<br />

werden musste, die Schiffe weit von ihrem Kurs abgetrieben wurden oder<br />

sogar nicht mehr zu retten waren. Arfst Ercken berichtet beispielsweise in seinem<br />

Schiffsjournal vom Winterwalfang 1781/82, dass das Bramsegel am 11. Oktober<br />

1781 im Sturm riss: „Donker und regen wetter mit hart annehmende köhling und ein voriabel<br />

See aus Westen. Om 10 uhr riß unser Groß Bramseegel von unten bis oben Entzweÿ, daß es<br />

nicht so brauchen wahr. Ließ es gleich ab holen und daß Vorbramsegel fast machen und daß<br />

wetter fiel so hart ein daß wir alle reffen in uns marseegels nehmen müste.“ 9 Als die Grönlandfahrer<br />

unter ihrem Commandeur Arfst Ercken endlich die Nähe Grönlands erreicht<br />

hatten, wurde Schiffsrat gehalten, um über das weitere Vorgehen zu beraten,<br />

denn ihr ursprüngliches Ziel – die Disko-Bucht – lag noch weit entfernt. Im<br />

Schiffsjournal wird für diese Quellengattung sehr ausführlich über die Beweggründe<br />

und die Entscheidung der Offiziere berichtet, da dieser Eintrag ihr Verhalten<br />

vor dem Königlich Grönländischen Handel rechtfertigen sollte. Im Journal heißt<br />

es: „Ließ ich der Manschaft welche gesondt war alle auf Deck roffen und Weiter mit meine<br />

offieciers rath so halten, da ich vorher ihren willen und verlangen woll bekant war, Doch so fra-<br />

7 Ercken: Jurnaal, 28.11.1781. Die Temperatur wurde in Grad Réaumur angegeben, wobei -13°Ré<br />

umgerechnet -16,25°C entsprechen. Das war aber keinesfalls die kälteste gemessene Temperatur auf<br />

dieser Reise. Am 2. März 1782 trug Ercken eine Temperatur von -18° Ré in sein Schiffsjournal ein,<br />

was wiederum -22,5° C entspricht.<br />

8 Ebd., 5.12.1781. Aus den Einträgen der nächsten Tage wird deutlich, dass noch drei Fässer mit<br />

Wasser an Bord waren, die aufgrund des Wetters aber nicht erreicht werden konnten.<br />

9 Ebd., 11.10.1781.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!