Stenografischer Bericht 130. Sitzung - Deutscher Bundestag
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(B)<br />
15312 <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 17. Wahlperiode – <strong>130.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 29. September 2011<br />
(A)<br />
Joachim Spatz<br />
der Einführung von so etwas wie Rule of Law sind, alles Entwicklung des Landes muss im Vordergrund stehen. (C)<br />
von einer überaus rudimentären Basis ausgehend. Es geht vor allem um die Stärkung der landwirtschaft-<br />
Es ist offensichtlich, dass es dabei Probleme geben<br />
wird – seien wir nicht naiv! –; denn auch wenn der Umbau<br />
der SPLA zu einer Parteiorganisation erfolgt ist, so<br />
lichen Ressourcen, die das Land hat. Ich bin davon überzeugt,<br />
dass das neue UN-Mandat an dieser Stelle einen<br />
wesentlichen Beitrag leisten kann.<br />
ist sie im Moment doch die allein regierende Partei, mit Die Kritik, dass die militärische Komponente vor al-<br />
all den Risiken, die einem solchen System innewohnen. lem von afrikanischen Staaten gestellt wird, kann ich<br />
Deshalb ist klar, dass wir bei der weiteren Umsetzung nicht teilen. Die internationale Gemeinschaft hat sich<br />
der Mission ein besonderes Augenmerk auf die Dinge eine Regel der Afrikanischen Union zu eigen gemacht<br />
richten müssen, deren Beachtung wir in der westlichen hat, die besagt: „African Solutions for African People“.<br />
Wertegemeinschaft erwarten, nämlich auf den Minder- Dadurch kommt – jedenfalls aus afrikanischer Sicht –<br />
heitenschutz und die Garantie der Menschenrechte. zum Ausdruck, dass die militärische Komponente<br />
Es ist nicht so leicht, aus den vielen Kämpfern, die<br />
während der Zeit des Bürgerkrieges im Süden gekämpft<br />
haben, Bauern zu machen. Das heißt, die Demilitarisierung,<br />
die Entwaffnung weiter Teile der Kämpfer wird ein<br />
erhebliches Maß an Anstrengungen – auch, aber nicht<br />
nur finanzieller Art – erfordern. Der internationalen Gemeinschaft<br />
ist also dringend zu raten, hier mit erheblichen<br />
Mitteln einzusteigen.<br />
Einige Teile des Comprehensive Peace Agreement,<br />
das die Grundlage für die Unabhängigkeit des Südens<br />
bildete, sind natürlich noch nicht umgesetzt. Da geht es<br />
schwerpunktmäßig durch afrikanische Truppen abgedeckt<br />
wird und dass wir uns auf das Thema Aufbau<br />
ziviler Strukturen im administrativen und im wirtschaftlichen<br />
Bereich konzentrieren. Für die militärische Komponente,<br />
an der sich Deutschland beteiligt – die Entsendung<br />
von 50 Soldaten –, werben wir um Zustimmung.<br />
Wir werben insgesamt um die Zustimmung zu dieser<br />
Mission.<br />
Danke schön.<br />
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)<br />
um die Aufteilung der Ressourcen, vor allem des Öls,<br />
die endgültige Grenzziehung und viele andere Themen.<br />
Auch diese Punkte werden auf der Tagesordnung bleiben;<br />
auch hier tut die internationale Gemeinschaft gut<br />
daran, das Augenmerk weiterhin darauf zu richten.<br />
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:<br />
Für die SPD hat jetzt das Wort der Kollege Christoph<br />
Strässer.<br />
(Beifall bei der SPD)<br />
Im Übrigen sollte klar sein, dass wir beide Seiten des<br />
Konflikts in Sudan wahrnehmen müssen, wenngleich der<br />
verbleibende Teil des Sudan ein religiös sehr einseitig geprägtes<br />
Land sein wird, das mit Recht als Teil der Entwicklung<br />
im arabischen Raum gesehen werden muss.<br />
Natürlich steht die Beantwortung einiger Fragen auf<br />
dem Plan, vor allem, was den Norden des Sudan betrifft.<br />
Es stellt sich zum Beispiel die Frage: Wie wollen wir uns<br />
dem Thema Entwicklungszusammenarbeit nähern? Ich<br />
will deutlich sagen: Die Vorstellungen, die wir haben,<br />
gehen so weit, wie man informell – also unterhalb der<br />
Regierungsebene, unterhalb einer offiziellen Ebene – gehen<br />
kann, aber eben auch nicht weiter; denn nach wie<br />
vor hat der Sudan einen Präsidenten, der international<br />
gesucht wird. Nach wie vor ist aufgrund der Haltung der<br />
regierenden National Congress Party, was das Thema<br />
Teilhabe an Wohlstand und an politischer Macht – gerade<br />
der Peripherie, ich nenne die Stichworte Darfur,<br />
Kurdufan, Blue Nile – betrifft, noch nicht absehbar, ob<br />
irgendeine Art von Bewegung in Richtung Ausgleich erfolgt.<br />
Wie gesagt: Alles, was man unterhalb dieser<br />
Ebene tun kann, muss getan werden. Das sind wir den<br />
Menschen, auch im Norden des Sudan, schuldig.<br />
Die Schwelle des regierungsamtlich Offiziellen sollte<br />
nicht überschritten werden. Im Gegenteil: Wir müssen<br />
prüfen, ob in den nächsten Jahren bei den Themen<br />
Schuldenerlass und wirtschaftliche Entwicklung nicht<br />
doch Verhandlungsmöglichkeiten gegeben sind, um<br />
auch im Norden des Sudan auf eine ausgleichende Lösung<br />
hinzuwirken. Im Übrigen gilt auch hier – um noch<br />
einmal auf den Süden einzugehen –: Die wirtschaftliche<br />
Christoph Strässer (SPD):<br />
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich<br />
finde es bemerkenswert, dass das Thema Sudan innerhalb<br />
von drei Monaten viermal auf der Tagesordnung<br />
des Deutschen <strong>Bundestag</strong>es steht. Das Land hat es verdient,<br />
dass wir uns mit ihm beschäftigen, aber ich<br />
glaube, es wäre uns allen lieber, wenn die Situation eine<br />
andere wäre. Aber die Situation ist, wie sie ist.<br />
Die Tatsache, dass wir heute über das neue UNMISS-<br />
Mandat abstimmen werden – ich füge hinzu: die SPD-<br />
Fraktion wird zustimmen –, ist ein Beleg dafür, dass wir<br />
die Entwicklung in diesem Land und in dieser Region<br />
ernst nehmen. Wir wollen nicht, dass sich der Sudan und<br />
sein ohnehin fragiles Umfeld in einer Weise entwickeln,<br />
dass die Menschen von der Entwicklung genauso wenig<br />
profitieren wie die Menschen in den Regionen am Horn<br />
von Afrika, in Somalia, Äthiopien und Eritrea.<br />
Ich sage das deshalb – vielleicht ist Ihnen das nicht<br />
bekannt –, weil das World Food Programme heute eine<br />
sogenannte Warnung herausgegeben hat. Es hat davor<br />
gewarnt, dass in mindestens zehn Regionen des Südsudan<br />
im Jahr 2012 eine Hungersnot ausbrechen könnte,<br />
und das in einem Land, das fruchtbar ist, das seine Bevölkerung<br />
selbst ernähren könnte und in dem viele Voraussetzungen,<br />
von denen andere afrikanische Länder<br />
nur träumen können, gegeben sind.<br />
Was bedeutet das für unsere heutige Diskussion? Wir<br />
stimmen hier im Deutschen <strong>Bundestag</strong> über den Einsatz<br />
der Bundeswehr ab. Dieser Einsatz der Bundeswehr ist<br />
– das sollten wir wahrnehmen; diese Chance sollten wir<br />
(D)