31.12.2012 Aufrufe

Stenografischer Bericht 130. Sitzung - Deutscher Bundestag

Stenografischer Bericht 130. Sitzung - Deutscher Bundestag

Stenografischer Bericht 130. Sitzung - Deutscher Bundestag

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

(B)<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 17. Wahlperiode – <strong>130.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 29. September 2011 15435<br />

(A) fentlichen Dienstes und Privatisierungen von öffentlistaaten, durch die die Finanzstabilität in der Währungs- (C)<br />

chen Gütern führen zu mehr Arbeitslosigkeit, weniger union insgesamt sichergestellt werden, ermöglicht wer-<br />

Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen und damit den.<br />

in die Rezession. Die unsägliche Neiddebatte vor allem<br />

gegenüber Griechenland ist ein Schlag ins Gesicht all<br />

derer, die vor, in und nach der Krise unter der hohen Arbeitslosigkeit<br />

und den niedrigen Löhnen in vielen Ländern<br />

Europas leiden.<br />

Betonen möchte ich jedoch, dass – wie im Entschließungsantrag<br />

meiner Fraktion ausgeführt (Drucksache<br />

17/7175) – ich die von der Regierungskoalition vorgelegten<br />

Maßnahmen zur Bewältigung der derzeitigen<br />

Krise zwar als erforderlich, aber nicht für hinreichend<br />

Europa ist kein armer Kontinent – bei strikter Regu- erachte. Insbesondere sind weitere Maßnahmen zur Relierung<br />

der Finanzmärkte, einer konsequenten Verfolgulierung des Finanzsektors, die Einführung einer Figung<br />

von Steuerhinterziehung, echter Umverteilung nanztransaktionsteuer sowie die Schaffung von wirksa-<br />

durch wesentlich höhere Besteuerungen großer Vermömen Wachstumsimpulsen nötig.<br />

gen und Einkommen und den Verzicht auf kostspielige<br />

Rüstungsprojekte wären die Staatshaushalte relativ einfach<br />

zu sanieren. Dafür steht die Linke.<br />

Ich verbinde meine Zustimmung mit der Erwartung,<br />

dass bei der vorgesehenen Einrichtung des dauerhaften<br />

Stabilitätsmechanismus ESM die Frage der Parlamentsbeteiligung<br />

verfassungskonform gelöst wird und die<br />

weiteren erforderlichen Schritte zur Krisenbewältigung<br />

gegangen werden.<br />

Swen Schulz (Spandau) (SPD): Ich stimme dem<br />

Gesetzentwurf zu, möchte aber auf erhebliche Bedenken<br />

hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der vorgesehenen<br />

Parlamentsbeteiligung im Rahmen des europäischen Stabilisierungsmechanismus<br />

hinweisen.<br />

Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen meines Erachtens<br />

insbesondere in folgenden Punkten:<br />

Ich halte die Übertragung der Entscheidungsbefugnis<br />

des Plenums auf einzelne Mitglieder des Haushaltsausschusses<br />

– gemäß § 3 Abs. 3 StabMechGÄndGE – für<br />

äußerst problematisch. Die Budgethoheit liegt beim<br />

<strong>Bundestag</strong> als Ganzem. Eine Delegation dieser Befugnis<br />

auf den Haushaltsausschuss und noch weiter auf einige<br />

wenige – deren Status bislang nicht geklärt ist – verhindert<br />

die im Grundgesetz – Art. 38 Abs. 1 Satz 2 – garantierte<br />

Beteiligung aller Abgeordneten am parlamentarischen<br />

Willensbildungsprozess.<br />

Daneben sieht das StabMechGÄndGE für bestimmte<br />

Fälle regelmäßig eine – von der Bundesregierung definierte<br />

– besondere Eilbedürftigkeit und Vertraulichkeit<br />

vor, sodass automatisch statt dem Plenum nur einige wenige<br />

Abgeordnete an Entscheidungen, die zum Teil Garantien<br />

in großem Umfang betreffen, beteiligt werden.<br />

Eine Eilbedürftigkeit oder Vertraulichkeit im Hinblick<br />

auf Entscheidungen über vorsorgliche Maßnahmen oder<br />

für Kredite zur Rekapitalisierung von Finanzinstituten,<br />

wie sie das Gesetz vorsieht, halte ich für nicht zwingend<br />

gegeben.<br />

Darüber hinaus ist die Pflicht der Bundesregierung<br />

zur umfassenden und frühestmöglichen Unterrichtung<br />

des <strong>Bundestag</strong>es und des Bundesrates im Grundgesetz<br />

garantiert – Art. 23 Abs. 2 Satz 2 GG. Im StabMech-<br />

GÄndGE – § 5 Abs. 7 – wird jedoch von „Unterrichtungsrechten“<br />

gesprochen und somit impliziert, dass es<br />

in der Hand der Bundesregierung liegt, zu entscheiden,<br />

ob und wann sie das Parlament unterrichtet. Diese Beschränkung<br />

der Unterrichtung auf einzelne Abgeordnete<br />

halte ich für verfassungswidrig.<br />

Trotz der verfassungsrechtlichen Bedenken erscheint<br />

mir die Zustimmung zum Gesetzentwurf zwingend, da<br />

durch die Anpassung der Gewährleistungsermächtigung<br />

die auch weiterhin erforderlichen Notmaßnahmen zum<br />

Erhalt der Zahlungsfähigkeit einzelner Euro-Mitglied-<br />

Dr. Patrick Sensburg (CDU/CSU): Ich stimme dem<br />

Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Übernahme von<br />

Gewährleistungen im Rahmen eines europäischen Stabilisierungsmechanismus<br />

trotz massiver sachlicher Bedenken<br />

zu.<br />

Ausschlaggebend für mein Stimmverhalten sind die<br />

verantwortungslosen Alternativen der Opposition, welche<br />

die Aufgabe der deutschen Haushaltsverantwortung<br />

bedeuten würden. Zwischen dem falschen Weg, den Peer<br />

Steinbrück in seiner heutigen Rede dargestellt hat, und<br />

des aus meiner Sicht noch unzureichend ausgestalteten<br />

EFSF und einem noch unklaren ESM ist die Zustimmung<br />

zur Ertüchtigung des EFSF der verantwortungsvollere<br />

Beitrag.<br />

Ein stabiles Europa fußt auf einem stabilen Euro.<br />

Seine Stabilität liegt deshalb im tiefsten deutschen Interesse.<br />

Die bisherigen Versuche, den Euro dauerhaft zu<br />

stabilisieren, sind gescheitert. Der Stabilitäts- und<br />

Wachstumspakt hat nicht dazu geführt, Verstöße gegen<br />

Stabilitätskriterien wirkungsvoll zu sanktionieren. Auch<br />

die im Mai 2010 vom <strong>Bundestag</strong> beschlossenen Hilfen<br />

für Griechenland führten nicht etwa zu einer Stabilisierung<br />

der Situation. Entgegen der formulierten Erwartungen<br />

ist es Griechenland bis heute nicht gelungen, an den<br />

Kapitalmarkt zurückzukehren. Griechenland wird es<br />

auch durch die Maßnahmen, die wir einfordern, in absehbarer<br />

Zeit nicht schaffen, an die Kapitalmärkte zurückzukehren.<br />

Griechenland wird nach meiner Überzeugung<br />

nicht um eine Insolvenz herumkommen, und wir<br />

müssen Griechenland hierbei helfen und die notwenigen<br />

Mechanismen zur Verfügung stellen.<br />

Auch die derzeitige Konstruktion des Euro-Stabilisierungsfonds<br />

EFSF kann nach meiner Überzeugung auf<br />

Dauer nicht zu der notwendigen Stabilisierung führen.<br />

Er löst weder das Verschuldungsproblem, noch wird ein<br />

überzeugendes Anreizsystem zur Schuldenvermeidung<br />

in den Euro-Staaten geschaffen. Im Ergebnis ermöglicht<br />

der EFSF neue Kreditzahlungen. Wenn das Problem in<br />

der zu hohen Verschuldung einiger Staaten der Euro-<br />

Zone besteht, vergrößern wir das Problem durch weitere<br />

(D)

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!