Stenografischer Bericht 130. Sitzung - Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 17. Wahlperiode – <strong>130.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 29. September 2011 15283<br />
(A)<br />
Minister Dr. Norbert Walter-Borjans (Nordrhein-Westfalen)<br />
Gegen jedes Gerechtigkeitsempfinden verstößt aus mei- auch einen erheblichen Druck der Schweiz auf die deut- (C)<br />
ner Sicht, dass man, was die Wiedergutmachung in krasschen Verhandlungspartner gegeben hat, indem deutlich<br />
sesten Fällen betrifft, weit hinter dem zurückbleibt, was gemacht wurde, bei welchem Punkt das Ende der Fah-<br />
ein ehrlicher Steuerzahler hätte zahlen müssen.<br />
nenstange erreicht ist und man den Raum verlässt.<br />
(Nicolette Kressl [SPD]: Genau!)<br />
Wir sagen auch Ja dazu, dass man ein praktikables<br />
Sie haben eben darauf hingewiesen: Es gibt mehrere<br />
Optionen, sich zu verhalten. Wenn ich mit einer Selbstanzeige<br />
besser wegkomme, dann zeige ich mich selbst<br />
an. Wenn ich mich aber der Hinterziehung der Erbschaftsteuer<br />
in erheblichem Umfang schuldig gemacht habe,<br />
indem ich beispielsweise Zinsen nicht versteuert habe,<br />
ist die Situation eine andere. Das heißt, je mehr man<br />
Verfahren finden muss. Das bedeutet auch, dass man an<br />
irgendeiner Stelle einen Schlussstrich ziehen muss. Allerdings<br />
darf er nicht so gezogen werden, dass sich der<br />
Betrug gelohnt hat. Es sollte immer noch gelten, dass<br />
man, wenn man etwas hinterzogen hat, am Ende ein<br />
Stück mehr bezahlen muss als derjenige, der sich von<br />
vornherein gesetzeskonform verhalten hat.<br />
nicht angemeldet hat bzw. je weniger man versteuert hat,<br />
desto besser kommt man anschließend mit der pauschalen<br />
Bestrafung davon.<br />
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/<br />
DIE GRÜNEN sowie der Abg. Dr. Barbara<br />
Höll [DIE LINKE])<br />
(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem<br />
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Birgit<br />
Reinemund [FDP]: Wie kommt man denn<br />
ohne das Abkommen davon?)<br />
Die Kontrolle darf nicht vereitelt werden – auch nicht<br />
durch eine Zahl oder eine Kommission. Die USA haben<br />
da in der Tat, zumindest bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt,<br />
einen anderen Standard angelegt. Dass die<br />
Es ist so: Je „schwärzer“ das angelegte Geld, desto lohnender<br />
ist der Betrug.<br />
Der nächste Punkt: Zwischen dem Wirksamwerden<br />
des Abkommens und dem Zugriff gibt es die Gelegenheit<br />
zur Kapitalflucht. Der Grund dafür ist die Kapital-<br />
Schweiz sagt, darauf werde sie nicht eingehen, das<br />
würde ich dem anderen Verhandlungspartner gegenüber<br />
auch sagen. Wollen wir aber einmal sehen, wie es ausgeht.<br />
Wir sind schließlich hiermit auch dabei, Präzedenzverkehrsfreiheit.<br />
Die Gefahr des Entdecktwerdens, etwa fälle für Österreich, Luxemburg und Liechtenstein zu<br />
infolge eines Ankaufs von CDs, soll eingeschränkt oder schaffen.<br />
unterbunden werden.<br />
(Joachim Poß [SPD]: So ist es! – Nicolette<br />
(Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Eine Einla-<br />
Kressl [SPD]: Kann man nachlesen!)<br />
(B)<br />
dung zur Steuerflucht!)<br />
Darüber hinaus finde ich die Behauptung, die anonyme<br />
Mitteilung der Schweizer Banken komme dem von der<br />
EU geforderten automatischen Informationsaustausch<br />
nahe, ziemlich grotesk. Das ist nicht der Fall. Noch einmal<br />
dazu, dass jeder Cent versteuert wird: Ja, wenn die<br />
anonyme Meldung tatsächlich umfassend erfolgt, dann<br />
Somit ist mit einem solchen Abkommen auch die Verantwortung<br />
verbunden, nicht die Preise für etwas zu verderben,<br />
was anschließend erreicht werden muss.<br />
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/<br />
DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der<br />
LINKEN)<br />
(D)<br />
werden die Zinsen demnächst so versteuert wie bei uns.<br />
Wenn es sich aber um ein Guthaben handelt, für das vorher<br />
keine Erbschaft- oder andere Steuer gezahlt wurde<br />
und das in die Schweiz gebracht worden ist, dann wird<br />
davon überhaupt nichts mehr bekannt.<br />
Ein echtes Interesse der Schweizer Banken an der<br />
Verhinderung eines Transfers unversteuerter Gelder in<br />
Drittstaaten kann man im Zweifel nur dann erzeugen,<br />
wenn die Vorableistungen, die die Banken erbringen<br />
müssen, deutlich höher ausfallen. Ich höre – ich weiß<br />
(Nicolette Kressl [SPD]: Lesen lohnt!)<br />
nicht, ob es zutreffend ist –, dass in den Verhandlungen<br />
Nur die Zinsen darauf müssen so versteuert werden wie<br />
bei uns.<br />
auch einmal von 10 Milliarden Euro und nicht nur von<br />
2 Milliarden Euro die Rede war. Es wird dann sicherlich<br />
auch einmal die Situation geben, dass man sagen kann,<br />
(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem<br />
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)<br />
Deswegen sagen wir Nein zu dem bisher praktizierten<br />
der Spatz in der Hand sei besser als die Taube auf dem<br />
Dach. Dass wir das nicht unpragmatisch sehen, ist doch<br />
völlig klar.<br />
Verfahren und zu dem Ergebnis.<br />
Das, was jetzt da ist, ist aber kein Spatz, sondern man<br />
Wir – zumindest für die sozialdemokratisch regierten<br />
Länder im Bundesrat gilt das sicher – sagen aber eindeutig<br />
Ja dazu, dass die Durchsetzung von Recht und Gesetz<br />
durch ein Abkommen auf eine geordnete Grundlage gestellt<br />
werden muss. Das ist richtig. Ich finde es auch gut,<br />
dass die Schweiz zumindest anfängt, sich in diesem<br />
hat eine Feder in der Hand. Aus diesem Grunde haben<br />
wir die dringende Bitte, Gespräche miteinander zu führen,<br />
anschließend aber natürlich auch von der Möglichkeit<br />
Gebrauch zu machen, mit der Schweiz nachzuverhandeln,<br />
weil wir glauben, dass ein Nachverhandeln<br />
nötig ist.<br />
Punkt zu bewegen. Es wurde ja darüber gesprochen, wer<br />
hier Druck auf wen ausübt. Aus all den rechtfertigenden Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:<br />
Äußerungen geht allerdings deutlich hervor, dass es hier Herr Minister.