Stenografischer Bericht 130. Sitzung - Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 17. Wahlperiode – <strong>130.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 29. September 2011 15385<br />
(A)<br />
Anton Schaaf<br />
Auch die <strong>Bundestag</strong>sabgeordneten Peter Weiß und auf die „Rente erst ab 67“. Das ist verwunderlich, da es (C)<br />
Karl Schiewerling fordern eine Anhebung des bisheri- die Rente mit 67 erst im Jahre 2029 geben wird und<br />
gen Rehabudgets. Dafür will sich die Union ausdrück- selbst die ersten Schritte dahin noch keinerlei Auswirlich<br />
im Rentendialog starkmachen. Der Arbeitnehmerkung auf die aktuelle Ausgabensituation haben.<br />
flügel der CDU fordert ebenfalls, einen demografischen<br />
Faktor bei der Berechnung des Rehabudgets einzuführen<br />
(Süddeutsche Zeitung vom 21. Juli 2011).<br />
Weitere Argumente bringt die Linke nicht vor; sie<br />
stellt lediglich ein angebliches „Spardiktat“ in den<br />
Raum. Eine etwas seriösere Argumentation wäre ange-<br />
Es gibt also ausreichend Vorschläge und guten Wilmessen. Und für die Bürger und Beitragszahler wäre es<br />
len. Leider hat die Union es in der Vergangenheit ver- angenehm, ein einziges Mal auch bei der Linken ein Besäumt,<br />
sich mit diesem wichtigen Thema auseinanderzuwusstsein dafür zu erahnen, dass Staat und Sozialkassen<br />
setzen. Sowohl als die Regelungen zur Rente mit 67 in ihr Geld nicht unbegrenzt ausschütten dürfen.<br />
der Großen Koalition beschlossen wurden, als auch bei<br />
der Anwendung der Überprüfungsklausel wurde von der<br />
Union jeder Handlungsbedarf verneint. Daher muss ich<br />
nochmals warnen: Gerade wer die schrittweise Erhöhung<br />
des Rentenalters schon im nächsten Jahr will,<br />
muss zumindest sicherstellen, dass die Arbeitnehmerinnen<br />
und Arbeitnehmer in Zukunft tatsächlich länger ar-<br />
Wenn der Rehadeckel zu tief angesetzt ist, muss er gegebenenfalls<br />
angehoben werden. Wir sind bereit, diese<br />
Möglichkeit jederzeit zu prüfen. Es ist nicht unwahrscheinlich,<br />
dass die Erhöhung in den nächsten Jahren<br />
erforderlich wird. Zum jetzigen Zeitpunkt ist das für uns<br />
fraglich.<br />
beiten können. Alles andere wäre fahrlässig.<br />
Im Übrigen kann ich mich durchaus mit dem Vorschlag<br />
meines Kollegen Peter Weiß anfreunden, die For-<br />
Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):<br />
Rehabilitation ist ein zentrales Ziel unserer Sozialpolitik.<br />
Rehabilitation hilft nicht nur den betroffenen<br />
Menschen, sondern ist neben Vorsorge auch das richtige<br />
mel für die Anpassung des Rehabudgets zu überarbeiten.<br />
Das ist ein kreativer Ansatz, der zielführender ist als die<br />
von den Linken geforderte vollständige Aufhebung des<br />
Deckels.<br />
Konzept, zukünftige Krankheiten und Behinderungen<br />
– und damit auch Kosten für das Sozialsystem – zu vermeiden.<br />
Außer Frage steht die Bedeutung der Leistungen, um<br />
die es hier geht, für medizinische Rehabilitation, Teilhabe<br />
am Arbeitsleben und Sicherung des Unterhaltes.<br />
(B)<br />
Dennoch ist auch in diesem Bereich die ständige Abwägung<br />
notwendig zwischen den Interessen der Betroffenen,<br />
der Leistungsanbieter und der Beitragszahler. Es<br />
wäre falsch, diese Abwägung von der Fraktion der Linken<br />
zu erwarten, die auch mit diesem Antrag wieder einmal<br />
wohlfeile Forderungen in den Raum stellt, ohne<br />
auch nur ansatzweise die Belastung der Rentenversicherung<br />
und ihrer Beitragszahler zu berücksichtigen.<br />
Für die FDP-<strong>Bundestag</strong>sfraktion ist und bleibt die<br />
Beitragssatzstabilität ein sehr wichtiges Ziel. Im Interesse<br />
der Beitragszahler – man kann auch sagen: der arbeitenden<br />
Bevölkerung – und im Interesse einer nachhaltigen<br />
wirtschaftlichen Entwicklung darf dieser<br />
Aspekt nicht aus dem Blick geraten.<br />
Der demografische Wandel, der gern als Argument<br />
für mehr Ausgaben im sozialen Bereich herangezogen<br />
wird, erfordert, Ausgaben nur dort anzuheben, wo sie<br />
sich tatsächlich als zwingend nötig erweisen. So können<br />
Spielräume erhalten werden, die kommende Generationen<br />
noch dringend benötigen. Gerade die demografische<br />
Entwicklung ist also ein wichtiges Argument dafür,<br />
Ausgabensteigerungen zu vermeiden. Der Reha-Deckel<br />
ist aus gutem Grund als Instrument eingeführt worden.<br />
Es ist die Frage, ob eine Ausgabensteigerung zum jetzigen<br />
Zeitpunkt notwendig ist.<br />
Die Ausgaben dafür liegen derzeit bei rund 5 Milliarden<br />
Euro jährlich und werden entsprechend der voraussichtlichen<br />
Entwicklung der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer<br />
fortgeschrieben. Das ist sachgerecht, auch<br />
deswegen, weil die Rehabilitationsausgaben zu einem<br />
erheblichen Teil Personalkosten sind. In den vergangenen<br />
13 Jahren wurde die Ausgabenobergrenze durch die<br />
Träger der DRV nicht überschritten. Im Jahr 2010 lagen<br />
die Ausgaben bei 98,9 Prozent des Ansatzes.<br />
Ich bestreite nicht, dass das knapp ist. Die Deckelung<br />
hat aber den Zweck, einen überproportionalen Kostenanstieg<br />
zu verhindern. Erst wenn die Qualität der Reha-<br />
Leistungen unter geänderten demografischen Verhältnissen<br />
nicht mehr gewährleistet bleibt, müssen wir über<br />
Lösungen nachdenken, allerdings ohne die gesetzlich<br />
festgelegten Beitragssatzziele der GRV – maximal<br />
20 Prozent im Jahr 2020 und 22 Prozent im Jahr 2030 –<br />
infrage zu stellen. Auch die aktuellen Spielräume zur<br />
Senkung des Beitragssatzes in der Rentenversicherung<br />
sollten nicht gefährdet werden. Denn die Ausgaben für<br />
Rehabilitation werden unmittelbar wirksam. Der Rehadeckel<br />
schafft einen dosierten „Druck im Kessel“, um<br />
kreative Lösungen zu entwickeln.<br />
Der vorliegende Antrag ist oberflächlich und greift zu<br />
kurz. Wir lehnen ihn daher ab.<br />
(D)<br />
Blicken wir also auf die vorgetragenen Argumente: Matthias W. Birkwald (DIE LINKE):<br />
Die Linke verweist auf die steigende Anzahl älterer Be- Wir müssen endlich weg von der irrwitzigen, ja an der<br />
schäftigter. Das ist interessant! Die Redner der gleichen Lebenswirklichkeit der allermeisten Menschen weit vor-<br />
Fraktion malen in diesem Haus ja bei anderen Gelegenbeigehenden Vorstellung, dass mit der Rente erst ab 67<br />
heiten ein dramatisches Bild über die angeblich so die Menschen automatisch länger in guter Arbeit sein<br />
schlechte Beschäftigungssituation Älterer. Typischer werden. Die meisten schaffen es kaum bis 65. Das würde<br />
Fall von „Wie es gerade passt“. Dann folgt der Verweis sich auch dann nicht ändern, wenn jede und jeder genau<br />
Zu Protokoll gegebene Reden