Stenografischer Bericht 130. Sitzung - Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 17. Wahlperiode – <strong>130.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 29. September 2011 15315<br />
(A)<br />
Philipp Mißfelder<br />
Der Aufbau der Infrastruktur für Bildung und Wirt- Frage, ob deutsche Soldaten in den Südsudan geschickt (C)<br />
schaft ist wahrscheinlich wesentlich ausschlaggebender werden sollen. Dies lehne ich allerdings ab.<br />
als der militärische Beitrag, den wir leisten können. Deshalb<br />
gilt unsere Aufmerksamkeit vor allem der politi-<br />
(Beifall bei der LINKEN)<br />
schen Verhandlungslösung und den Möglichkeiten der<br />
Entwicklungszusammenarbeit. Als Rahmen dafür brauchen<br />
wir Stabilität und Sicherheit, einerseits politisch,<br />
andererseits militärisch. Ich finde es richtig und gut, dass<br />
dieser Einsatz, anders als andere Einsätze, in diesem<br />
Haus über eine ganz breite Basis verfügt.<br />
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)<br />
Herr Mißfelder, in der heutigen Abstimmung geht es<br />
auch nicht um all die Konflikte, die Sie geschildert haben,<br />
ob in Abyei, Süd-Kurdufan oder Blue Nile. Sie sollten<br />
sich noch einmal genau anschauen, was heute das<br />
Thema ist.<br />
(Volker Kauder [CDU/CSU]: Ach, das weiß er<br />
doch!)<br />
Dafür möchte ich mich ganz herzlich bei Ihnen allen bedanken.<br />
Es ist an dieser Stelle auch bemerkenswert, dass<br />
sogar Herr Ströbele seinem Herzen einen Ruck gegeben<br />
hat und diesem Einsatz zustimmen wird. Ihnen danke ich<br />
ganz besonders.<br />
Die entscheidende Frage ist doch: Was braucht der<br />
Südsudan im Moment wirklich? Wie kann er von deutscher<br />
Seite unterstützt werden? Wir haben im Juli eine<br />
lange Liste von Vorschlägen gemacht; Sie können sie<br />
nachlesen. Ich will nur drei dieser Vorschläge vortragen.<br />
Ich möchte auf Folgendes hinweisen: Vor diesem<br />
Hintergrund, dass selbst Sie zustimmen können, finde<br />
ich es beschämend, dass die Linksfraktion diesem Einsatz<br />
nicht zustimmt. Noch beschämender finde ich, dass<br />
wir im Plenum des Deutschen <strong>Bundestag</strong>es regelmäßig<br />
mit irgendwelchen Verschwörungstheorien konfrontiert<br />
worden sind. Ihnen, Kollegen von der Linksfraktion, ist<br />
das Schicksal der Menschen in Südsudan offensichtlich<br />
Erstens. Die zivile Konfliktbearbeitung muss ausgebaut<br />
werden. Wir waren im November letzten Jahres vor<br />
Ort. Wir haben dort viele hervorragende Projekte im Bereich<br />
der zivilen Konfliktbearbeitung besucht. Das funktioniert.<br />
(Philipp Mißfelder [CDU/CSU]: Nein! Das ist<br />
totaler Quatsch!)<br />
vollkommen egal.<br />
Die zivilen Konfliktbearbeiter können den Ausbruch von<br />
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP –<br />
Widerspruch bei der LINKEN)<br />
Gewalt wirklich verhindern, indem sie die Konflikte<br />
schon vorher lösen.<br />
(B)<br />
Ich bitte Sie im Namen meiner Fraktion um Zustimmung<br />
zu diesem Mandat.<br />
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN –<br />
Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Ja,<br />
ja! Das können sie aber nur, weil sie militä- (D)<br />
Herzlichen Dank.<br />
risch unterstützt werden!)<br />
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Solche Projekte haben Sie, Herr Westerwelle, eingestellt,<br />
anstatt sie auszubauen und zu unterstützen. Sie können<br />
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:<br />
Für die Fraktion Die Linke hat jetzt das Wort der Kollege<br />
Jan van Aken.<br />
doch in Südsudan die Fachkräfte, die es dort jetzt gibt,<br />
unterstützen, und Sie können neue Fachkräfte ausbilden.<br />
Anstatt nur 5 zivile Konfliktbearbeiter aus Deutschland<br />
dorthin zu schicken, wie im letzten Jahr, können Sie<br />
(Beifall bei der LINKEN)<br />
50 oder 500 zivile Konfliktbearbeiter dorthin schicken –<br />
und keine Soldaten.<br />
(Beifall bei der LINKEN)<br />
Zweitens. Natürlich ist die Entmilitarisierung des<br />
Südsudan eine der wichtigsten Aufgaben. 300 000 Männer<br />
und Frauen des Sicherheitsapparats sind dort unter<br />
Waffen, und auch fast alle Menschen in der Zivilbevölkerung<br />
verfügen über eine Waffe. Auch hier können wir<br />
einen Beitrag zu einer Lösung leisten, indem wir zum<br />
Beispiel den Dialog und die Versöhnung in der Gesellschaft<br />
unterstützen, und wir können mehr dafür tun, dass<br />
die ehemaligen Soldaten und Kämpfer eine echte zivile<br />
Alternative bekommen. Das ist Demilitarisierung und<br />
Reintegration.<br />
(Beifall bei der LINKEN)<br />
Jan van Aken (DIE LINKE):<br />
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit Ausnahme<br />
der letzten Sätze von Herrn Mißfelder kann ich<br />
vieles von dem, was Sie bis jetzt gesagt haben, voll und<br />
ganz unterstützen.<br />
(Karl-Georg Wellmann [CDU/CSU]: Na also!<br />
Es geht doch!)<br />
– Ja.<br />
Der junge Staat Südsudan braucht unsere Unterstützung,<br />
um die unglaublichen Probleme, vor denen er jetzt<br />
steht, zu lösen. Es fehlt an fast allem: Es fehlt an wirtschaftlicher<br />
Entwicklung, an Schulen, an Krankenhäusern,<br />
an Straßen und vor allem natürlich an einem funktionierenden<br />
demokratischen Staatsapparat. Das Einzige,<br />
das im Moment im Überfluss vorhanden ist, sind Waffen<br />
und Gewalt. Das Problem ist nur: Wir stimmen heute gar<br />
nicht darüber ab, wie diese Probleme gelöst werden können.<br />
Einzig und allein zur Abstimmung steht heute die<br />
Dafür brauchen wir drittens im ganzen Land eine<br />
wirtschaftliche Entwicklung. Das Land ist unglaublich<br />
fruchtbar; Herr Strässer hat das gesagt. Trotzdem kann<br />
es bis heute seine Bevölkerung nicht selbst ernähren.<br />
Diese Entwicklung, der Aufbau der Landwirtschaft in