Stenografischer Bericht 130. Sitzung - Deutscher Bundestag
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(B)<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 17. Wahlperiode – <strong>130.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 29. September 2011 15417<br />
(A) ternehmen weichen häufig auf englischsprachige Gedruck verfolgt werden muss. Der, der dazu nicht bereit (C)<br />
richtsstände aus oder vereinbaren Schiedsklauseln unter ist, gefährdet die Gemeinschaft und nicht der, der auf die<br />
Verwendung der Verfahrenssprache Englisch, weil Eng- Einhaltung des Ziels besteht.<br />
lisch meist allen Beteiligten geläufig ist.<br />
Trotz der Richtigkeit des gemeinsamen Vertrages<br />
Die Einführung von Kammern für internationale Han- wurde dieses Ziel immer weiter aus den Augen verloren.<br />
delssachen, in denen Englisch als Gerichtssprache zuge- Es fehlte der politische Wille zur Umsetzung. Es exislassen<br />
werden soll, kann dazu beitragen, die Wettbetiert also kein unmittelbares Regelungsdefizit, sondern<br />
werbsfähigkeit des deutschen Rechts international ein Vollzugsdefizit, das die heutige Krise begründet. Die<br />
erheblich zu verbessern und die Ausweichbewegungen zunehmende Verflechtung der Finanzinstitutionen macht<br />
abzumildern.<br />
es jedoch auch erforderlich, nachzusteuern und neue Re-<br />
Dass es bereits jetzt ein Bedürfnis für einen solchen<br />
Ansatz gibt, hat ein Modellprojekt des Oberlandesgerichtsbezirks<br />
Köln gezeigt. Die Landgerichte Köln,<br />
gelungen zu ergänzen. Meine Fraktion hat diese Instrumente<br />
maßgeblich erarbeitet. Diese Arbeit unterstütze<br />
ich, deshalb stimme ich nicht mit einem Nein.<br />
Bonn und Aachen haben in ihren Geschäftsverteilungs- Die vorgelegten Lösungen der Koalition in der europlänen<br />
Kammern eingerichtet, in denen auf Englisch päischen Haushalts- und Finanzpolitik sollen die Grund-<br />
verhandelt werden kann. Sie berufen sich dabei auf lagen für Maßnahmen legen, die es erlauben zielorien-<br />
§ 185 GVG, wonach bei Übereinstimmung des Klägers tierter zu fördern und konsequenter zu fordern.<br />
und des Beklagten die Verhandlung in englischer Spra- Bedauerlicherweise sind diese Instrumente damit verche<br />
geführt wird, wenn beide auf einen Dolmetscher verbunden, dass die Bürgschaftssumme für Deutschland ein<br />
zichten und der Prozess einen internationalen Bezug auf- weiteres Mal erheblich erhöht wird, was zu einer großen<br />
weist. Sowohl die Justiz als auch die Anwaltschaft in Belastung führt und am Ende zum Verlust der deutschen<br />
Köln sind sich sicher, dass ihre Region, die Sitz von vie- Kreditwürdigkeit führen könnte. Der Aufbau Europas<br />
len internationalen Unternehmen ist, nur so attraktiv auf Schulden ist ein Weg, der die politische Gestaltungs-<br />
bleiben kann.<br />
möglichkeit kommender Generationen erheblich einschränkt<br />
und deshalb nicht meine Zustimmung finden<br />
kann.<br />
In Abwägung der unterschiedlichen Positionen enthalte<br />
ich mich der Stimme.<br />
Der vorliegende Gesetzentwurf will dabei nicht nur<br />
erreichen, dass nach § 185 GVG ausnahmsweise in englischer<br />
Sprache verhandelt werden kann, sondern dass<br />
auch Schriftsätze und Urteile entsprechend ausgefertigt<br />
werden können. Damit kann die Sprachbarriere des deutschen<br />
Rechts für internationale Unternehmen weiter abgebaut<br />
werden. Um dieses Vorhaben zu prüfen und weiterentwickeln<br />
zu können, wird der Rechtsausschuss zu<br />
diesem Gesetzentwurf im November eine öffentliche<br />
Anhörung durchführen.<br />
Zuletzt möchte ich noch auf die Sorgen der Kritiker<br />
eingehen. Es geht nicht um die Ersetzung der deutschen<br />
Sprache als Gerichtssprache. Vielmehr geht es darum,<br />
unser hervorragendes Rechtssystem zu bereichern. Es<br />
geht lediglich um eine eng begrenzte Ausnahme für den<br />
internationalen Handelsverkehr, die das Einverständnis<br />
aller Beteiligten voraussetzt. Dagegen kann, wie ich<br />
meine, niemand etwas haben.<br />
Sylvia Canel (FDP): Vertrauen in ein gemeinsames<br />
Europa mit einer gemeinsamen Währung setzt voraus,<br />
dass sich alle Länder an einen nachvollziehbaren und<br />
stabilitätsorientierten Ordnungsrahmen halten. Dieser<br />
Rahmen sollte eine schlüssige Perspektive und Anreize<br />
zum verlässlichen und nachhaltigen Handeln bieten. Eigenverantwortung,<br />
Haftung und Kontrolle gehören zusammen<br />
und sind Grundlage unserer europäischen Gemeinschaft<br />
und nicht voneinander trennbar.<br />
Die Länder sind in hohem Maße eigenverantwortlich<br />
und dem Maastrich-Vertrag, der die Staatsverschuldung<br />
auf ein unkritisches Maß begrenzt, verpflichtet. Die<br />
Schwellenwerte von 3 Prozent für das laufende Defizit<br />
und 60 Prozent für den Schuldenstand – jeweils bezogen<br />
auf das Bruttoinlandsprodukt – haben einen ausgeglichenen<br />
Haushalt zum Ziel, ein Ziel, das mit Nach-<br />
Dr. Peter Danckert (SPD): Zu meinem Abstimmungsverhalten<br />
zum heutigen Tage erkläre ich Folgendes:<br />
Ich stimme dem Gesetzentwurf zwar zu, möchte<br />
aber folgende Bedenken zu Protokoll geben:<br />
Ich bin davon überzeugt, dass die Rettungsmaßnahmen,<br />
die mit dem Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur<br />
Übernahme von Gewährleistungen im Rahmen eines<br />
Europäischen Stabilitätsmechanismus einhergehen, der<br />
richtige Weg zur Rettung des Euro-Raums sind. Die<br />
haushaltsrechtliche Gesamtverantwortung des Deutschen<br />
<strong>Bundestag</strong>es wird jedoch durch die in § 3 Abs. 3<br />
vorgesehene Regelung nicht verfassungsgemäß ausgestaltet.<br />
Meine Rechte aus Art. 38 GG, Art. 20 GG sowie<br />
dem Demokratieprinzip werden durch die vorgesehene<br />
Lösung auf verfassungswidrige Weise unterlaufen. Deshalb<br />
werde ich voraussichtlich gegen das Gesetz Organklage<br />
vor dem Bundesverfassungsgericht erheben.<br />
Die Tatbestandsmerkmale der Vertraulichkeit oder<br />
Eilbedürftigkeit sind meiner Ansicht nach keine überzeugenden<br />
Argumente, um die vorgesehene Ausgestaltung<br />
des § 3 Abs. 3 zu rechtfertigen.<br />
Erstens. Fälle besonderer Vertraulichkeit:<br />
In den letzte Jahrzehnten gab es meiner Kenntnis<br />
nach keinen Fall, in dem ein Abgeordneter die vorgesehene<br />
Vertraulichkeit der zu treffenden Entscheidungen<br />
– zum Beispiel Dokumente, die als Geheim klassifiziert<br />
sind – gebrochen hat. Daher ist es nicht nachvollziehbar,<br />
dass man zwischen denjenigen unterscheidet, denen man<br />
die Geheimhaltung zutraut, und solchen, die die Vertrau-<br />
(D)