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Stenografischer Bericht 130. Sitzung - Deutscher Bundestag

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15428 <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 17. Wahlperiode – <strong>130.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 29. September 2011<br />

(A) Verantwortlichen auf sich geladen haben, nunmehr nach- möglichst bestem Wissen und Gewissen abwägen und (C)<br />

folgende Abgeordnetengenerationen abzutragen haben. entscheiden. Diese Entscheidung fällt ohnehin schwer.<br />

Geradezu unappetitlich ist es, wenn die damals Verantwortlichen<br />

heute meinen, oberkluge Hinweise und wohlfeile<br />

Kritiken von sich geben zu müssen.<br />

Inzwischen hat sich allerdings eine öffentliche Meinung<br />

aufgebaut, die durch effekthaschende Oppositionsführer<br />

und darauf abzielende Medien derart befeuert<br />

Ich persönlich bin außerordentlich unzufrieden da- wurde, dass die eigentliche Sachfrage zunehmend in den<br />

rüber, dass wir nicht nur zur Lösung von Problemen bei- Hintergrund rückt und es immer schwerer geworden ist,<br />

tragen müssen, die durch falsches politisches Handeln, sachliche Antworten zu geben. Auf der anderen Seite<br />

das meinen politischen Überzeugungen widerspricht, wird vielmehr die Koalition auf den Prüfstand gestellt.<br />

entstanden sind, sondern dafür auch noch von den Verur- Aus meiner Sicht ist es wichtig, dass diese Koalition in<br />

sachern dieser Krise regelrecht beschimpft werden. der Lage ist, Deutschland zu regieren und eben nicht wie<br />

Diese dramatische und sich stets verschärfende Situation unter Rot-Grün in Sachfragen in inflationärer Weise mit<br />

wurde – grob ausgedrückt – durch Ausgabenwollust und Vertrauensfragen zu verbinden.<br />

unzureichende Einnahmeerhebung politisch Agierender<br />

hervorgerufen.<br />

Insbesondere die Erwartungshaltung und der öffentliche<br />

Druck der Opposition sowie die dies verstärkende<br />

Die eigene Schuld verdrängen SPD und Grüne und Medien sorgten dafür, dass ein Zerrbild aufgebaut<br />

wollen nunmehr mit Maßnahmen der Schuldenkrise be- wurde: Die EFSF-Entscheidung gilt nunmehr als Quasigegnen,<br />

die diese Krise erst verursachten. Wäre es nach Vertrauensfrage – was an sich unfassbar ist – bzw. als<br />

Rot-Grün gegangen, hätte Deutschland seit 2010 im- Bewährungsprobe für Schwarz-Gelb. Diese Situation<br />

mense Programme aufgelegt und Gelder zur Verfügung macht es mir als Parlamentarier unmöglich, ausschließ-<br />

gestellt. Diese Gelder wären nicht zur Stabilisierung der lich in der Sache abzustimmen.<br />

Währung oder zur Sanierung der Haushalte genutzt worden,<br />

sondern in erster Linie zur Finanzierung der politisch<br />

Regierenden aufgebracht worden. Damit hätte sich<br />

die Schuldenkrise durch diese rot-grünen Vorstellungen<br />

von Anfang an immens vergrößert.<br />

All dies muss ich berücksichtigen und in mein Abstimmungsverhalten<br />

einfließen lassen. Globale Umstände,<br />

öffentliche Haltung, das geschlossene Vorgehen<br />

der Koalition sowie das in der Sache zu berücksichtigende<br />

Wissen und Gewissen müssen in ein Verhältnis<br />

Die schwarz-gelbe Koalition muss nun vor allem Ver- gesetzt werden. In dieser Abwägung habe ich der EFSF<br />

trauen herstellen, das durch die Schulden verloren ging.<br />

Dabei gibt es aus meiner Sicht Zweifel, ob dies durch die<br />

meine Zustimmung erteilt.<br />

(B)<br />

bisherigen Maßnahmen gelingen kann. Hilfen für andere<br />

Euro-Staaten gehören nicht zu den Kernaufgaben im<br />

Euro-Raum. Die Risiken gerade für Deutschland und<br />

den deutschen Steuerzahler sind erheblich. Eine geordnete<br />

Insolvenz Griechenlands halte ich nach wie vor für<br />

einen Weg, der nicht ausgeschlossen werden darf.<br />

Fraglich ist für mich, ob unter den vorgegebenen Bedingungen<br />

die Höhe des EFSF-Schirms bewusst ausgereizt<br />

wird oder für die EFSF gar die Möglichkeit besteht,<br />

sich selbst – entgegen seinem eigentlichen Auftrag und<br />

Sinn – eigenständig weitere Finanzmittel zu akquirieren.<br />

So befürchte ich, dass der Fonds angekaufte Anleihen<br />

als Sicherheit zum Beispiel bei der EZB hinterlegt, um<br />

sich weitere Mittel zu beschaffen. Dies könnte meiner<br />

Auffassung nach zu einer Kreditblase mit erheblichen<br />

Folgen führen.<br />

Ralph Lenkert (DIE LINKE): Die Ausweitung des<br />

Euro-Rettungsschirms treibt die Spaltung Europas voran!<br />

Meine Fraktion, Die Linke, und ich lehnen die Aufstockung<br />

und Ausweitung der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität,<br />

EFSF, ab, denn damit wird ein gescheitertes<br />

Krisenmanagement fortgesetzt, das die soziale und<br />

wirtschaftliche Spaltung der Euro-Zone und der EU weiter<br />

vertieft.<br />

Die bisherige Euro-Rettung hat die Ausweitung der<br />

Krise nicht verhindert, im Gegenteil: Während Banken<br />

und Finanzinvestoren geschützt und die Ursachen der<br />

Krise ausgeblendet wurden, zwingen die „Rettungsringe“<br />

von Ländern der Euro-Zone, EU-Kommission,<br />

Europäischer Zentralbank und IWF die Krisenländer zu<br />

Boden. Die an die Hilfskredite aus dem Rettungsschirm<br />

(D)<br />

Ich habe Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble in geknüpften radikalen Kürzungsauflagen würgten die<br />

der Fraktionssitzung der FDP am 26. September 2011 Binnenkonjunktur der Krisenländer ab, verhinderten<br />

explizit auf den Umstand der Beleihung von Anleihen eine Erholung der Wirtschaft und verschärften durch<br />

aufmerksam gemacht und darauf hingewiesen, dass wegbrechende Einnahmen die Schuldenkrise. Zu einer<br />

diese mögliche zusätzliche, aber sehr riskante Einnah- Beruhigung der Finanzmärkte reichten die Maßnahmen<br />

mequelle weder Sinn der EFSF noch Wille der Gesetz- nicht, es wird weiter gegen angeschlagene Euro-Staaten<br />

geber sein kann. Finanzminister Schäuble hat erklärt, spekuliert. Bereits jetzt gehen Fachleute und Finanz-<br />

dass dieser Fall durch die Guidelines geklärt werde. Aumarktakteure davon aus, dass auch die aufgestockte<br />

ßerdem werde es ausdrücklich keinen Hebel oder einen EFSF nicht ausreichen wird.<br />

sogenannten Leverage geben. Auf diese Aussagen vertraue<br />

ich.<br />

Die Linke lehnt den erweiterten Euro-Rettungsschirm<br />

ab, denn der gescheiterte Kurs wird fortgesetzt. In den<br />

Nach Durchsicht der rar gesäten Vorschläge der Op- Krisenländern bezahlen Arbeitnehmerinnen und Arbeitposition<br />

und mit Blick auf die sonstigen dargebotenen nehmer, Rentnerinnen und Rentner, Schülerinnen, Schü-<br />

Verfahrensvorschläge muss ich als Parlamentarier nach ler, Studentinnen und Studenten mit Lohn- und Renten-

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