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Stenografischer Bericht 130. Sitzung - Deutscher Bundestag

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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 17. Wahlperiode – <strong>130.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 29. September 2011 15409<br />

(A)<br />

Dr. Ilja Seifert<br />

allerdings zu weit. Es wäre besser, die Zahl der berich- Koalitionsantrag am Normenkontrollrat vorbei in den (C)<br />

tenden Unternehmen zunächst behutsam zu senken. <strong>Bundestag</strong> ein. Im Wirtschaftsauschuss wurde dann ges-<br />

Denn welche Datenqualität das neue Mixmodell liefert, tern auch noch der Antrag von uns Grünen, den Nor-<br />

ist noch ungewiss.<br />

menkontrollrat doch noch hinzuzuziehen, niederge-<br />

Vollkommen lächerlich haben Sie sich aber gemacht,<br />

als sie die Abwicklung ihres gescheiterten ELENA-Projekts<br />

zur elektronischen Übermittlung von Einkommensstimmt.<br />

Das ist ganz schlechter Politikstil. Wir werden<br />

den Gesetzentwurf aus diesem Grund komplett ablehnen.nachweisen<br />

einfach an die beiden anderen Entwürfe Die erweiterten Möglichkeiten zur Überprüfung von<br />

drangehängt haben. Sie wollten sich die Peinlichkeit er- Bürokratiekosten durch den Normenkontrollrat sind dasparen,<br />

das noch einmal im Scheinwerfer der Öffentlichmit gleich im ersten Praxistest von der Koalition blokeit<br />

tun zu müssen. Das ist ja verständlich, aber es entckiert worden. Die Koalition hintertreibt ohne Not die<br />

spricht dennoch nicht den parlamentarischen Sitten. von ihr selbst geschaffenen Möglichkeiten. Um die De-<br />

Die Linke lehnt aus den genannten Gründen den Gesetzentwurf<br />

ab.<br />

batte über ihr gescheitertes Projekt zu vermeiden, nutzen<br />

Union und FDP ein Schlupfloch und schwächen die<br />

Glaubwürdigkeit bezüglich des Bürokratieabbaus weiter.<br />

Offenbar ist der Wille nach mehr Transparenz in der<br />

Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Koalition ein reines Lippenbekenntnis.<br />

Seit der gestrigen <strong>Sitzung</strong> des Wirtschaftsausschusses<br />

hat das Beherbergungsgesetz erheblich an Brisanz gewonnen.<br />

Union und FDP haben dem an sich recht harmlosen<br />

Statistikänderungsgesetz die Einstellung des hochumstrittenen<br />

ELENA-Verfahrens angehängt. Ein Ende<br />

mit Schrecken ist in aller Regel besser als ein Schrecken<br />

ohne Ende. Allerdings kommt diese Einsicht von<br />

Ich würde es sehr begrüßen, wenn der Normenkontrollrat<br />

trotz der Absage der Koalition seine Möglichkeit<br />

nutzt, die bürokratischen Belastungen durch das<br />

ELENA-Aus für die Unternehmen und die Verwaltung<br />

festzustellen und wir Abgeordnete das Ergebnis auch erfahren<br />

würden.<br />

(B)<br />

Schwarz-Gelb fast zwei Jahre zu spät. Gestartet ist<br />

ELENA Anfang des Jahres 2010. Schnell war klar, dass<br />

der eigentlich gute Ansatz, die Unternehmen von Millionen<br />

von Papierbescheinigungen zu befreien, zu einem<br />

Bürokratiemonster mutiert. Die Kosten des Verfahrens<br />

explodierten, und die Verunsicherung bei Unternehmen<br />

und Bürgern wuchs. Spätestens seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts<br />

zur Vorratsdatenspeicherung im<br />

März 2010 war für jeden, der sehen wollte, glasklar,<br />

dass ELENA auch datenschutztechnisch völlig aus dem<br />

Ruder gelaufen ist.<br />

Wichtiger noch ist aber der Blick nach vorne. Die Unternehmen<br />

haben viele Millionen Euro in Aufbau und<br />

Pflege der ELENA-Strukturen investieren müssen. Das<br />

darf nicht umsonst gewesen sein. Die Bundesregierung<br />

muss nun umgehend zukunftsfähige und unbürokratische<br />

Meldestrukturen aufbauen, die auch den hohen datenschutzrechtlichen<br />

Anforderungen gerecht werden. Angekündigt<br />

ist jetzt, dass das Bundesministerium für Arbeit<br />

und Soziales federführend ein einfaches und unbürokratisches<br />

Meldeverfahren für die Sozialversicherungen erarbeiten<br />

soll, das die getätigten Investitionen in der<br />

(D)<br />

Wir Grünen haben die Regierung damals aufgefordert,<br />

genau das zu tun, was sie jetzt endlich tut, nämlich<br />

die elektronischen Meldepflichten der Arbeitgeber aufzuheben<br />

und die bereits erfassten Datensätze zu löschen.<br />

Union und FDP haben das damals leider abgelehnt, sie<br />

brauchten weitere eineinhalb Jahre, um sich das Scheitern<br />

ihres elektronischen Meldeverfahrens einzugestehen.<br />

Das ist Politikunfähigkeit auf dem Rücken von<br />

Wirtschaft aufgreift und keine Massenspeicherung von<br />

Daten vorsieht. Allerdings steckt dieses Projekt noch in<br />

den Kinderschuhen. Es gibt noch nicht einmal einen<br />

Zeitplan. Ich hoffe sehr, dass der seit Monaten geführte<br />

Zuständigkeitsstreit mit dem Wirtschaftsministerium<br />

hier nicht weitergeht, sondern dass wir den Unternehmen<br />

endlich den versprochenen Bürokratieabbau ermöglichen<br />

können.<br />

2 Millionen vor allem kleinen und mittleren Unternehmen.<br />

Diese haben Monat für Monat die gesetzlich geforderten<br />

Meldepflichten erfüllen müssen. Mittlerweile stapeln<br />

sich 700 Millionen Datensätze bei der zentralen<br />

Sammelstelle – ein Aufwand von mehreren 100 Millionen<br />

Euro für die Wirtschaft, der den Unternehmen kein<br />

bisschen Bürokratieabbau gebracht hat. Auch wenn<br />

ELENA noch von der Großen Koalition beschlossen<br />

worden war: Die Verantwortung für die ineffiziente Datenflut<br />

über viele Monate liegt bei Union und FDP. Das<br />

Vertrauen der Unternehmen in den Willen und die Fähigkeit<br />

der schwarz-gelben Regierung zum Bürokratieabbau<br />

ist schwer beschädigt.<br />

Noch einmal zurück zur Beherbergungsstatistik: Barrierefreie<br />

Beherbergungsmöglichkeiten besser zu erfassen,<br />

ist ein sehr sinnvoller Vorschlag der Linksfraktion,<br />

der von Bundesregierung und Bundesrat eingehend geprüft<br />

werden sollte. Bevor wir eine solche Forderung detailliert<br />

ins Gesetz schreiben, sollten wir aber genau<br />

überlegen, wie die Meldungen ausgestaltet sein müssen,<br />

damit sie auch wirklich aussagekräftig sind. Außerdem<br />

brauchen wir eine Abschätzung des Verwaltungsaufwands.<br />

Die Länder ächzen ohnehin schon unter dem zusätzlichen<br />

Aufwand, ohne von der Bundesregierung unterstützt<br />

zu werden. Wir werden uns deshalb bei der<br />

Abstimmung über den Antrag der Linksfraktion enthal-<br />

Offenbar ist das auch den Koalitionären klar, und<br />

vermutlich wurde das Aus für ELENA deshalb heimlich,<br />

ten.<br />

still und leise in der parlamentarischen Sommerpause Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:<br />

verkündet. Peinlich ist auch das jetzige Verfahren: Wir kommen zur Abstimmung. Der Ausschuss für<br />

Union und FDP bringen die ELENA-Beendigung per Wirtschaft und Technologie empfiehlt in seiner Be-

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