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Stenografischer Bericht 130. Sitzung - Deutscher Bundestag

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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 17. Wahlperiode – <strong>130.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 29. September 2011 15257<br />

(A)<br />

Ottmar Schreiner<br />

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD, der wenig faire und hochwertige Beschäftigung gebe, dann (C)<br />

LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE müsste doch die Bundesregierung in Gestalt des belieb-<br />

GRÜNEN – Gitta Connemann [CDU/CSU]: ten Staatssekretärs dazu etwas sagen können, und es<br />

Das wünschen Sie sich!)<br />

dürfte kein Schweigen im Walde herrschen. Was ist die<br />

Das ist eine Vorstellung, die ich jetzt nicht weiter aus-<br />

Position der Koalition zu ebendiesen Vorhaltungen?<br />

führen will.<br />

Jetzt sehe ich, dass ich mit meinem Manuskript über-<br />

Die SPD-Fraktion hat den Antrag gestellt, die Ministerin<br />

herbeizuzitieren. Von Herrn Kollege Kolb ist dahaupt<br />

noch nicht begonnen habe, meine Redezeit aber<br />

fast zu Ende ist.<br />

rauf hingewiesen worden, dass wir einen beleibten und (Heiterkeit – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]:<br />

sachkundigen Staatssekretär haben.<br />

Lange geredet, nichts gesagt!)<br />

(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Ist er auch!) Das ist ein bedauerlicher Vorgang.<br />

– Ja, das ist er: „Beleibt und sachkundig“ haben Sie ge- Herr Kollege Lange, Sie haben ständig Sachverstänsagt.dige<br />

zitiert. Ich will Ihnen sagen: Es gibt Sachverständi-<br />

(Zurufe von der CDU/CSU: Beliebt!)<br />

genbefragungen, die eindeutig sind. Es ist nicht gut, nur<br />

Professoren zu befragen. Professoren haben nämlich ei-<br />

– „Beliebt“ und sachkundig, okay. Sie haben gesagt,<br />

dass Sie einen beliebten und sachkundigen Staatssekretär<br />

hätten. Das ist ebenfalls in Ordnung. Er ist hier. Herzlichen<br />

Glückwunsch!<br />

nen lebenslang gesicherten Job, in der Regel mit sehr guten<br />

Arbeitsbedingungen und sehr guten Einkommensverhältnissen.<br />

Ihre Tätigkeit unterliegt keinen zeitlichen<br />

Befristungen usw.<br />

Ich will jetzt aus einem Agenturbericht von vorgestern<br />

zitieren. Daraus kann man vielleicht ableiten, warum<br />

es angemessen wäre, wenn die Ministerin an diesen<br />

Debatten teilnähme. Vorgestern ist in einer thüringischen<br />

Zeitung nach einer Meldung der AFP ein Artikel erschienen,<br />

in dem es heißt:<br />

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit<br />

und Entwicklung (OECD) forderte zu Beginn<br />

des zweitägigen Treffens<br />

Fragen Sie einmal die einfachen Leute auf der Straße<br />

danach, wie sie sich gute Arbeit vorstellen. Dann bekommen<br />

Sie fast zu 100 Prozent die gleiche Antwort:<br />

Unter guter Arbeit stelle ich mir ein auf Dauer angelegtes,<br />

stabiles Arbeitsverhältnis mit auskömmlichem Lohn,<br />

von dem ich meine Familie und mich ernähren kann, und<br />

mit einer angemessenen sozialen Sicherung vor. – Das<br />

ist die Antwort von nahezu 100 Prozent der befragten<br />

Leute auf der Straße, die die für uns wichtigen Sachverständigen<br />

sind. Deshalb können mir die Aussagen eini-<br />

(B) – der europäischen Arbeits- und Sozialminister – ger von Ihnen erwähnten Professoren ziemlich egal sein. (D)<br />

„bessere Arbeitsplätze“ – es sei Besorgnis erregend,<br />

dass die Einkommensungleichheit ständig zunehme,<br />

dass es immer mehr befristete Arbeitsverhältnisse<br />

gebe und dass die Reallöhne in vielen<br />

(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem<br />

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Heinrich<br />

L. Kolb [FDP]: Das ist das Ziel! Die Frage ist<br />

aber, wie kommen wir dahin!)<br />

Ländern stagnierten oder sogar zurückgingen … Das sogenannte normale Arbeitsverhältnis ist in der<br />

Alle drei Vorhaltungen treffen auf die Bundesrepublik<br />

Deutschland uneingeschränkt zu: massive Zunahme von<br />

zeitlich befristeten Beschäftigungsverhältnissen, eine<br />

seit Jahren rückläufige Reallohnentwicklung, eine sinkende<br />

Lohnquote, eine steigende Gewinnquote und eine<br />

ständig zunehmende Einkommensungleichheit. Das ist<br />

die Vorhaltung der OECD, gemacht auf dem Treffen<br />

– nochmals – der europäischen Arbeits- und Sozialminister.<br />

Tat modernisierungsbedürftig. Dazu kann ich aufgrund<br />

der mir noch zur Verfügung stehenden Redezeit aber<br />

nichts mehr sagen. Die eigentliche Aufgabe besteht nicht<br />

darin, darüber nachzudenken, wie die prekäre Beschäftigung<br />

ausgeweitet werden kann, wie es die Koalition androht.<br />

Die eigentliche Frage lautet vielmehr, wie wir das<br />

sogenannte normale Arbeitsverhältnis an modernen Entwicklungen<br />

orientieren können wie zum Beispiel an der<br />

gleichberechtigten Arbeit von Mann und Frau.<br />

In diesem Text heißt es weiter:<br />

Das Normalarbeitsverhältnis orientiert sich eher am<br />

althergebrachten Bild des Mannes als Ernährer der Fa-<br />

Die G-20-Minister sollten nicht nur darüber nachmilie. Diese Zeiten sind aber unwiderruflich vorbei.<br />

denken, wie mehr Arbeitsplätze geschaffen werden Also müsste in das Normalarbeitsverhältnis die Mög-<br />

könnten, forderte die Organisation, sondern sie solllichkeit eingebaut werden, Auszeiten und Phasen verrinten<br />

auch Maßnahmen ergreifen, „die zu fairen und gerter Arbeitszeiten in Anspruch zu nehmen, und zwar<br />

hochwertigen Beschäftigungsverhältnissen führen“. aus Pflegegründen, aus Erziehungsgründen oder aus<br />

Jetzt bitte ich um die Stellungnahme der Bundesregierung.<br />

Das, was ich zitiert habe, ist eine Aussage der<br />

OECD. Sie ist keine Vorfeldorganisation irgendeiner<br />

Oppositionsfraktion hier. Sie ist eine international aner-<br />

Weiterbildungsgründen. Außerdem müssten Regelungen<br />

geschaffen werden, damit diejenigen Männer und<br />

Frauen, die von dieser Option Gebrauch machen, wieder<br />

in reguläre Beschäftigung zurückkehren können.<br />

kannte Organisation. Wenn sie sagt, sie sei besorgt da- Das wäre ganz überschlägig gesehen die Modernisierüber,<br />

dass es in Deutschland immer mehr befristete, rung des normalen Arbeitsverhältnisses. Ich will dazu<br />

prekäre Beschäftigung, immer geringere Löhne und zu noch einen letzten Satz sagen.

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