Stenografischer Bericht 130. Sitzung - Deutscher Bundestag
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15376 <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 17. Wahlperiode – <strong>130.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 29. September 2011<br />
(A)<br />
Dr. Konstantin von Notz<br />
mierte Entscheidungen freier Bürger, für ein demokrativeröffentlichung für wissenschaftliche Autorinnen und (C)<br />
sches Miteinander und für mehr Pluralismus. Geteiltes Autoren im Format der Erstveröffentlichung. Es darf<br />
Wissen ist ohne Weiteres vielfaches Wissen. Daher for- nicht sein, dass Autorinnen und Autoren dahin gehend<br />
dern wir, gemeinsam mit einem inzwischen breiten Bünd- erpressbar sind, dass sie sich auf sämtliche Bedingunnis<br />
von Wissenschaftlern und Wissenschaftsorganisatiogen des Verlagsvertrages einlassen müssen, wenn sie<br />
nen, die Öffnung der Zugangsmöglichkeiten zu Wissen ihre Beiträge einem Verlag zur Verfügung stellen.<br />
und Information, zu Forschungsvorhaben, -daten und<br />
-ergebnissen. Open Access, also der dauerhafte und für<br />
Nutzerinnen und Nutzer kostenfreie Zugang zu öffentlich<br />
geförderter Forschung, ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit.<br />
Denn wie sollen wir nachkommenden Generationen<br />
erklären, warum der Staat und seine Institutionen<br />
die Forschung mit Steuergeldern fördern, die<br />
Publikationskosten tragen und die Zeitschriften am Ende<br />
dennoch für viel Geld zurückkaufen müssen?<br />
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die auf<br />
hohe Sichtbarkeit Wert legen und an einem Diskurs zu<br />
ihren Werken bzw. Forschungsergebnissen interessiert<br />
sind, müssen in die Lage versetzt werden, diese Werke<br />
auch an anderer Stelle zu veröffentlichen. Die Zweitveröffentlichung<br />
auf der eigenen Homepage oder in einem<br />
Open-Access-Journal dient dabei nicht zuletzt auch dem<br />
erstveröffentlichenden Verlag, der ebenfalls von der erhöhten<br />
Sichtbarkeit der Beiträge profitiert.<br />
Die Situation ist inzwischen ganz besonders prekär<br />
bei Bibliotheken und anderen öffentlichen Institutionen.<br />
Aufgrund der Monopolstellung großer Fachverlage bei<br />
der Verbreitung von Forschungsergebnissen fehlt ein<br />
Korrektiv bei der Preisentwicklung. In der Konsequenz<br />
lässt sich bis heute ein kontinuierlicher Anstieg der Zeitschriftenpreise<br />
feststellen. Als Reaktion darauf sehen<br />
sich Bibliotheken und auch Hochschulen gezwungen, ihr<br />
Zeitschriftenangebot einzuschränken, um die Kosten für<br />
die wichtigsten Publikationen zu stemmen. Auf diese<br />
Weise ist Vielfalt in der Wissenschaft oftmals schlicht<br />
nicht mehr leistbar. Der Kostenanstieg bei den Zeitschriften<br />
bleibt nicht nachvollziehbar, weil Gutachterin-<br />
Um nicht unnötige Abgrenzungsschwierigkeiten bei<br />
der Frage, wo und in welchem Rahmen eine Zweitveröffentlichung<br />
erfolgen soll, hervorzurufen, bietet es sich<br />
an, auch eine Veröffentlichung zu kommerziellen Zwecken<br />
zu erfassen. Wir haben uns für die kommerzielle<br />
Zweitveröffentlichungsmöglichkeit entschieden, weil wir<br />
der Überzeugung sind, dass nur auf diese Weise auch<br />
neue Geschäftsmodelle gefördert werden können, die es<br />
vermögen, auf innovative Art und Weise Weiterverarbeitungen<br />
entsprechender Inhalte zu ermöglichen. Damit<br />
einhergehen könnten zusätzliche Verbesserungen bei der<br />
Zugänglichmachung des öffentlich geförderten Wissens.<br />
(B)<br />
nen und Gutachter größtenteils ehrenamtlich arbeiten,<br />
Autorinnen und Autoren ihre Beiträge in fast druckfähigem<br />
Format einreichen und mancherorts sogar Publikationsgebühren<br />
von den Autorinnen und Autoren getragen<br />
werden müssen.<br />
Der dauerhafte und entgeltfreie Zugang zu Forschungsergebnissen<br />
wird aber – das hat die SPD offenbar<br />
missverstanden – nicht allein durch ein Zweitverwertungsrecht<br />
gewährleistet. Open Access braucht<br />
rechtliche Rahmenbedingungen im Urhebergesetz, in<br />
(D)<br />
Die Privatisierung von Wissen ist kontraproduktiv.<br />
Wissen kann sich nicht entfalten, wenn Art und Umfang<br />
der Weiterverbreitung letztlich allein auf kommerziellen<br />
den Vergaberichtlinien, für die Übernahme der Publikationskosten<br />
und im Aufbau einer Open-Access-Infrastruktur.<br />
Mechanismen beruhen und der Zugang lediglich<br />
kleinste Wissenschaftszirkel privilegiert. Daher unterstützen<br />
wir die Open-Access-Bewegung aus vollem Herzen<br />
und freuen uns darüber, dass unsere Initiativen so<br />
großen Widerhall erleben.<br />
Ein wesentlicher Schritt zur Förderung von Open<br />
Access ist nämlich auch die rechtliche Unterstützung digitaler<br />
Erstveröffentlichungen unter Open-Access-Bedingungen.<br />
Öffentliche Forschung muss vor Monopolisierungen<br />
durch Private geschützt und der dauerhafte<br />
Umso erstaunlicher ist es, wie lange die Bundesregierung<br />
zögert, die entscheidenden Schritte zu gehen. Seit<br />
langem angekündigt, bleibt sie bis heute der deutschen<br />
Wissenschafts-, Forschungs- und Bildungswelt die Reform<br />
des Urhebergesetzes, den Dritten Korb, der ausdrücklich<br />
als sogenannter Wissenschafts- und Bildungskorb<br />
angekündigt wurde, schuldig. Dabei sind gerade<br />
urheberrechtliche Privilegien für Bildung und Wissenschaft<br />
angebracht, fördert doch der Zugang zu Wissen<br />
Zugang zu Wissen gesichert werden; die Ergebnisse öffentlicher<br />
Forschung müssen wieder- und weiterverwendet<br />
werden dürfen. Öffentliche Forschungsgelder sollten<br />
daher dann vergeben werden, wenn die Open-Access-<br />
Veröffentlichung garantiert ist. Open Access sollte also<br />
maßgebliche Bedingung für die Vergabe öffentlicher<br />
Gelder sein. So kann sichergestellt sein, dass der Staat<br />
nicht mehrfach, sowohl bei Entstehung wissenschaftlicher<br />
Beiträge als auch bei deren Nutzung, zahlt.<br />
und Information den wissenschaftlichen Diskurs, die Open Access hat das Ziel, für Nutzerinnen und Nutzer<br />
Entwicklung von Innovationen sowie die gesamtgesell- gebührenfrei zu sein. Allerdings entstehen auch bei<br />
schaftliche Wohlfahrt. Es wird Zeit, dass auch die Bun- Open Access Kosten. Daher schlagen wir vor, dass Pudesregierung<br />
die großen Chancen von Digitalisierung blikationsgebühren durch einen Publikationsfonds über-<br />
und Internet erkennt und endlich tätig wird.<br />
nommen werden sollen. Anteile dieses Fonds können<br />
private und öffentliche Institutionen, Drittmittelfinanziers<br />
oder auch Forschungseinrichtungen halten.<br />
Als Oppositionsfraktion gehen wir – einmal mehr –<br />
mit unserem Antrag mit gutem Beispiel voran und zeigen<br />
Ihnen, wie eine Reform aussehen könnte. Ein wichtiger<br />
Schlüssel – da scheinen sich bezeichnenderweise alle<br />
Parteien einig – ist das unabdingbare Recht zur Zweit-<br />
Für die verbesserte globale Sichtbarkeit deutscher<br />
Forschung ist außerdem erforderlich, dass wir den Aufbau<br />
einer Open-Access-Infrastruktur, wozu Reposito-