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Stenografischer Bericht 130. Sitzung - Deutscher Bundestag

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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 17. Wahlperiode – <strong>130.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 29. September 2011 15351<br />

(A)<br />

Ute Vogt<br />

Mit der Seveso-II-Richtlinie von 1996 wurde die CDU, CSU und FDP, warum Sie eine Ausweitung der (C)<br />

Richtlinie überarbeitet und wurden wichtige Änderun- bestehenden Informationspflichten ablehnen.<br />

gen und neue Konzepte eingeführt. Der Umweltschutz<br />

bekam stärkeres Gewicht, und der Anwendungsbereich<br />

wurde auf Stoffe ausgedehnt, die als gefährlich für die<br />

Umwelt und insbesondere das Wasser gelten. Aufgenommen<br />

wurden neue Anforderungen in Bezug auf Sicherheitsmanagementsysteme,<br />

Notfallpläne und Raumplanung.<br />

Verschärft wurden die Bestimmungen für<br />

Inspektionen, und die Unterrichtung der Öffentlichkeit<br />

wurde aufgenommen.<br />

Ebenso zu begrüßen ist es natürlich auch, wenn eine<br />

engere Koordination der beteiligten Behörden erreicht<br />

werden kann. Aber für einen effektiven Schutz der Bürgerinnen<br />

und Bürger ist es dann auch nötig, dass alle<br />

beteiligten Behörden ebenfalls das Ziel haben, die Öffentlichkeit<br />

gut und umfassend zu informieren. Was als<br />

Grundsatz auf dem Papier vorhanden ist, wird – das<br />

zeigt die Erfahrung – von den ausführenden Behörden<br />

nicht immer geschätzt und in die Praxis umgesetzt.<br />

Wir begrüßen den Richtlinienvorschlag für die Seveso-III-Richtlinie.<br />

Es ist notwendig, die Seveso-II-<br />

Richtlinie an das geänderte Chemikalienrecht anzupassen.<br />

Das Schutzniveau für Gesundheit und Umwelt muss<br />

für uns dabei mindestens gleich bleiben oder sich, besser<br />

noch, steigern. Ziel der Überarbeitung ist die Anpas-<br />

Es sind also nach dieser Unterrichtung noch viele<br />

Fragen offen. Darüber aber, dass die Überarbeitung der<br />

Seveso-II-Richtlinie inzwischen überfällig ist und auch<br />

zeitnah erfolgen muss, herrscht hier im Haus sicher Einigkeit.sung<br />

an das neue Einstufungs- und Kennzeichnungssystem<br />

der EU für gefährliche Stoffe in der sogenannten<br />

CLP-Verordnung. Wegen der Unterschiede im bisherigen<br />

und neuen Einstufungssystem ist eine Änderung des<br />

bestehenden Anwendungsbereichs erforderlich. Mit der<br />

Überarbeitung sollen strengere Inspektionsnormen eingeführt<br />

und der Umfang an Informationen, die der Öffentlichkeit<br />

bei einem Unfall zur Verfügung stehen, vergrößert<br />

werden. So weit, so gut.<br />

Dr. Lutz Knopek (FDP):<br />

Die Namen Bhopal, Seveso, Schweizerhalle, Enschede,<br />

Toulouse und Buncefield haben eines gemeinsam:<br />

Sie stehen für industrielle Unfälle, die viele Menschen<br />

das Leben gekostet haben und die die Umwelt<br />

geschädigt sowie Kosten in Milliardenhöhe verursacht<br />

haben. Als Reaktion auf den schweren Unfall in Seveso<br />

wurde daher 1982 die erste Richtlinie über die Gefahren<br />

schwerer Unfälle bei bestimmten Industrietätigkeiten,<br />

Die Unterrichtung zum Richtlinienvorschlag lässt bei umgangssprachlich auch „Seveso-Richtlinie“ genannt,<br />

uns aber große Unzufriedenheit zurück:<br />

erlassen. Rund 10 000 Betriebe in Europa, davon etwa<br />

(B)<br />

Es beginnt leider bereits bei der handwerklichen Umsetzung,<br />

denn schon die Übersetzung ist stellenweise<br />

mangelhaft und führt damit zu inhaltlichen Fehlern. So<br />

heißt es in der englischen Version „Land Use Planning“,<br />

was in der deutschen Übersetzung dann nicht allein<br />

„Flächennutzung“ heißen darf, sondern zumindest<br />

„Raumordnung und Flächennutzung“ heißen muss.<br />

Dies ist inhaltlich ein wesentlich anderer Wirkungsbereich<br />

bzw. Planungsbereich mit anderen Zuständigkeiten.<br />

2 000 in Deutschland, werden derzeit von der 1996<br />

überarbeiteten Richtlinie erfasst. Dadurch wurden die<br />

Wahrscheinlichkeit schwerer Industrieunfälle und vor<br />

allem deren mögliche Folgen maßgeblich verringert. Innerhalb<br />

Europas besteht daher große Einigkeit, dass die<br />

Seveso-II-Richtlinie ihren Zweck gut erfüllt.<br />

Dem <strong>Bundestag</strong> liegt nunmehr der Entwurf zur zweiten<br />

Revision dieser Richtlinie vor. Sie ist notwendig geworden,<br />

weil die EU-Regelungen zur Einstufung und<br />

Kennzeichnung von gefährlichen Stoffen aufgrund von<br />

Anpassungen an das weltweite GHS-System nicht mehr<br />

(D)<br />

Falsch wäre es aus unserer Sicht auch, das Sicher- mit den Regelungen in der Seveso-Richtlinie korresponheitsabstandsgebot<br />

zwischen Betrieben und zum Beidieren. Wegen der Unterschiede im bisherigen und im<br />

spiel Wohn- oder auch Erholungsgebieten allein ins pla- neuen Einstufungssystem ist eine Eins-zu-eins-Anpasnerische<br />

Ermessen zu stellen. Ein angemessener sung des Anwendungsbereichs jedoch nicht möglich.<br />

Abstand muss verbindlich gewahrt werden. Eine Aufwei- Daher wird eine Anpassung zwangsläufig zur Folge hachung,<br />

wie sie in Art. 12 Abs. 2 formuliert ist, nämlich ben, dass einige Stoffe aus dem Anwendungsbereich der<br />

dass der Abstand nur „so weit möglich“ angemessen Richtlinie herausfallen, während andere neu hinzukom-<br />

sein muss, ist für uns allenfalls in Bezug auf Hauptvermen.kehrswege denkbar.<br />

Da sich die Regelungen bewährt haben, liegt das In-<br />

Leider ist aus der vorliegenden Unterrichtung auch<br />

nicht ersichtlich, welche Betriebe zukünftig erfasst würden.<br />

Ich fordere daher die Bundesregierung auf, uns<br />

diesbezüglich konkrete Informationen zugänglich zu machen.<br />

Denn nur wenn klar ist, welche Betriebe zukünftig<br />

unter die überarbeitete Richtlinie fallen bzw. welche gegebenenfalls<br />

aus ihr herausfallen würden, kann ein<br />

sachgerechtes Votum erfolgen.<br />

teresse der FDP-Fraktion darin, eine Anpassung vorzunehmen,<br />

die die Abweichungen vom bestehenden System<br />

möglichst minimiert. Der vorliegende Entwurf wird diesem<br />

Anspruch leider nicht gerecht. Nach Schätzungen<br />

der chemischen Industrie entstehen dadurch jedoch<br />

Mehrkosten von circa 40 bis 50 Millionen Euro pro Jahr,<br />

ohne das Schutzniveau zu verbessern. Wir haben daher<br />

gemeinsam mit unserem Koalitionspartner einen Entschließungsantrag<br />

verabschiedet, der die Bundesregie-<br />

Ausgesprochen positiv bewerten wir allerdings das rung auffordert, sich für einen alternativen Anpassungs-<br />

Ziel, die Öffentlichkeit besser zu informieren. Es ist mir vorschlag einzusetzen. Die Technical Working Group<br />

unverständlich, meine Kolleginnen und Kollegen von auf europäischer Ebene, die den Richtlinienvorschlag<br />

Zu Protokoll gegebene Reden

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