Stenografischer Bericht 130. Sitzung - Deutscher Bundestag
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<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 17. Wahlperiode – <strong>130.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 29. September 2011 15375<br />
(A)<br />
Dr. Petra Sitte<br />
auf!“. Darin schreibt sie über die wachsende Zahl von Die Linke stimmt dem vorliegenden Antrag grund- (C)<br />
studentischen Open-Access-Zeitschriften in Deutschsätzlich zu, dass ein Zweitverwertungsrecht für wissenland,<br />
die mithilfe einer guten Mischung aus Engageschaftliche Beiträge gebraucht wird. Allerdings reicht es<br />
ment, moderner Technik und traditionellem Peer Review uns – wie in unserem Antrag hierzu vom April zu lesen<br />
eine erstaunliche Reichweite für qualitativ hochwertige ist – nicht aus, dieses Recht auf Beiträge aus Sammel-<br />
Forschung bei Studierenden erreichen. Diese Zeitschrifwerken und Periodika zu beschränken. Das Zweitveröften<br />
laufen auf gängigen Contentsystemen, vermitteln fentlichungsrecht muss auch für Monografien gelten.<br />
meist, durch Open-Source-Software, Metadaten zu den Weiter fordern wir, dass eine Sperrfrist für die Zweitver-<br />
Publikationen an Bibliothekskataloge und sind so weltöffentlichung maximal sechs Monate betragen darf.<br />
weit abrufbar. Hier wächst eine wissenschaftliche Gene- Dies ermöglicht weiter eine exklusive und unfreie Erstration<br />
heran, die sich offenbar nicht mehr an die hierarveröffentlichung, ohne diese unnötig zu privilegieren.<br />
chischen Publikationswege alter Zeiten hält und dabei<br />
höchst erfolgreich ist.<br />
Obwohl der vorliegende Antrag sich auch dafür ausspricht,<br />
den goldenen Weg bei Open Access zu fördern,<br />
Bereits 2009 initiierte der Diplom-Chemiker und Wis- also die freie und nichtexklusive Erstveröffentlichung<br />
senschaftsjournalist Lars Fischer eine Petition an den von Forschungspublikationen, bleiben die vorgeschla-<br />
<strong>Bundestag</strong>, die den kostenfreien Zugang für alle zu öfgenen Maßnahmen hinter diesem Anspruch zurück.<br />
fentlich geförderter Forschung forderte. Diese Petition<br />
wurde von annähernd 24 000 Mitunterzeichnern unterstützt,<br />
darunter waren unzählige Wissenschaftlerinnen<br />
und Wissenschaftler.<br />
Wer, wie beispielsweise der Heidelberger Germanist<br />
Roland Reuß, behauptet, Open Access sei eine Entmündigung<br />
der Wissenschaft durch „die Politik“ und die großen<br />
Forschungsförderungseinrichtungen wie die DFG,<br />
übersieht also offensichtlich, wie stark Open Access aus<br />
den Reihen der Akademikerinnen und Akademiker selbst<br />
gefordert wird!<br />
Publikationen, die im Rahmen öffentlich geförderter<br />
Projekte oder in den Ressortforschungseinrichtungen<br />
des Bundes entstanden sind, sollen nach dem vorliegenden<br />
Antrag „spätestens zwölf Monate nach Erstveröffentlichung“<br />
frei verfügbar sein. Wieder fehlt es hier an<br />
einem Regelungsvorschlag für Monografien. Weiter<br />
bleiben bei den Grünen einige Fragen unzureichend beantwortet:<br />
Wieso beschränkt sich der Antrag auf öffentlich<br />
geförderte Drittmittelprojekte? Warum sollen selbst<br />
die Ergebnisse der Ressortforschung des Bundes zunächst<br />
unfrei publiziert werden? Wieso wird nicht für<br />
Auch ein zweites Argument der deutschen Open-<br />
Access-Gegner zeigt sich als nicht tragfähig. Sie fürch-<br />
jegliche Art öffentlich geförderter Forschung der freie<br />
Zugang zu den Ergebnissen zur Regel?<br />
(B)<br />
ten eine massenweise Flucht heller Köpfe aus Deutschland,<br />
wenn hierzulande verstärkt auf Open-Access-<br />
Publikationen gesetzt würde. Aber das Land der Eliteuniversitäten,<br />
die USA, setzt nicht nur bei der Drittmittelförderung<br />
auf Open Access. Die Unis in Harvard und<br />
seit vergangener Woche auch Princeton verpflichten<br />
ihre Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler per Arbeitsvertrag<br />
dazu, die eigenen Publikationen auf den<br />
Uni-Servern, ohne Sperrfristen, frei verfügbar zu machen.<br />
Die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften<br />
verfährt ähnlich. Auch wenn in diesen Fäl-<br />
Die Antwort ist vordergründig einfach: Weil in<br />
Deutschland Wissenschaftsfreiheit so ausgelegt wird,<br />
dass es den Forscherinnen und Forschern überlassen<br />
bleibt, wie sie ihre mit Steuermitteln finanzierten Erkenntnisse<br />
verbreiten.<br />
Sicher, eine Umsetzung der vorliegenden Vorschläge<br />
wäre ein Fortschritt gegenüber der aktuellen Lage, aber<br />
wie gesagt: Princeton und Harvard machen vor, dass es<br />
auch andersherum geht – in einem Land, in dem die individuelle<br />
Freiheit besonders hoch eingeschätzt wird.<br />
(D)<br />
len Ausnahmen von dieser Regelung möglich sind, das<br />
Signal ist klar: Die Zukunft wissenschaftlichen Publizierens<br />
liegt bei Open-Access-Modellen.<br />
Die Linke teilt den Ansatz der US-amerikanischen<br />
Universitäten: Wissenschaftliche Publikationen sollen<br />
in der Regel sofort frei publiziert werden, die Exklusivi-<br />
Neben unzähligen Einzelpersonen, Interessengruptät bleibt die Ausnahme.<br />
pen und den Wissenschaftsorganisationen sieht das bekanntermaßen<br />
auch der Bundesrat so. Die eben erwähnte<br />
Petition ist im Juli dieses Jahres offiziell an das<br />
Justizministerium weitergleitet worden, da sie – Zitat<br />
aus dem Ausschussprotokoll – geeignet scheint, in die<br />
Vorarbeit eines entsprechenden Gesetzentwurfs einbezogen<br />
zu werden.<br />
Dabei ist zu beachten: Im Moment sind es vor allem<br />
Fachverlage, die das entsprechende Know-how haben,<br />
Publikationen sofort frei zur Verfügung zu stellen. Neben<br />
dieser kommerziellen Variante will die Linke die Eigenpublikation<br />
durch Forschungseinrichtungen und Forschungsverbünde<br />
stärken.<br />
Nachdem SPD und Linke bereits dieses Frühjahr Vorstöße<br />
in den <strong>Bundestag</strong> eingebracht haben, die darauf<br />
abzielen, die rechtlichen Grundlagen des Zweitverwertungsrechts<br />
zum Wohle von Open Access zu erneuern,<br />
Die Linke stellt sich den Herausforderungen, Open<br />
Access nicht nur auf dem grünen Weg voranzubringen,<br />
und wird demnächst eine eigene Initiative einbringen,<br />
die einen goldenen Weg zu mehr Open Access aufzeigt.<br />
kann nun die Fraktion von Bündnis 90/Grüne für sich in<br />
Anspruch nehmen, einen umfassenden Antrag zur För- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜderung<br />
von Open Access eingebracht zu haben. Einzig NEN):<br />
die Bundesregierung kommt bei diesem Thema offenbar Keine Herrschaft des Volkes ohne gleichberechtigten<br />
nicht voran.<br />
Zugang zum Wissen. Wissen ist die Grundlage für infor-<br />
Zu Protokoll gegebene Reden