Stenografischer Bericht 130. Sitzung - Deutscher Bundestag
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15350 <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> – 17. Wahlperiode – <strong>130.</strong> <strong>Sitzung</strong>. Berlin, Donnerstag, den 29. September 2011<br />
(A)<br />
Dr. Michael Paul<br />
Von der bestehenden Richtlinie 96/82/EG zur Beherrstehende System in Deutschland bewährt hat, soll sich (C)<br />
schung der Gefahren bei schweren Unfällen mit gefähr- die Bundesregierung für eine Beibehaltung der Flexibilichen<br />
Stoffen, der sogenannten Seveso-II-Richtlinie, lität hinsichtlich der festgelegten Inspektionsfristen ein-<br />
werden in der Europäischen Union rund 10 000 Besetzen und so eine Mehrbelastung von Behörden und Betriebe<br />
erfasst, davon circa 2 000 in Deutschland. Die trieben vermeiden.<br />
Wahrscheinlichkeit von schweren Industrieunfällen und<br />
deren Folgen konnte maßgeblich verringert werden.<br />
Anlass für den Änderungsbedarf bei der bestehenden<br />
Seveso-II-Richtlinie ist die Anpassung des Anwendungsbereichs<br />
an die veränderten EU-Regelungen zur Einstufung<br />
und Kennzeichnung von Stoffen und Gemischen<br />
– CLP-Verordnung. Dieses neue europäische Einstufungs-<br />
und Kennzeichnungssystem ist nicht deckungs-<br />
Die Einbeziehung bestimmter sicherheitsrelevanter<br />
Informationen in die Unterrichtung der Öffentlichkeit<br />
sehen wir kritisch. Es gibt bereits ausreichende Informationspflichten<br />
aufgrund der bestehenden Rechtslage.<br />
Die Veröffentlichung darüber hinausgehender sensibler<br />
Informationen ist aus Sicherheitsgesichtspunkten abzulehnen.gleich<br />
mit dem bisherigen System.<br />
Die im Richtlinienvorschlag getroffenen Regelungen<br />
Zurzeit werden die von der Europäischen Kommission<br />
vorgeschlagenen Änderungen im Rat diskutiert. Mit<br />
dem Entschließungsantrag der Koalition unterstützen<br />
wir die Bundesregierung in ihren Verhandlungen auf<br />
EU-Ebene mit dem Ziel, eine alternative Anpassungsva-<br />
zur Information und Beteiligung der Öffentlichkeit werden<br />
bereits durch die Richtlinie über den Zugang der Öffentlichkeit<br />
zu Umweltinformationen gefordert und in<br />
Deutschland umgesetzt. Doppelregelungen brauchen<br />
wir nicht.<br />
riante für den Anwendungsbereich einzubringen. Diese<br />
soll die Abweichungen vom bisherigen Anwendungsbereich<br />
so gering wie möglich halten.<br />
Die von der Fraktion der SPD im Umweltausschuss<br />
in ihrem Entschließungsantrag vorgelegten Punkte sind<br />
für die Verhandlungen auf EU-Ebene nicht von zentraler<br />
Um es klar zu sagen: Es geht nicht darum, mögliche<br />
Ausweitungen der Richtlinie auf eine größere Anzahl<br />
von Betrieben zu verhindern. Es geht vielmehr darum,<br />
der auch an einigen Stellen vorgesehenen Absenkung<br />
des Schutzniveaus entgegenzutreten. Ausnahmeregelun-<br />
Bedeutung. Die Änderung des Titels des Art. 12 in<br />
„Raumordnung und Flächennutzung“ ist unnötig. Da<br />
der englische Ausdruck der Richtlinie, nämlich „Land<br />
Use Planning“, unverändert ist, ist die deutsche Fassung<br />
der Überschrift ausreichend.<br />
(B)<br />
gen zum Anwendungsbereich würden dadurch entbehrlich<br />
und damit die Möglichkeit für die Mitgliedstaaten,<br />
einzelne Betriebe von bestimmten Pflichten zu befreien.<br />
Es soll weiterhin ein einheitliches Schutzniveau in der<br />
EU gelten, und es soll nicht zu nationalen Alleingängen<br />
und damit zu Wettbewerbsverzerrungen zwischen den<br />
Mitgliedstaaten kommen. Wir wollen gleiche Bedingungen<br />
für alle Unternehmen in der EU.<br />
Bei Punkt 2 des SPD-Entschließungsantrags geht es<br />
nur scheinbar um eine redaktionelle Änderung, indem<br />
eine Klammer mit Inhalt verschoben wird. Damit ist<br />
aber auch inhaltlich eine Änderung verbunden, weil sich<br />
die Formulierung nunmehr auf die Hauptverkehrswege<br />
beschränken soll. Diese Regelung ist mit Blick auf das<br />
deutsche Recht überflüssig. In § 50 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes<br />
ist geregelt, dass sämtliche schutz-<br />
(D)<br />
Weiterhin fordern wir die Bundesregierung auf, sich würdigen Nutzungen der Gebiete bei raumbedeutsamen<br />
dafür einzusetzen, dass der Vollzug für Betreiber und Planungen und Maßnahmen so aufeinander abgestimmt<br />
Behörden im Vergleich zu den bisherigen Verfahrenswei- sein müssen, dass diese Eingriffe so weit wie möglich<br />
sen nicht verkompliziert wird.<br />
vermieden werden. Im deutschen Recht existiert daher<br />
Ein weiterer Punkt unseres Entschließungsantrags<br />
betrifft die sogenannten delegierten Rechtsakte. Es han-<br />
eine Regelung, die über das hinausgeht, was die SPD<br />
fordert.<br />
delt sich dabei um die Befugnis der Kommission, ohne<br />
Beteiligung der europäischen Legislative den im Anhang<br />
I festgelegten Anwendungsbereich der Richtlinie<br />
zu ändern, damit also materielle Regelungen der Richtlinie<br />
zu ändern. Wie der Bundesrat so hält auch die Ko-<br />
Im Interesse eines anspruchsvollen Umweltschutzes,<br />
aber auch im Interesse eines für alle Beteiligten unkomplizierten<br />
Vollzugs bitte ich Sie um Zustimmung zum<br />
Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen.<br />
alition nichts davon, dass die EU-Kommission den den<br />
Anwendungsbereich bestimmenden Anhang I mittels de- Ute Vogt (SPD):<br />
legierter Rechtsakte ändern kann. Eine solche Stärkung Die Richtlinie zur Beherrschung der Gefahren bei<br />
der Rechte der Exekutive steht nicht im Einklang mit schweren Unfällen mit gefährlichen Stoffen, auch „Se-<br />
dem Grundsatz der Gewaltenteilung. Die Mitgliedstaaveso-Richtlinie“ genannt, gibt es aus einem guten<br />
ten müssen aber ausreichend beteiligt werden.<br />
Grund. Seveso ist uns eine ständige Mahnung. Im italie-<br />
Des Weiteren haben wir in unserem Entschließungsantrag<br />
Punkte aufgenommen wie die Inspizierungsfristen,<br />
die Informationspflichten und den Informationsaustausch.nischen<br />
Seveso kam es zu einem folgenschweren Dioxinunfall,<br />
zu einem der folgenschwersten Chemieunfälle<br />
überhaupt, eine dramatische Katastrophe für die dort lebenden<br />
Menschen. Um schwere Unfälle mit gefährlichen<br />
Stoffen zu verhüten und die Unfallfolgen für Mensch und<br />
Die vorgesehene Neuformulierung des Artikels über Umwelt zu begrenzen, wurde 1982 die erste Seveso-<br />
Inspektionen würde zu einer deutlichen Mehrbelastung Richtlinie erlassen mit dem Ziel, in der ganzen EU ein<br />
der Betriebe und der Behörden führen. Da sich das be- hohes Schutzniveau zu gewährleisten.<br />
Zu Protokoll gegebene Reden